Entscheidungsstichwort (Thema)
Materielle Einwendungen gegen die Wirksamkeit einer Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung
Leitsatz (amtlich)
Im Prozess über Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung ist es dem Versicherungsnehmer regelmäßig möglich und zumutbar, seinen Einwand gegen die materielle Rechtsmäßigkeit der Limitierungsmittelverwendung näher zu konkretisieren, nachdem der Versicherer die dem Treuhänder übergebenen Unterlagen für Gericht und Gegner zugänglich gemacht sowie das Limitierungskonzept schriftsätzlich erläutert hat. Es ist daher keine Beweisaufnahme erforderlich, wenn der Versicherungsnehmer in dieser prozessualen Situation lediglich erklärt, er werde die übergebenen Unterlagen nicht sichten und hierzu auch nicht weiter vortragen (Fortführung von Senat, BeckRS 2023, 12283).
Normenkette
VAG § 155 Abs. 2; VVG § 203 Abs. 5; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Regensburg (Urteil vom 10.03.2023; Aktenzeichen 34 O 2264/21) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 10.03.2023, Az. 34 O 2264/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer Beitragsanpassungen im Rahmen einer privaten Krankenversicherung, die der Kläger seit 1991 bei der Beklagten unterhält.
In erster Instanz waren zuletzt die in verschiedenen Tarifen für die Jahre 2012, 2013, 2015, 2016, 2018 und 2020 erfolgten Beitragsanpassungen Gegenstand des Rechtsstreits, aus deren behaupteter Unwirksamkeit der Kläger die Erstattung von 5.684,00 EUR forderte. Er verlangte außerdem die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.305,43 EUR. Der mit der Replik erhobene Anspruch auf Auskunft über die Höhe der jeweiligen auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in den letzten zehn Jahren wurde einseitig für erledigt erklärt.
Das Landgericht hat diese Klage vollständig abgewiesen. Es hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die angegriffenen Beitragsanpassungen formell und materiell wirksam seien.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er einen Teil seiner Klageanträge weiterverfolgt und nunmehr Erstattung von 5.028,02 EUR verlangt.
II. Der Senat ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die in erster Instanz festgestellten Tatsachen gebunden. Durchgreifende und entscheidungserhebliche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen ergeben sich nicht. Die maßgeblichen Tatsachen rechtfertigen keine von der des Landgerichts abweichende Entscheidung und dessen Entscheidung beruht auch nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht die Feststellungs- und Leistungsklage vollständig abgewiesen. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.
1. Materielle Wirksamkeit
Den streitigen Beitragsanpassungen stehen keine materiellen Gesichtspunkte entgegen.
a) Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beitragsanpassungen auf einer wirksamen vertraglichen Grundlage beruhen (LGU 10) und die maßgebliche Klausel in § 8b Abs. 1 AVB (Anlage B 7) rechtlich nicht zu bestanden ist. Diese Sichtweise entspricht der zu vergleichbaren Klauseln ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2022 - IV ZR 253/20, NJW 2022, 3358 Rn. 30 ff.) und wird auch von der Berufung nicht in Frage gestellt.
b) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Ansicht der Vorinstanz, dass dem Einwand des Klägers, dem Treuhänder seien nicht alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt worden, nicht nachzugehen war (LGU 10-14). Dies steht mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats in Einklang (vgl. Hinweisbeschluss vom 07.03.2023 - 8 U 3056/22, BeckRS 2023, 3605; im Anschluss daran OLG Bremen, BeckRS 2023, 10761; OLG Bamberg, Urteil vom 06.04.2023 - 1 U 299/22, n.v.).
Nach erneuter Prüfung - bezogen auf den vorliegenden Streitfall - sieht der Senat keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsauffassung entscheidungserheblich abzuweichen.
aa) Danach gilt zur rechtlichen Ausgangslage Folgendes (vgl. Senatsbeschluss vom 05.06.2023 - 8 U 3284/22, BeckRS 2023, 12283; dem folgend auch OLG Brandenburg, BeckRS 2023, 16581; OLG Dresden, BeckRS 2023, 20473; Günther, FD-VersR 2023, 458602):
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