Entscheidungsstichwort (Thema)
Materielle Einwendungen gegen die Wirksamkeit einer Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Für eine gerichtliche Überprüfung der Verwendung von Mitteln zur Begrenzung von Prämienerhöhungen (Limitierungsmittel) durch den jeweiligen privaten Krankenversicherer im Rahmen seiner Prämienkalkulation ist nur dann Raum, wenn nicht nur die Fehlerhaftigkeit des Treuhänder-Zustimmungsverfahrens, sondern bereits die zeitlich vorgelagerte unternehmerische Entscheidung hinsichtlich der Limitierungsmittelverwendung und damit die Höhe der Prämie im Ergebnis beanstandet wird (Fortführung von Senat, BeckRS 2023, 3605 = r+s 2023, 320).
2. Die im Einzelfall zunächst zu klärende Frage ist deshalb, ob der klagende Versicherungsnehmer diese materielle Rechtmäßigkeit der Prämienanpassung derart prozessual wirksam angegriffen hat, dass dadurch eine Beweisführungslast des Versicherers ausgelöst und nachfolgend dann eine Beweisaufnahme durch Erhebung des Sachverständigenbeweises veranlasst wird (hier verneint).
Normenkette
KVAV § 17; VAG §§ 150, 155; VVG § 203 Abs. 2, 5
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 26.10.2022; Aktenzeichen 11 O 3715/22) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26.10.2022, Az. 11 O 3715/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer Beitragsanpassungen im Rahmen einer privaten Krankenversicherung.
In erster Instanz waren zuletzt die in den Jahren 2013, 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 in diversen Tarifen erfolgten Beitragsanpassungen Gegenstand des Rechtsstreits, aus deren behaupteter Unwirksamkeit der Kläger die Erstattung von 2.172,79 EUR verlangt hat.
Das Landgericht hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen. Es hat dabei - neben einer angenommenen Verjährung von Ansprüchen aus Beitragsleistungen, die bis 31.12.2018 erfolgten (LGU 22) - im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die angegriffenen Beitragsanpassungen formell und materiell wirksam gewesen seien.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt und nunmehr die Erstattung von 2.475,97 EUR (erweitert durch nach Klageerhebung erfolgte Überzahlungen) verlangt und darüber hinaus mehrere Feststellungsbegehren (betreffend die Unwirksamkeit von Prämienanpassungen und die Verpflichtung zur Nutzungsherausgabe) zur Entscheidung stellt.
II. Der Senat ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die in erster Instanz festgestellten Tatsachen gebunden. Durchgreifende und entscheidungserhebliche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen ergeben sich nicht. Die maßgeblichen Tatsachen rechtfertigen keine von der des Landgerichts abweichende Entscheidung und dessen Entscheidung beruht auch nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht die Feststellungs- und Leistungsklage insgesamt abgewiesen. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.
Es wird zunächst Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Urteils, die den Senat überzeugen.
Ergänzend ist zur kurzen Begründung der Bestätigung der angefochtenen Entscheidung (vgl. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) im Hinblick auf die Berufungsbegründung vom 26.01.2023 noch auszuführen:
1. Die inhaltlichen Anforderungen an die gemäß § 203 Abs. 5 VVG erforderliche Begründung der Beitragserhöhung sind inzwischen weitgehend höchstrichterlich geklärt (vgl. insbesondere BGH, Urteile vom 16.12.2020 - IV ZR 294/19, NJW 2021, 378 und vom 21.07.2021 - IV ZR 191/20, NJW-RR 2021, 1260). Danach ist die Angabe der Rechnungsgrundlage erforderlich, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Anzugeben ist auch, dass die Veränderung den maßgeblichen Schwellenwert überschritten hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe und Richtung sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben. Insgesamt dient das Begründungserfordernis nicht der Plausibilitätskontrolle durch den Versicherungsnehmer. Im Übrigen genügt es, wenn sich die erforderliche Begründung aus einer Zusammenschau aller dem Versicherungsnehmer übersandten Unterlagen ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2022 - IV ZR 337/20, NJW-RR 2022, 606 Rn. 31; OLG Dresden, BeckRS 2022, 4631).
2. a) Der Senat ist - insbesondere auch...