Entscheidungsstichwort (Thema)

Mord. sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Nichtaussetzung einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Beschluss vom 04.12.2003; Aktenzeichen StVK 126/78)

StA Augsburg (Aktenzeichen 401 VRs 14486/76)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 14.04.2004; Aktenzeichen 2 BvR 506/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten … K. gegen den Beschluß der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 4. Dezember 2003 wird kostenfällig als unbegründet verworfen.

 

Tatbestand

I.

Am 20.12.1976 hat der damals 32 Jahre alte Verurteilte einen 6-jährigen Schüler, der auf dem Heimweg von der Schule war, entführt, um von dessen Eltern (die er gar nicht kannte) Geld zu erpressen. Das Kind versuchte zu entkommen; es weinte und schrie und bettelte freigelassen zu werden. Der Verurteilte fuhr mit dem entführten Kind auf einem Waldweg in einen Wald hinein. Als zum Beginn des Waldwegs ein anderes Auto hielt und der Fahrer ausstieg, befürchtete der Verurteilte seine Entdeckung und erwürgte deshalb das Kind. Auf den Schulheften las er den Namen des Kindes, erfuhr schließlich von der Fernsprechauskunft die Telefonnummer der Eltern und forderte vom Vater 200.000 DM. Als der Vater verzweifelt zurückfragte, wo er das viele Geld hernehmen solle, legte der Verurteilte auf, weil er keinen Weg mehr sah, die Erpressung erfolgreich zu verwirklichen.

… K. wurde deshalb vom Landgericht Augsburg am 24.2.1977 wegen Mordes und erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit versuchter Erpressung zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Mit Beschluß vom 21.1.1994 stellte die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg in Straubing die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten fest und bestimmte die Mindestverbüßungszeit auf 28 Jahre.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 12.2.1999 beantragte der Verurteilte, die Mindestverbüßungsdauer neu auf 23 Jahre festzusetzen und die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Dabei wurde auf massive gesundheitliche Beeinträchtigungen hingewiesen, die inzwischen beim Verurteilten eingetreten seien.

Die Strafvollstreckungskammer hat schließlich mit Beschluß vom 10.1.2002 die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt, jedoch die Mindestvollstreckungsdauer von 28 Jahren auf 26 Jahre verkürzt. Für den damaligen Verfahrensgang im Einzelnen wird, auf den Beschluß des Senats vom 2.4.2002 Bezug genommen, mit dem die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß vom 10.1.2002 verworfen wurde.

Im Beschluß des Senats wird ausgeführt, die Verkürzung der Mindestverbüßungsdauer um 2 Jahre sei nicht zu beanstanden und ausreichend.

Die Vollstreckung des Restes der lebenslangen Freiheitsstrafe könne nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, weil die Mindestverbüßungsdauer noch nicht erreicht sei. Im übrigen lägen auch die Voraussetzungen nach § 57 a Abs. 1 Nr. 2, 3 StGB nicht vor. Wie die. Strafvollstreckungskammer unter Bezugnahme auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. N. vom 23.10.2000 dargelegt habe, könne eine Aussetzung schon deshalb nicht verantwortet werden, weil bislang keinerlei Erprobungen durch stufenweise Gewährung von Lockerungen erfolgt seien. Diese Vorbereitungen seien jedoch erforderlich, weil der Verurteilte die Hälfte seines Lebens in Strafhaft verbracht habe und die Bewährung in Freiheit erprobende Resozialisierungsmaßnahmen voraussetze. Für die Gewährung von Vollzugslockerungen durch die JVA verbleibe auch noch ausreichend Zeit, da die Mindestvollstreckungsdauer erst am 24.7.2004 erreicht sein werde.

Durch eine neue Haftzeitberechnung hat sich als neuer Endzeitpunkt der Mindestverbüßungsdauer der 4.12.2003 ergeben.

Am 7.1.2003 hat die Justizvollzugsanstalt Straubing erneut ablehnend zu einer Strafaussetzung Stellung genommen. Im Schreiben der JVA wird darauf hingewiesen, daß die im damaligen Gutachten erwähnte Beziehung zu Frau H. sich als nicht tragfähig erwiesen habe und beendet sei. Der Strafgefangene verfüge über keinerlei tragfähige soziale Bindungen. Vollzugslockerungen hätten wegen nach wie vor bestehender Flucht- und Mißbrauchsbefürchtungen nicht gewährt werden können. Der Strafgefangene habe weder einen Arbeitsplatz in Aussicht, noch verfüge er über einen sozialen Empfangsraum.

Im Auftrag der Strafvollstreckungskammer hat Prof. Dr. N. unter dem 5.6./4.7.2003 ein neues psychiatrisches Gutachten erstellt, das sich auch auf ein testpsychologisches Zusatzgutachten vom 25.6.2003 stützt.

Im Vorgutachten vom 23.10.2000 sei der Referent davon ausgegangen, daß die aus der Lebensgeschichte bis zur Inhaftierung festgestellten Risikofaktoren (insbesondere die frühere dissoziale Entwicklung mit früheren Gewalttaten, das relativ junge Alter bei Beginn der dissozialen Verhaltensauffälligkeiten, Instabilität von Partnerbeziehungen und Arbeitsverhältnissen, frühe Anpassungsstörungen, Diagnose einer Persönlichkeitsstö...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge