Leitsatz (amtlich)
1. Änderungen von Miteigentümervereinbarungen kommen durch einzelne Miteigentümer in Betracht, wenn und soweit die zu ändernde Vereinbarung ihnen ausdrücklich oder konkludent eine entsprechende Änderungsbefugnis zuerkennt, mithin die kollektive Zuständigkeit durch Übertragung der Entscheidungsbefugnis durchbrochen wird.
2. Von einer vereinbarungsimmanenten einseitigen Befugnis, einen Stellplatz auf einen anderen Miteigentümer zu übertragen, ist dabei im Fall einer reinen Benutzungsregelung regelmäßig auszugehen.
Verfahrensgang
AG Fürth (Verfügung vom 25.09.2019; Aktenzeichen ST-3784-20) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Fürth vom 25.09.2019, Az. ST-3784-20, aufgehoben.
Gründe
I. Im Grundbuch des Amtsgerichts Fürth von St. wird auf Blatt xxxx und yyyy jeweils 1/20 Miteigentumsanteil an dem Grundstück mit der Flurnummer zzz/zz geführt. Als (Mit-)Eigentümer zur Hälfte sind die Beschwerdeführer zu 1 und zu 4 bzw. zu 2 und zu 3 vermerkt.
Die zweite Abteilung des Blattes xxxx enthält die folgende Eintragung:
"Belastung jedes Anteils zugunsten der jeweiligen Miteigentümer:
a) (...)
b) Benutzungsregelung nach § 1010 BGB; (...);
gemäß Bewilligung vom 06.12.2001 URNr. (...), (...), 04.05.2005 URNr. (...) und 04.08.2005 URNr. (...); eingetragen am 26.09.2005."
Aus den in Bezug genommenen Urkunden ergibt sich, dass den Beschwerdeführern zu 2 und zu 3 ein Nutzungsrecht an zwei Kfz-Stellplätzen zusteht, die mit "S 5" und "S 8" bezeichnet sind.
Mit notariellem Vertrag vom 11.01.2019 verkauften die Beschwerdeführer zu 2 und zu 3 "aus ihrem (...) über die Benutzungsregelung (...) gesicherten ausschließlichen Benutzungsrecht denjenigen Teilanspruch, der sich auf den Stellplatz 'S8' bezieht", an die Beschwerdeführer zu 1 und zu 4. Dabei vereinbarten die Beschwerdeführer das Folgende:
"Die Vertragsteile sind über den vorstehenden vereinbarten Rechtsübergang am verkauften Stellplatzbenutzungsrecht einig. Unter entsprechender Inhaltsänderung der bestehenden Benutzungsregelung (...) wird zwischen den Vertragsteilen vereinbart, dass künftig
- beim Miteigentumsanteil (...) im Ausfluss der daran lastenden Benutzungsregelung nunmehr auch das Nutzungsrecht am Stellplatz 'S 8' ausgeschlossen ist und
- beim Miteigentumsanteil (...) im Ausfluss der daran lastenden Benutzungsregelung das Nutzungsrecht am Stellplatz 'S 8' auf Grund vorstehender Übertragung nicht mehr ausgeschlossen ist."
Im Übrigen bewilligten und beantragten die Beschwerdeführer in der notariellen Urkunde die Eintragung der Inhaltsänderung in das Grundbuch.
Mit Schreiben vom 27.02.2019 legte der Urkundsnotar den Vertrag vom 11.01.2019 mit dem Antrag auf Vollzug dem Amtsgericht - Grundbuchamt - Fürth vor.
Am 25.09.2019 erließ das Grundbuchamt unter Fristsetzung eine Zwischenverfügung. Mit dieser forderte es "für die Inhaltsänderung (...) die Zustimmung aller Miteigentümer" unter Verweis darauf, dass "diese von der Aufhebung des Ausschlusses der Nutzung von Stellplatz 8 betroffen" seien.
Dagegen wandte sich der Urkundsnotar "namens der Vertragsbeteiligten" mit Schreiben vom 21.10.2019. Zur Begründung der Beschwerde verwies er darauf, dass "materiell-rechtlich keiner der übrigen Miteigentümer auf Grund [der] Übertragung nachteilig tangiert" werde. Denn "die übrigen Miteigentümer [seien] ja ohnehin von jedem Rechtsgebrauch (Stellplatz-Nutzungsrecht) bereits ausgeschlossen". "Für diese anderen Miteigentümer [sei] es daher völlig unerheblich, welchem Miteigentümer innerhalb der Eigentümergemeinschaft die Nutzung letztlich [zustehe]." Es gebe eine Parallele zum Sondernutzungsrecht, bei dem eine Vereinbarung zwischen dem betroffenem und begünstigten Wohnungseigentümer ausreichend sei. Die Verweigerung einer Eintragung der Inhaltsänderung beeinträchtige das Eigentumsrecht in unzulässiger Weise.
Am 23.10.2019 entschied das Grundbuchamt, der Beschwerde nicht abzuhelfen.
II. Das gegen die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO gerichtete Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO, § 15 Abs. 2 GBO, § 10 Abs. 2 Nr. 3 FamFG). Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Übertragung eines "verdinglichten" Nutzungsrechts (§ 1010 BGB) bedarf zwar grundsätzlich einer Änderung der ursprünglichen Vereinbarung und damit der Zustimmung aller Miteigentümer (vgl. Punkt 1.). Dies gilt allerdings nicht, wenn - wie im vorliegenden Fall - die zu ändernde Vereinbarung den Miteigentümern zumindest konkludent eine entsprechende Änderungsbefugnis zuerkennt (vgl. Punkt 2.). Dann müssen nur diejenigen Miteigentümer mitwirken, zugunsten bzw. zulasten derer die Änderung geht. Insofern kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die angegriffene Entscheidung bereits aus formellen Gründen aufzuheben wäre, weil für den Erlass einer Zwischenverfügung das Vorhandensein eines mit rückwirkender Kraft behebbaren Eintragungshindernisses erforde...