Leitsatz (amtlich)

Bei Strafgefangenen kann für einen Anschluss an die digitale SAT-Anlage ein "Energiekostenbeitrag" verlangt werden, denn Strafgefangene haben kein subjektives Recht auf eine ihren Wünschen entsprechende Ausgestaltung des Fernsehempfangs. Die Ausgestaltung des Fernsehempfangs steht vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen der Vollzugsbehörde; dabei muss allerdings das nach Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Recht auf Informationsfreiheit gewährleistet sein.

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Entscheidung vom 06.12.2006; Aktenzeichen StVK 196/06)

 

Tenor

  • I.

    Dem Strafgefangenen wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gewährt.

  • II.

    Die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ... mit dem Sitz in ... vom 06.12.2006 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Justizvollzugsanstalt ... verpflichtet wird, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats über die Frage der Trennung des TV-Geräts des Strafgefangenen von der anstaltseigenen Antennenanlage und über die Belassung der Fernbedienung für das TV-Gerät des Strafgefangenen zu entscheiden.

  • III.

    Von den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben der Strafgefangenen und die Staatskasse jeweils die Hälfte zu tragen. Seine notwendigen Auslagen hat der Strafgefangene selbst zu tragen.

  • IV.

    Der Beschwerdewert wird auf 300,-- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Mit JMS vom 06.11.2003, Gz.: 4474/VIIa-6733/03, wurde bestimmt, dass auch Gefangene/Sicherungsverwahrte an den Kosten für den Betrieb ihrer Geräte zu beteiligen sind. Die Justizvollzugsanstalt ... hat daraufhin mit Verfügung des Anstaltsleiters vom 14.02.2006 die Regelung getroffen, dass ab 01.04.2006 für Fernsehgeräte der Strafgefangenen/Sicherungsverwahrten pro Gerät und Monat ein "Energiekostenbeitrag" in Höhe von 1 EUR erhoben wird, soweit dieses TV-Gerät am digitalen Fernsehempfang angeschlossen ist. Die Regelung erfolgte dahingehend, dass ab 01.04.2006 ein Anschluss der ausgegebenen oder auszugebenden TV-Geräte nur noch nach Abgabe einer entsprechenden Einverständniserklärung (Energiekostenbeitragserklärung) möglich ist, in der sich der Gefangene/Sicherungsverwahrte zur Zahlung von jeweils 1 EUR pro Gerät und Monat verpflichtet. Bereits ausgehändigte Geräte werden dabei dem Gefangenen/Sicherungsverwahrten belassen sowie der Anschluss an die digitale Sat-Anlage aufrechterhalten, soweit dieser die Einverständniserklärung zur Zahlung gegeben hat. Begründet wurde dieser "Energiekostenbeitrag" damit, dass bei der Nutzung eines TV-Geräts unter Anschluss an die digitale Sat-Anlage von einem grundsätzlich höheren TV-Konsum auszugehen ist, als bei einer Empfangsmöglichkeit lediglich der Sender ARD, ZDF und weniger dritter öffentlich rechtlicher Programme. Nach dem Inhalt dieser Regelung werden Insassen der Justizvollzugsanstalt ... welche nicht bereit sind, diesen Beitrag zu leisten, vom digitalen Fernsehempfang, der für die anstaltseigenen TV-Sateliten-Empfangsanlage gewährleistet ist, ausgeschlossen. Um deren Informationsinteresse gerecht zu werden, wird ihnen jedoch der Betrieb eines eigenen TV-Geräts, der ihnen mittels terrestrischen Empfangs den Empfang von ARD und ZDF sowie von verschiedenen dritten Programmen ermöglicht, kostenfrei gestattet. Die Gefangenen/Sicherungsverwahrten der Justizvollzugsanstalt ... wurden über die geplante Vorgehensweise durch die Informationsschrift vom 28.02.2006 in Kenntnis gesetzt. In dieser Schrift ist u.a. Folgendes ausgeführt: "Es wurde festgestellt, dass beispielsweise für ein Fernsehgerät bei einer täglichen Nutzungsdauer von 5 Stunden und Standby-Betrieb ca. 1,50 EUR Stromkosten im Monat entstehen. Für den dreimaligen täglichen Gebrauch von Heißwasserbereitern (Tauchsieder) entstehen Stromkosten von monatlich ca. 1,10 EUR. Die durchschnittliche fünfstündige Nutzung einer Tischlampe verursacht monatlich Stromkosten in Höhe von ca. 0,80 EUR.

Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten, wird von Besitzern von TV-Geräten mit Anschluss an die digitale Sat-Anlage ab 01.04.2006 ein "Energiekostenbeitrag" von 1,00 EUR pro Monat erhoben (Hausgeld, Taschengeld oder freies Eigengeld).

Da sich der Strafgefangene weigerte, den "Energiekostenbeitrag" zu bezahlen, erging am 10.04.2006 gegen ihn ein Bescheid mit folgendem Inhalt:

"Sie haben sich geweigert, den ab 01.04.2006 zu erhebenden Energiekostenbeitrag in Höhe von 1,00 EUR/Monat zu leisten. Ihr TV-Gerät wird daher von der anstaltseigenen Antennenanlage getrennt und die Fernbedienung wird eingezogen. Um dem Informationsbedürfnis gerecht zu werden, wird der Betrieb ihres TV-Gerätes mit einer Zimmerantenne gestattet. Es wird ihnen Gelegenheit gegeben, sich bis 30.04.2006 eine Zimmerantenne zu beschaffen. Nach diesem Termin erfolgt die endgültige Trennung von der anstaltseigenen Antennen-Anlage."

Der Strafgefangene wurde dann am 05.05.2006 vom digitalen Fernsehempfang ausgeschl...

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