Leitsatz (amtlich)
Zwar rechtfertigt die unterlassene Benachrichtigung beider Parteien von einem Ortstermin die Ablehnung eines Sachverständigen in der Regel nicht. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Sachverständige die Werkstatt mit der Zerlegung des Motors im Rahmen eines Ortstermins betraut, die bereits zuvor im Auftrag einer Partei eine Schadensanalyse und insbesondere eine Ursacheneinschätzung abgegeben hat.
Verfahrensgang
LG Amberg (Beschluss vom 11.09.2018; Aktenzeichen 23 OH 453/17) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Landgerichts Amberg vom 11.09.2018, Az. 23 OH 453/17, aufgehoben.
2. Die Ablehnung des Sachverständigen B. wird für begründet erklärt.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.700 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit Schriftsatz vom 26.05.2017 beantragte der Antragsteller, durch einen Sachverständigen Feststellungen zu einem von ihm behaupteten Motorschaden an einem Fahrzeug zu treffen, das er vom Antragsgegner gekauft hatte. In der Antragsschrift wird ausgeführt: "In der Autoreparaturwerkstatt Sch. wurde eine Schadensanalyse vorgenommen. Bei Abnahme der Ölwanne waren Späne im Öl vorhanden. Dies weist auf einen Motorschaden hin. Es wurde festgestellt, dass der Motor geöffnet worden war. Es liegt nach Mitteilung der Autowerkstatt J. Sch. ein Pleuelschaden vor. Es müsse eine Kurbelwelle, die Pleuel und Lager ausgetauscht werden."
Mit Beweisbeschluss vom 16.08.2017 beauftragte das Landgericht den Sachverständigen B. damit, ein Gutachten zu dem vom Antragsteller behaupteten Motorschaden zu erstatten. Unter Punkt 4. heißt es: "Der Sachverständige wird gebeten, die Parteien und deren Vertreter vom Besichtigungstermin rechtzeitig zu benachrichtigen."
Auf Sachstandsanfrage des Landgerichts teilte der Sachverständige mit Schreiben vom 02.05.2018 mit, dass für 23.05.2018 ein Untersuchungstermin des streitgegenständlichen Fahrzeugs angesetzt worden sei. Das Schreiben wurde den Parteien übersandt.
Am 23.05.2018 wurde der Motor aus dem nicht mehr fahrfähigen Fahrzeug im Auftrag des Sachverständigen in der Autowerkstatt Sch. ausgebaut. Und am 24.05.2018 erfolgte dort die Zerlegung des Motors durch Mitarbeiter dieser Werkstatt unter Anleitung und Aufsicht des Sachverständigen. Zu keinem der beiden Termine hatte der Sachverständige die Parteien geladen.
Am 05.06.2018 legte der Sachverständige sein schriftliches "Technisches Gutachten" vom 29.05.2018 vor. Eine Abschrift von diesem wurde dem Bevollmächtigten des Antragsgegners zur Stellungnahme bis 20.07.2018 am 13.06.2018 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 17.07.2018, der am 18.07.2018 beim Landgericht eingegangen ist, lehnte der Antragsgegner den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit ab und beantragte, den Sachverständigen nicht zu entschädigen. Zur Begründung verwies er unter anderem darauf, dass der Sachverständige in Zusammenarbeit mit der vom Antragsteller beauftragten Werkstätte das Fahrzeug zerlegt habe, ohne - wie vom Gericht vorgegeben - die Parteien zu benachrichtigen.
Zu dem Ablehnungsgesuch nahm der Sachverständige mit Schreiben vom 31.07.2018 Stellung.
Mit Beschluss vom 11.09.2018 wies das Landgericht das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen als unbegründet zurück. Die Entscheidung wurde dem Antragsgegner am 24.09.2018 zugestellt.
Mit am selben Tag beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz vom 27.09.2018 erhob der Antragsgegner gegen den Beschluss vom 11.09.2018 sofortige Beschwerde. Am 25.10.2018 entschied das Landgericht, dieser nicht abzuhelfen.
II. Die gemäß § 406 Abs. 5, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingereichte sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen B. ist begründet.
Gemäß § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Gemäß § 42 ZPO genügt es, dass objektive Umstände gegeben sind, aufgrund derer vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung besteht, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber. Es kommt nicht darauf an, ob das Gericht selbst Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen hegt oder ob dieser tatsächlich parteiisch ist oder sich nach Lage der Dinge zumindest darüber hätte bewusst sein können, dass sein Verhalten geeignet sein könnte, Zweifel an seiner Neutralität aufkommen zu lassen. Maßgeblich ist vielmehr, ob für die das Ablehnungsgesuch anbringende Partei der - nicht auf rein subjektiven oder unvernünftigen Vorstellungen beruhende - Anschein einer Voreingenommenheit besteht.
Ausgehend davon rechtfertigt allein die unterlassene Benachrichtigung beider Parteien die Ablehnung des Sachverständigen nicht. Zwar ist anerkannt, dass aus dem rechtsstaatlichen Anspruch auf ein faires Verfahren den Parteien ein Recht auf Benachrichtigung und Anwesenheit zusteht, wenn eine vorbereitende ...