Leitsatz (amtlich)
1. Aufgrund gröblicher Amtspflichtverletzung, die zugleich einen Straftatbestand erfüllt, kann ein Schöffe nach § 51 Abs. 1 GVG seines Amts enthoben werden, auch wenn er deswegen nicht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt worden ist. Die §§ 32 Nr. 1, 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GVG entfalten insoweit keine Sperrwirkung.
2. Mit der Verbreitung kinderpornographischer und jugendpornographischer Inhalte verletzt ein Jugendschöffe seine Amtspflichten gröblich (§ 51 Abs. 1 GVG), so dass er seines Amtes zu entheben ist.
Normenkette
GVG § 52 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 51 Abs. 1, § 32 Nr. 1; StGB §§ 184b, 184c
Tenor
I.
Der Hauptjugendschöffe M.... F........ L........ wird wegen gröblicher Verletzung seiner Amtspflichten seines Amtes enthoben.
II.
Der Antrag auf vorläufige Amtsenthebung nach § 51 Abs. 3 Satz 1 GVG hat sich erledigt.
Gründe
I.
M........ F......... L......... wurde für die Schöffenperiode 01.01.2019 bis 31.12.2023 zum Hauptjugendschöffen bei dem Amtsgericht Kelheim bestellt.
Die Vorsitzende des Schöffenwahlausschusses des Amtsgerichts Kelheim hat mit Schreiben vom 27.09.2021 beantragt, den Hauptjugendschöffen wegen gröblicher Verletzung seiner Amtspflichten seines Amtes zu entheben und vorab anzuordnen, dass er bis zur Entscheidung über die Amtsenthebung nicht zu Sitzungen heranzuziehen ist, da die nächste Sitzung mit seiner Beteiligung am 11.11.2021 stattfindet.
Als Grund für den Amtsenthebungsantrag wurde angegeben, dass gegen den Schöffen am 15.09.2021 durch das Amtsgericht Kelheim im Verfahren, Az.: 6 Cs 703 Js 4909/21, ein Strafbefehl wegen Verbreitung jugendpornographischer Schriften in vier tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Verbreitung kinderpornographischer Schriften in Tateinheit mit Verbreitung jugendpornographischer Schriften gemäß §§ 184c Abs. 1 Nr. 1, 184b Abs. 1 Nr. 1, 52, 53 StGB in der jeweils zu den Tatzeitpunkten (04.01. bis 19.01.2021) geltenden Fassung des Strafgesetzbuches ergangen sei.
Diesem Strafbefehl liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Angeklagte nutzte im Zeitraum vom 04.01.2021 09:22 Uhr bis 19.01.2021 17:13 Uhr unter der IP-Adresse .........., welche dem auf ihn registrierten Internetanschluss für das Objekt V......... 6, 9......... I.......... zuzuordnen ist, den Onlinedienst KIK- Messenger. Hierbei nutzte er den Nutzernamen "..............". Zu den unten genannten Zeitpunkten stellte er die jeweils beschriebenen inkriminierten Schriften in einen Gruppen-Chat mit einer nicht näher bekannten Anzahl an Personen ein. Ihm war dabei jeweils bewusst, dass die Bilder jugendpornographischen und das Video kinderpornographischen Inhalt hatten und dass nach dem Einstellen in die Chat-Gruppe eine Vielzahl von Personen Zugriff auf die Bilder und das Video nehmen konnten.
1. Am 04.01.2021 um 09: 22:00 Uhr, am 05.01.2021 um 10:36 Uhr und am 10.01.2021 um 16:55 Uhr stellte er jeweils ein jugendpornographisches Bild ein.
Das Bild zeigt zwei Mädchen von jedenfalls unter 18 Jahren, welche mit zumindest unbekleideten Oberkörpern auf dem Rücken liegen und auf deren Oberkörpern männliches Sperma erkennbar ist.
2. Am 19.01.2021 um 08:51 Uhr stellte er ein jugendpornographisches Bild ein.
Das Bild zeigt ein Mädchen von jedenfalls unter 18 Jahren, dass mit unbekleidetem Oberkörper posiert.
3. Am 19.01.2021 um 17:13 Uhr stellte er ein jugendpornographisches Bild und eine kinderpornographische Videodatei mit einer Länge von 1 Minute und 12 Sekunden ein.
Das Bild zeigt zwei Mädchen von jedenfalls unter 18 Jahren, welche mit zumindest unbekleideten Oberkörpern auf dem Rücken liegen und auf deren Oberkörpern männliches Sperma erkennbar ist.
Die Videodatei zeigt ein ca. 6-8-jähriges Mädchen, das anfänglich mit unbekleidetem Oberkörper und später gänzlich unbekleidet auf dem Rücken liegt und dabei einen dirigierten Penis eines vermutlich erwachsenen Mannes mit ihren Händen berührt. Anschließend bringt sich der Mann mit seiner Hand selbst zur Ejakulation und ejakuliert auf den Körper des Mädchens.
Gegen ihn wurde eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen zu je 60 € verhängt.
Dieser Strafbefehl ist seit dem 06.10.2021 rechtskräftig.
Die hierzu gehörte Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg ist dem Antrag des Amtsgerichts Kelheim mit Schreiben vom 18.10.2021 beigetreten.
Der Schöffe hatte Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Anträgen des Amtsgerichts Kelheim und zur Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft, jedoch sich nicht geäußert.
II.
A) Der Antrag der Vorsitzende des Schöffenwahlausschusses des Amtsgerichts Kelheim, den Hauptjugendschöffe seines Amtes zu entheben, ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Die Vorsitzende des Schöffenwahlausschusses war für die Antragstellung zuständig, § 51 Abs. 2 Satz 1 i.V.m 40 Abs. 2 GVG. Sowohl die Generalstaatsanwaltschaft als auch der betroffene Schöffe sind angehört worden, § 51 Abs. 2 Satz 1 GVG, so dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben sind.
2. Der Antrag ist auch begründet.
a) Eine zur Amtsenthebung führende gr...