Leitsatz (amtlich)
1. Einer Anwendung des landwirtschaftlichen Kostenprivilegs nach § 48 Abs. 1 GNotKG steht nicht entgegen, dass der von der Mutter an die Tochter überlassene Betrieb (Hofstelle nebst Land) hauptsächlich von einem Familienangehörigen (hier: Ehemann der Tochter) auf der Grundlage eines Pachtvertrages geführt wird.
2. Wenn der Notar im Rahmen seiner Gebührenrechnung zu Unrecht die Berücksichtigung einer Kostenbegünstigung nach § 48 Abs. 1 GNotKG abgelehnt hat, ist es nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG gerechtfertigt, ihn zur Kostenerstattung für das gerichtliche Verfahren nach § 127 GNotKG sowie zur Kostentragung für ein nachfolgendes Beschwerdeverfahren nach § 129 GNotKG zu verurteilen.
Normenkette
GNotKG § 48 Abs. 1; FamFG § 81 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Beschluss vom 15.09.2016; Aktenzeichen 14 T 174/16) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Kostenschuldnerin wird der Beschluss des LG Weiden i.d.OPf. vom 15.09.2016 abgeändert.
2. Die Kostenberechnung der Beschwerdegegnerin (Notarin) vom 9.03.2016 (Nr ...) wird aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Geb.-Ziffer |
Rechnungstext Wertvorschrift |
Wert |
Gebühr |
21100 Übergabevertrag |
KV 21100 Beurkundung: Übergabevertrag (§§ 46, 97 GNotKG) |
63.800,00 EUR |
384,00 EUR |
22110 Vollzug |
KV 22110, 22112, 22113 Vollzug eines Geschäfts (§ 112 GNotKG) |
63.800,00 EUR |
96,00 EUR |
32001 |
KV 32001 Auslagen: Dokumentenpauschale s/w |
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21,60 EUR |
32004 |
KV 32004 Auslagen: Entgelte f. Post- und Telekommunikationsdienstleistungen |
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19,00 EUR |
32011 |
KV 32011 Auslagen: Abrufgebühren Registereinsichten |
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8,00 EUR |
Zwischensumme |
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528,60 EUR |
19,00 % Mehrwertsteuer |
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100,43 EUR |
Endsumme |
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629,03 EUR |
3. Die Notarin hat die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Kostenschuldnerin zu tragen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Notarin zu tragen.
4. Der Wert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.448,43 EUR festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Unter dem 19.02.2016 wurde die Überlassung einer landwirtschaftlichen Hofstelle, Anwesen in G., nebst zugehörigem Grund (Wald, Ackerland, Grünland) durch die Beschwerdegegnerin als Notarin beurkundet. In der Urkunde ist die Antragstellerin als "Erwerber" bezeichnet, als "Veräußerer" deren Mutter (vgl. Ziff. 2.1., Bl. 5 d.A.). Unter Ziff. 12.1. des Übergabevertrages (vgl. Bl. 10Rs d.A.) ist geregelt, dass sämtliche Kosten, insbesondere solche der Errichtung und des Vollzugs der Urkunde, vom "Erwerber" zu tragen sind.
Mit Kostenrechnung vom 9.03.2016 (Nr ..., vgl. Bl. 3 d.A.) hat die Notarin der Antragstellerin einen Gesamtbetrag in Höhe von brutto 3.077,46 EUR in Rechnung gestellt, ausgehend von einem gemäß §§ 46, 47, 97 GNotKG zugrunde gelegten Wert von 540.657,90 EUR und einer sich daraus ergebenden Beurkundungsgebühr von 2.030,00 EUR netto.
Hiergegen wandte sich die Kostenschuldnerin unter dem 10.06.2016 an das LG Weiden i.d.OPf. mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Sie begehrte eine Herabsetzung der Notargebühren, da die Privilegierung der Hofüberlassung von der Mutter an die Tochter gemäß § 48 GNotKG nicht beachtet worden sei, anstelle des Verkehrswertes hätte lediglich das deutlich geringere Vierfache des steuerlichen Einheitswertes als Berechnungsgrundlage herangezogen werden dürfen.
Nach Anhörung der Beteiligten - Notarin, Notarkasse und LGpräsident - hat das LG Weiden i.d.OPf. mit Beschluss vom 15.09.2016 den Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 127 GNotKG vom 10.06.2016 als unbegründet zurückgewiesen. Ausweislich des eindeutigen Wortlauts von § 48 Abs. 1 Satz 1 GNotKG, der als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei, greife die Privilegierung der genannten Norm nur dann, wenn die unmittelbare Fortführung des Betriebes durch den Erwerber selbst beabsichtigt sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Der Betrieb wurde und werde (aufgrund eines Pachtvertrages) durch den Ehemann der Antragstellerin geführt und somit nicht unmittelbar durch diese selbst fortgeführt. Weil der Betrieb somit von Familienangehörigen der Erwerberin weitergeführt werde, habe die Notarin zu Recht den Verkehrswert der überlassenen Grundstücke als Wertansatz gewählt.
Gegen diese ihr am 20.09.2016 zugestellte Entscheidung hat die Kostenschuldnerin mit Schreiben vom 11.10.2016, beim LG eingegangen am 17.10.2016, Beschwerde eingelegt. Sie beharrt auf ihrem Rechtsstandpunkt, dass die familieninterne Betriebsfortführung einer Privilegierung nach § 48 Abs. 1 GNotKG nicht entgegenstehe.
Mit Beschluss vom 18.10.2016 hat das LG Weiden i.d.OPf. eine Abhilfe abgelehnt und die Sache dem Oberlandesgericht Nürnberg als Beschwerdegericht vorgelegt.
Der Senat hat wiederholt die Beschwerdeführerin, die Notarin und die Notarkasse jeweils zu dem wechselseitigen schriftlichen Vorbringen angehört. Die Beschwerdegegnerin ist in Übereinstimmung mit der Notarkasse der Auffassung, insbesondere nach der im Jahre 2013 erfolgten Gesetzesänderung (Ablösung der KostO durch das GNotKG) stehe jegliche Fremdverpachtung des Ü...