Leitsatz (amtlich)
1.
Bei einem Teilspruch ist dann, wenn das Gericht in seiner Kostengrundentscheidung keine Quotelung (§ 464 d StPO) vorgenommen, sondern die Kosten und notwendigen Auslagen wie vorliegend verteilt hat, der frühere Angeklagte im Kostenfestsetzungsverfahren so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn allein die zur Verurteilung führenden Taten Gegenstand des Verfahrens gewesen wären; die in diesem Fall entstandenen notwendigen Auslagen (fiktive Kosten) fallen ihm zur Last.
2.
Er soll jedoch von allen Mehrkosten freigestellt werden, die durch die Taten veranlasst sind, welche zum Freispruch geführt haben (sogenannte Differenztheorie).
3.
Die Ausscheidung geschieht bei den Verteidigergebühren in der Weise, dass von dem Gesamthonorar des Verteidigers das fiktive Honorar abgezogen wird, das diesem zustehen würde, wenn nur die abgeurteilten Taten Gegenstand der Verteidigung gewesen wären. In Höhe des weitergehenden Gebührenanspruches besteht ein Erstattungsanspruch des früheren Angeklagten gegen die Staatskasse.
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Entscheidung vom 05.09.2006; Aktenzeichen 1 KLs 6 Js 11210/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 05.09.2006 wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Landgericht Weiden i. d. OPf. hat den Beschwerdeführer am 03.11.2005 (rechtskräftig i. V. mit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 24.05.2006) wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen unter Freispruch im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
Dem Freispruch liegt zugrunde, dass dem Beschwerdeführer mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 15.06.2005 schwerer sexueller Missbrauch von Kindern in 19 Fällen zur Last gelegt worden war.
In der Kostenentscheidung des landgerichtlichen Urteils ist u. a. vermerkt, dass die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten soweit Freispruch erfolgte der Staatskasse überbürdet werden.
Mit Schriftsatz des Verteidigers vom 01.12.2005 beantragte dieser Kostenerstattung gegenüber der Staatskasse in Höhe von (noch) 274,36 EUR über die bereits festgesetzten und bezahlten Pflichtverteidigergebühren in Höhe von 2.406,65 EUR hinaus. Bei seiner Berechnung, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, und deren einzelne Positionen nicht streitig sind, setzte der Verteidiger für die Verteidigung gegen den gesamten Schuldvorwurf aus der Anklageschrift als Grundgebühr, Verfahrensgebühren und Terminsgebühren jeweils die Mittelgebühr mit einer Gesamtsumme von 1.941,25 EUR an und setzte für Post- und Telekommunikation, Fotokopien, Schreibauslagen einen Betrag von insgesamt 111,70 EUR und die Mehrwertsteuer mit 376,47 EUR an. Dies ergibt insgesamt einen Betrag von 2.729,42 EUR. Hiervon macht er 85 % als Anteil des Freispruchs mit 2.320,01 EUR geltend und zieht 85 % der Pflichtverteidigergebühren mit 2.045,65 EUR (aus 2.406,65 EUR) ab. Die verbleibende Differenz von 274,36 EUR verlangt er aus der Staatskasse erstattet. Nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Weiden i. d. OPf. vom 05.09.2006 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Weiden i. d. OPf. den Antrag zurückgewiesen und ausgeführt, die prozentuale Aufteilung der Kosten komme im Hinblick auf die vom Bundesgerichtshof und überwiegend in Schrifttum und Literatur vertretenen Differenztheorien nicht in Betracht. Danach seien nur die Teile der Verteidigergebühr gegen die Staatskasse festzusetzen, die der Angeklagte zu zahlen hätte, wenn Anklage nur wegen der Tat erfolgt wäre, bezüglich der er auch verurteilt wurde. Ausscheidbare Kosten seien insofern nicht feststellbar. Akteneinsichtskosten, Reisekosten, Auslagepauschale und Schreibauslagen seien keine Mehrkosten, da sie auch für die zur Verurteilung führenden Taten angefallen seien.
Die aus der Staatskasse erstattete Vergütung sei in voller Höhe und nicht nur zu einem Bruchteil anzurechnen.
Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seinem "Rechtsmittel" vom 08.09.2006 und vertritt die Auffassung, dass die aus der Staatskasse erstattete Vergütung nur zu einem Bruchteil anzurechnen sei, also im anteiligen Verhältnis von Freispruch zur Verurteilung. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die sofortige Beschwerde kostenfällig als unbegründet zu verwerfen.
Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Weiden i. d. OPf. ist erneut gehört worden.
II.
Das "Rechtsmittel" des Verteidigers ist als sofortige Beschwerde auszulegen, als solche gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, § 11 Abs. 3 RPflG statthaft und ferner form- und fristgerecht eingelegt (§§ 306, 311 Abs. 2 StPO).
In der Sache selbst hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg.
Bei einem Teilfreispruch ist dann, wenn das Gericht in seiner Kostengrundentscheidung keine Quotelung (§ 464 d StPO) vorgenommen, sondern die Kosten und notwendigen Auslagen wie vorliegend verteilt hat, der frühere Angeklagte im Kostenfestsetzungsverfahren so zu stellen...