Leitsatz (amtlich)
Die Klausel in einem Vergleich, das Gericht solle über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO entscheiden, ist regelmäßig lediglich als Auftrag an das Gericht zu verstehen, anhand dieses Maßstabs eine Kostenregelung zu treffen; die implizite Vorgabe, die Kosten der Nebenintervention dabei auszuschließen, enthält sie nicht.
Normenkette
ZPO §§ 91a, 278 Abs. 6
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 12 O 699/17) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 02.03.2020, Az. 12 O 699/17, mit dem es über die Kosten entschieden hat, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
a) Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 72 % und die Beklagte 28 %.
b) Von den Kosten der Streithelferin der Beklagten trägt die Klägerin 72 %; im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.
2. Die Beschwerdegegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I. Die Parteien haben ihren Rechtsstreit beendet, indem sie einen Vergleich schlossen, dem die Streithelferin der Beklagten zustimmte. Mit Beschluss vom 02.03.2020 hat das Landgericht den Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt. Nach dessen Ziff. 3 sollte das Gericht über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO entscheiden. Mit weiterem Beschluss vom selben Tag hat das Landgericht folgende Kostenentscheidung getroffen: "Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 72 % und die Beklagte 28 %". Für die Bildung der Kostenquote hat sich das Landgericht an dem Inhalt des Vergleichs orientiert und die Kosten nach dem dort zugrunde gelegten Obsiegen und Unterliegen der Parteien verteilt.
Mit Schriftsatz vom 06.03.2020 beantragte die Streithelferin, die getroffene Kostenentscheidung dahin zu ergänzen, dass die Klägerin von den Kosten der Streithelferin der Beklagten ebenfalls 72 % und die Streithelferin ihre Kosten im Übrigen selbst trägt. Das Landgericht hat dies durch Verfügung vom 18.05.2020 abgelehnt, weil die Voraussetzungen des § 321 ZPO nicht vorlägen und zugleich darauf hingewiesen, dass es den Antrag der Streithelferin als Beschwerde gegen seine Kostenentscheidung behandeln wolle. Daraufhin stellte die Streithelferin mit Schriftsatz vom 26.05.2020 klar, dass sie ihren Antrag als Beschwerde verstanden wissen wollte, wenn das Landgericht an seiner Rechtsauffassung festhält. Nachdem sich die Klägerin zur Sache geäußert hatte, half das Landgericht der sofortigen Beschwerde der Streithelferin mit Beschluss vom 25.06.2020 nicht ab und legte die Akte dem Oberlandesgericht vor.
Zu den Einzelheiten des Parteivortrags und der gerichtlichen Entscheidungen und Hinweise nimmt der Senat auf den Akteninhalt Bezug.
II. Die sofortige Beschwerde der Streithelferin ist statthaft (§ 91a Abs. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig eingelegt worden. Sie hat in der Sache Erfolg.
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Landgericht den Schriftsatz der Streithelferin vom 06.03.2020 im Ergebnis zutreffend als sofortige Beschwerde behandelt. Dies ergibt sich allerdings nicht erst aus einer Umdeutung, sondern bereits aus einer Auslegung des Antrags der Streithelferin. Diese hat, anders als das Landgericht gemeint hat, keinen Antrag auf Beschlussergänzung im technischen Sinne - entsprechend § 321 Abs. 1 ZPO - gestellt. Der Antrag lautet schlicht darauf, den landgerichtlichen Beschluss in der begehrten Weise zu ergänzen, ohne dass dabei der Begriff der Beschwerde oder ein Normzitat des § 321 ZPO verwendet wird. Damit ist allein das Rechtsschutzziel umschrieben, eine kostenrechtliche Besserstellung der Streithelferin herbeizuführen; die Formulierung eines Beschwerdeantrags verlangt keinen anderen Wortlaut. Die Begründung des Antrags befasst sich mit Fragen der Kostentragung. Der dort zu Verfahrensfragen zitierte Beschluss des Reichsgerichts vom 27.10.1903 (II 141/03 - RGZ 56, 113) betraf keine Beschlussberichtigung, sondern eine Beschwerde nach § 99 ZPO (a.F.). Auch daraus lässt sich keine Auslegung als Antrag auf Beschlussberichtigung gewinnen. Ein solcher Antrag wäre auch nicht zielführend gewesen, weil das Landgericht die Streithelferin in der angegriffenen Kostenentscheidung nicht versehentlich übergangen, sondern bewusst gegen sie entschieden hat. Das ergibt sich nochmals deutlich aus dem landgerichtlichen Hinweis vom 18.05.2020. Nach alldem war allein die sofortige Beschwerde als zielführend im Sinne des Rechtsschutzbegehrens anzusehen (vgl. auch Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., Vor § 128 Rn. 25 m.w.N.).
2. Die sofortige Beschwerde ist begründet. Die Streithelferin hat Anspruch auf die begehrte Kostenentscheidung.
Gemäß § 101 Abs. 1 ZPO sind die Kosten der unselbständigen Nebenintervention dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit dieser nach den §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Beenden die Parteien den Rechtsstreit durch Vergleich, ist anhand der dortigen Regelung zu entscheiden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Nebenintervenient einen A...