Leitsatz (amtlich)
Die Möglichkeit des erstattungsberechtigten Trägers der Sozialhilfe, gemäß § 95 SGB XII die "Feststellung einer Sozialleistung" zu betreiben, umfasst nicht das Recht, die Abänderung des Versorgungsausgleichs zu beantragen.
Normenkette
VersAusglG §§ 51, 52 Abs. 1; FamFG § 226 Abs. 1; SGB XII § 95
Verfahrensgang
AG Erlangen (Beschluss vom 06.10.2015; Aktenzeichen 2 F 706/15) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Erlangen vom 06.10.2015 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das AG Erlangen hat durch Endurteil vom 14.02.1990 die Ehe der früheren Ehegatten geschieden und den Versorgungsaugleich ausgehend von einer versorgungsrechtlichen Ehezeit vom 01.02.1965 bis zum 31.10.1988 durchgeführt. Dabei wurde vom Konto des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung eine Anwartschaft von monatlich 75,20 DM auf das Konto der Ehefrau übertragen. Zusätzlich wurde zu Lasten der für den Ehemann bei der Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden bestehenden Zusatzversorgung auf dem Konto der gesetzlichen Rentenversicherung der Frau eine Anwartschaft von monatlich 30,75 DM begründet. Der Ehemann hatte eine Anwartschaft mit einem ehezeitlichen Nominalwert von 184,69 DM monatlich erworben, die nach durchgeführter Dynamisierung und (fiktiver) Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung in einen dynamisierten Wert von 61,50 DM umgerechnet wurde. Beide frühere Ehegatten beziehen Rente.
Mit beim AG am 29.06.2015 eingegangenen Schreiben hat der Antragsteller die Neuberechnung des Versorgungsausgleichs beantragt. Er erbringe als überörtlicher Sozialleistungsträger Sozialleistungen gem. SGB XII für die frühere Ehefrau. Mit Schreiben vom 10.06.2015 seien gegenüber der Deutschen Rentenversicherung gemäß § 104 SGB X Erstattungsansprüche geltend gemacht worden, die Rente der früheren Ehefrau werde vereinnahmt. Gemäß § 95 SGB XII könne der erstattungsberechtigte Träger der Sozialhilfe die Feststellung einer Sozialleistung beantragen. Unter diesen Begriff fielen auch Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Begriff der Feststellung sei weit auszulegen. Er umfasse alle rechtserheblichen Handlungen und Gestaltungsrechte. Die Wesentlichkeitsgrenze des § 51 Abs. 3 VersAusglG sei überschritten, weil hinsichtlich der Zusatzversorgung des Ehemannes "eine statische Rente von 11.303,03 DM [gemeint ist der in dem Endurteil errechnete Barwert] in eine monatliche Rente von 61,50 DM umgerechnet" worden sei.
Das AG hat mit Beschluss vom 06.10.2015 den Antrag mit der Begründung abgewiesen, der Antragsteller zähle nicht zu den unter § 226 FamFG genannten Antragsberechtigten. Die Regelung sei abschließend. Es sei nicht ersichtlich, dass im Falle der Erbringung von Sozialleistungen eine Auslegungslücke bestehe. Nur dem genannten Personenkreis komme die Entscheidung zu, ob sie die Abänderung beantragen wollten oder nicht. Aus § 95 SGB XII könne keine Befugnis, ein Gestaltungsrecht auszuüben, abgeleitet werden.
Gegen diesen dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 14.10.2015 zugestellten Beschluss wendet sich dieser mit seiner am 13.11.2015 beim AG eingegangenen Beschwerde. Er moniert, § 95 SGB XII umfasse ausdrücklich auch die Ausübung von Gestaltungsrechten. Bei der Durchführung der Neuberechnung des Versorgungsausgleichs handele es sich um kein höchstpersönliches Recht. Die Abänderung des Versorgungsausgleichs habe unmittelbaren Einfluss auf die Rentenhöhe.
II. Die gemäß §§ 58 ff., 63 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Der Senat hat von einer mündlichen Erörterung abgesehen, da die Beteiligten rechtliches Gehör hatten und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist (§ 69 Abs. 3, § 221 Abs. 1 FamFG).
Wird ein Antrag vom erstinstanzlichen Gericht allein aus verfahrensrechtlichen Gründen zurückgewiesen, so eröffnet die darin begründete formelle Beschwer das Rechtsmittel, und zwar unabhängig davon, ob der Antragsteller sachlich zur Antragstellung berechtigt ist. Dies gilt insbesondere bei Verneinung seiner Antragsberechtigung, denn nur auf diese Weise kann das Fehlen des Antragsrechts mit einem Rechtsmittel nachgeprüft werden (BGH FamRZ 2015, 1787 Rn. 14 m.w.N.).
Das AG hat die Antragsberechtigung gemäß § 52 Abs. 1 VersAusglG, § 226 Abs. 1 FamFG zutreffend verneint. Der Antragsteller gehört nicht zu dem dort genannten Personenkreis. Er kann den Antrag auch nicht in gesetzlicher Verfahrensstandschaft gemäß § 95 SGB XII für die selbst antragsberechtigte frühere Ehefrau stellen.
Nach § 95 SGB XII kann ein erstattungsberechtigter Träger der Sozialhilfe die Feststellung einer Sozialleistung betreiben sowie Rechtsmittel einlegen. Die Vorschrift hat zwei Zielrichtungen, sie ermöglicht dem leistenden Träger der Soz...