Leitsatz (amtlich)
Zur Notwendigkeit von Anwaltskosten im Nachlassbeschwerdeverfahren.
Normenkette
FamFG §§ 80, 85
Verfahrensgang
AG Straubing (Beschluss vom 05.09.2011) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Beteiligen I. H. gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Straubing vom 5.9.2011 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteilige I. H. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Beschwerdewert wird auf 336,77 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde ist nach § 85 FamFG i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den Vorschriften der §§ 567 ff. ZPO, weshalb über die sofortige Beschwerde gem. § 568 Satz 1 ZPO der Einzelrichter des Senats entscheidet (vgl. OLG Köln, FGPrax 2010, 267, 268).
II. Das Rechtsmittel hat jedoch keinen Erfolg. Im dafür vorgesehenen Verfahren gem. §§ 103, 104 ZPO hat der gem. § 21 Nr. 1 RPflG zuständige Rechtspfleger auf der Grundlage der bindenden Kostengrundentscheidung in Nr. II des Beschlusses des OLG Nürnberg vom 22.6.2011 (Az. 14 W 937/11) die von der Beteiligten I. H. an den Beteiligten H. G. zu erstattenden Kosten zutreffend festgesetzt. Die hiergegen erhobenen Einwände der Beschwerdeführerin haben keinen Erfolg.
1. Mit Beschluss des AG Straubing vom 7.4.2011 wurden die zur Erteilung eines Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet, wonach die am ... 2011 verstorbene M. G. von H. G. als Alleinerbe beerbt wurde. Hiergegen legte die Beschwerdeführerin Beschwerde ein. Der Beteiligte H. G. ließ zu dieser ihm bekanntgegebenen Beschwerde durch seine anwaltlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 19.5.2011 Stellung nehmen. Hierfür konnten letztere gem. Nr. 3500 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG-VV) eine Vergütung in Höhe einer 0,5 Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandswert von 10.532 EUR sowie eine Post- und Telekommunikationspauschale i.H.v. 20 EUR (Nr. 7200 RVG-VV) zzgl. Umsatzsteuer beanspruchen.
2. Der Beteiligte H. G. kann gem. § 80 Satz 1 FamFG i.V.m. der in Nr. II des Beschlusses des OLG vom 22.6.2011 enthaltenen Kostengrundentscheidung die Erstattung dieser ihm entstandenen Rechtsanwaltskosten von der Beschwerdeführerin verlangen. Es handelt sich hierbei um notwendige Aufwendungen.
Die im Nachlassbeschwerdeverfahren entstandenen Aufwendungen für den Prozessbevollmächtigten sind zwar nicht bereits kraft Gesetzes notwendig, da eine dem § 91 Abs. 2 ZPO entsprechende Bestimmung im FamFG fehlt (§ 80 Satz 2 FamFG verweist nur auf § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO, s. OLG Köln, FGPrax 2011, 205) und im Beschwerdeverfahren vor dem OLG kein Anwaltszwang besteht (vgl. § 10 Abs. 1 FamFG; der Sonderfall des § 114 Abs. 1 FamFG ist nicht gegeben). Die Notwendigkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts ist aber anhand der Umstände des Einzelfalles im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen (vgl. hierzu OLG München MDR 1996, 861). Hierfür ist entscheidend, ob die Kosten im Zeitpunkt ihrer Aufwendung nach der allgemeinen Verkehrsanschauung objektiv aufzuwenden waren, ohne dass es auf subjektive Bewertungen des Beteiligten oder eine ex-post-Betrachtung im Zeitpunkt der Kostenfestsetzung ankäme; die Verhältnismäßigkeit des Kostenaufwands ist zu beachten. Es gilt der Grundsatz möglichst sparsamer Verfahrensführung (Schindler in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 80 FamFG Rz. 9; Borth/Grandel, in: Musielak/Borth, FamFG, 2. Aufl., § 80 Rz. 4).
Eine Orientierungshilfe hierfür bietet § 78 Abs. 2 FamFG, wonach den Beteiligten auf Antrag ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen solchen erforderlich erscheint (Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 80 FamFG Rz. 4). Die Notwendigkeit ist somit dem Grunde nach gegeben, wenn die Sache eine gewisse Schwierigkeit aufweist (Keidel/Zimmermann, FamFG, 17. Aufl., § 80 Rz. 28; Schindler, a.a.O., Rz. 10; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO; 31. Aufl., § 80 FamFG Rz. 4). Allerdings hat § 78 Abs. 2 FamFG (ebenso wie die weitgehend entsprechende Vorschrift des § 121 Abs. 2 ZPO) eine andere Zielrichtung, nämlich die Ausgaben der Staatskasse für die Beiordnung von Anwälten zu senken (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rz. 28). Dort stehen fiskalische Gesichtspunkte, also die Erhaltung des Staatsvermögens im Interesse der Allgemeinheit im Vordergrund, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Staatskasse kein Verfahrensbeteiligter ist und somit auch nicht gestaltend in das jeweilige Gerichtsverfahren (hier das Nachlassverfahren) eingreifen kann.
Anders verhält es sich bei § 80 FamFG, der die Interessen des "gegnerischen" unterliegenden Verfahrensbeteiligten im Blick hat und diesen vor einer übermäßigen Kostenbelastung schützen will. Einerseits wird zwar das Bedürfnis, einen Rechtsanwalt mit der Vertretung im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zu beauftragen, dadurch gemindert, dass dort der Grundsatz der Amtsermittlung gilt (§ 26 FamFG). Andererseits enthebt dies die Beteiligten nicht von der Verpflichtung, du...