Leitsatz (amtlich)
Im Arzthaftungsprozess begründet es nicht die Besorgnis der Befangenheit eines medizinischen Sachverständigen, dass dieser selbst als Arzt in einem - rechtlich selbständigen - Universitätsklinikum tätig ist, wenn ein akademisches Lehrkrankenhaus der betreffenden Universität mit dem Krankenhaus, in dem die streitgegenständliche Behandlung stattgefunden hat, durch einen gemeinsamen Klinikträger verbunden ist.
Dies gilt auch für leitende Ärzte des Universitätsklinikums, die zugleich Lehrstuhlinhaber an der betreffenden Universität sind.
Normenkette
ZPO §§ 406, 42 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Beschluss vom 05.08.2010; Aktenzeichen 12 O 620/07) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Weiden i.d. OPf. vom 5.8.2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Beschwerdewert wird auf 32.000.00 EUR festgesetzt
Gründe
I. Die Klägerin nimmt - neben den beteiligten Ärzten, den Beklagten zu 2) und 3) - die Beklagte zu 1) auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und Feststellung wegen ihrer Auffassung nach fehlerhafter Behandlungen im Dezember 2004 im Kreiskrankenhaus KH^in Anspruch. Träger dieses Krankenhauses ist die Beklagte zu 1). Die Klägerin behauptet, sie habe Anfang November 2004 bei einem Unfall u.a. einen Leistenbruch erlitten, aufgrund dessen es zu einer Darmein-klemmung gekommen sei, die eine erste Operation am 23.12.2004 im Kreiskrankenhaus K.H H notwendig gemacht habe. Bereits diese Operation sei fehlerhaft erfolgt. Aufgrund dieses Fehlers und nachfolgender ebenfalls fehlerhafter Behandlung in der postoperativen Phase hätten sich ein Darmverschluss sowie eine Peritonitis entwickelt, die eine weitere Operation am 30.12.2004 wiederum im Kreis krankenhaus "HH notwendig gemacht habe. Bei dieser Operation sei die Klägerin unsachgemäß gelagert worden, was im Zusammenhang mit der Verwendung eines elektrischen Schneidegerätes durch Kriechstromflüsse zu schweren Verbrennungen an beiden Unterschenkeln geführt habe.
Das LG hat mit Beschluss vom 2.5.2008 die Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens angeordnet; mit weiterem Beschluss vom 28.8.2008 hat es den zunächst beauftragten Gutachter entpflichtet und den Direktor der Klinik und Poliklinik für Chirurgie des Universitätsklinikums R.HB Prof. Dr. S.H zum Gutachter bestellt. Einer Anregung dieses Gutachters folgend hat das LG mit einem weiteren Beschluss vom 11.9.2008 dem Sachverständigen gestattet, den Gutachtensauftrag auf den an der selben Klinik des Universitätsklinikums R.H. beschäftigten Arzt Dr. h zu übertragen; zugleich hat es den Sachverständigen gebeten, den Direktor des Instituts für Röntgendiagnostik des Klinikums der Universität ... mit der Erstellung eines vom Sachverständigen angeregten radiologischen Zusatzgutachtens zu beauftragen. Einer weiteren Anregung des zunächst beauftragten Sachverständigen folgend hat das LG mit Beschluss vom 23.12.2008 den in der Abteilung für Unfallchirurgie des Universitätsklinikums tätigen Fachoberarzt W. mit der Erstattung eines unfallchirurgisch-plastischen Zusatzgutachtens beauftragt. Diesen Beschluss hat das LG am 12.1.2009 dahin abgeändert, dass dieses unfallchirurgisch-plastische Zusatzgutachten durch den Vorstand der Abteilung für Unfallchirurgie des Universitätsklinikums, Prof. Dr. N. in Assistenz von Herrn Fachoberarzt W. zu erstatten sei. Dieses Zusatzgutachten ist unter dem 9.10.2009 erstellt worden. Gleichzeitig ist das erbetene radiologische Zusatzgutachten vom 22.4.2009 dem LG vorgelegt worden.
Mit Schriftsatz vom 13.11.2009 hat die Klägerin die bislang tätig gewordenen Sachverständigen sowie die weiteren bestellten Gutachter Prof. Dr. S.B und Dr. HMBB wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die Klägerin habe am 11.11.2009 in Erfahrung gebracht, dass es sich bei dem Krankenhaus vf. dessen Träger (ebenfalls) die Beklagte zu 1) sei, um ein sog. Lehrkrankenhaus des Universitätsklinikums RHHH handele. Die Beklagte zu 1) stehe deshalb in großer Nähe zum Dienstherrn sämtlicher Gutachter, die sich aus Loyalität zu ihrem Dienstherrn gehindert sehen könnten, den vorliegenden Fall kritisch und unvoreingenommen zu begutachten, weil er den Träger ihres Lehrkrankenhauses betreffe. Zudem entstehe der Eindruck der Befangenheit des Autors des unfallchirurgisch-plastischen Zusatzgutachtens deshalb, weil sich dieses Gutachten nicht auf die Beantwortung der Beweisfrage Nr. 6 des Beweis beschluss vom 2.5.2008 beschränkt habe, die allein Gegenstand einer solchen Zusatzbegutachtung hätte sein können, sondern sich auch zu Fragen geäußert habe, die erst in dem bislang nicht vorliegenden unfallchirurgischen Hauptgutachten zu behandeln gewesen wären. Es entstehe der Eindruck, dass sich die unfallchirurgischen Hauptgutacher um die Beantwortung der zentralen Frage, nämlich der Ursache für die an den Waden der Klägerin entstandenen Verbrennungen, "drücken" wollten, und zwar gerade wegen des aufgezeigten Loyalitätskonflikts.
Di...