Leitsatz (amtlich)
1. Ein Widerruf der Pflichtverteidigerbestellung für die Verfahren zur Prüfung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung ist nach Beginn des Prüfungsverfahrens nur dann möglich, wenn die von der Rechtsprechung in analoger Anwendung des § 143 StPO entwickelten Voraussetzungen hierfür vorliegen.
2. Vor Beginn des Prüfungsverfahrens ist einem Antrag des Sicherungsverwahrten auf Auswechslung des Pflichtverteidigers in der Regel stattzugeben.
Normenkette
StPO § 463 Abs. 8, § 143
Verfahrensgang
AG Straubing (Entscheidung vom 16.11.2015) |
LG Regensburg (Entscheidung vom 16.11.2015; Aktenzeichen SR StVK 149/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Untergebrachten gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing vom 16.11.2015 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Landgericht Bayreuth verurteilte J... M... mit rechtskräftigem Urteil vom 15.12.1999 wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren und ordnete seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an. Die verhängte Freiheitsstrafe verbüßte der Beschwerdeführer vollständig bis 08.10.2010. Seit 09.10.2010 wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen.
Am 23.01.2014 teilte der Vorsitzende der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing dem Untergebrachten mit, dass beabsichtigt ist, ihm einen Pflichtverteidiger zu bestellen und forderte ihn zur Benennung eines Rechtsanwalts seines Vertrauens auf. Da der Untergebrachte sich hierauf nicht äußerte, bestellte der Vorsitzende am 11.02.2014 Rechtsanwalt S... als Pflichtverteidiger. Mit Schreiben vom 16.06.2014 teilte der Untergebrachte mit, es versäumt zu haben, die Bestellung von Rechtsanwalt S... abzuwenden. Mit Beschluss vom 11.09.2014 ordnete die Strafvollstreckungskammer an, dass die Sicherungsverwahrung weiter zu vollziehen ist.
Im nächsten Überprüfungsverfahren nach §§ 67d Abs. 2, 67e Abs. 2 StGB gab der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer dem Untergebrachte und seinem Pflichtverteidiger Gelegenheit, sich zur Auswahl des Sachverständigen zu äußern. Da weder der Angeklagte noch sein Verteidiger diese Gelegenheit wahrnahmen, beauftragte die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 24.02.2015 den Sachverständigen Dr. W... mit der Erstellung des Gutachtens.
Mit Schreiben vom 13.07.2015 teilte der Untergebrachter der Strafvollstreckungskammer mit, dass "sein neuer Anwalt Rechtsanwalt W... ist". Mit Schreiben vom 17.09.2015 führte er aus, dass "S...nicht mein Anwalt ist".
Mit Verfügung vom 06.10.2015 wies der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer den Untergebrachten darauf hin, dass die Bestellung von Rechtsanwalt S... gemäß § 463 Abs. 8 StPO fortdauere, bis sie aufgehoben werde, wofür aber ein Grund erforderlich sei, der nicht vorgetragen werde. Deshalb verbleibe es bei der Beiordnung.
Mit Schriftsatz vom 21.10.2015 beantragte Rechtsanwalt W... für den Untergebrachten, Rechtsanwalt S... zu entpflichten und sich selbst als Pflichtverteidiger zu bestellen. Zur Begründung führte er aus, dass bislang keine Gespräche des Verteidigers mit dem Untergebrachten geführt worden seien und ein Vertrauensverhältnis nicht habe aufgebaut werden können.
Der Pflichtverteidiger Rechtsanwalt S... teilte mit Schriftsatz vom 03.11.2015 mit, dass er den Untergebrachten am 17.09.2015 habe besuchen wollen, dieser sich aber nicht habe vorführen lassen. Er kündigte einen weiteren Besuchsversuch für den 12.11.2015 an.
Im Schriftsatz vom 05.11.2015 führte Rechtsanwalt W... aus, dass kein Vertrauensverhältnis des Untergebrachten zu Rechtsanwalt S... bestehe, was sich auch aus dem Schreiben des Rechtsanwalts S...vom 03.11.2015 ergebe. Dies sei nachvollziehbar, da der Pflichtverteidiger den persönlichen Kontakt erst am 12.11.2015 gesucht habe.
Mit Beschluss vom 16.11.2015 hat der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer den Antrag des Untergebrachten auf Beiordnung von Rechtsanwalt W... zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz von Rechtsanwalt W... vom 18.11.2015 eingelegte Beschwerde, der der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 19.11.2015 nicht abgeholfen hat.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt,
die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht gemäß § 463 Abs. 8 StPO dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger, wobei die Bestellung rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen hat. Diese gilt für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird. Mit dieser zum 01.06.2013 in Kraft getretenen Neuregelung wollte der Gesetzgeber aufgrund einer uneinheitlichen und restriktiven Beiordnungspraxis der Strafvollstreckungskammern siche...