Leitsatz (amtlich)
1. Zum gewöhnlichen Aufenthalt eines Kleinkindes im Bereich des HÜK.
2. Die Jahresfrist gemäß § 12 Abs. 1 HÜK berechnet sich gemäß § 14 IntFamRVG i. V. mit § 16 Abs. 2 FamFG, § 222 ZPO, §§ 187, 188 BGB.
3. Zu den (nicht erfüllten) Voraussetzungen für die Ablehnung einer Rückführung des Kindes nach Art. 13 Abs. 1 b HÜK.
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Aktenzeichen 110 F 4056/16) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familien- gericht - Nürnberg vom 4.5.2017 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Rückführung des gemeinsamen Kindes K... M... E..., geboren am ... in N..., Deutschland, auf der Grundlage des Haager Übereinkommens vom 25.10.1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (im Weiteren: HKÜ).
Der Beteiligte E... E..., geboren am ..., ist deutscher Staatsangehöriger. Er lebt in Frankreich und ist dort als Ingenieur bei der Firma A... beschäftigt. Er hat aus mehreren Beziehungen insgesamt acht Kinder. Die Beteiligte C... E... K..., geboren am ..., ist kamerunische Staatsangehörige und lebt seit Anfang Juli 2015 - wieder - in N.../Deutschland. Die Beteiligten E... und E... K... lernten sich im September 2012 kennen. Im Oktober 2013 zogen die Beteiligten nach B... (E...), weil der Antragsteller von seinem Arbeitgeber dorthin versetzt worden war.
Aus der Beziehung der Beteiligten ist das am 22.2.2014 geborene Kind K... M... E... hervorgegangen. Die Mutter kehrte zur Entbindung vorübergehend nach N... zurück. Der Antragsteller hat die Vaterschaft zu dem Kind K... M... mit Erklärung vom 25.2.2014 wirksam anerkannt. Da er zwischenzeitlich von seinem Arbeitgeber nach T... (Frankreich) versetzt worden war, zog die Beteiligte E... K... zusammen mit dem Kind K... M... und ihrer damals 8 Jahre alten Tochter C... K..., welche aus einer früheren Beziehung stammt, zu dem Antragsteller nach T.... In der Folgezeit lebten der Antragsteller, die Antragsgegnerin, das Kind K... M... und das Kind C... gemeinsam in T... zusammen. Das Kind C... besuchte dort eine englische Schule, die Schulkosten wurden von dem Arbeitgeber des Antragstellers übernommen.
Am 9.6.2015 reiste die Beteiligte E... K... zur Entbindung eines weiteren Kindes nach Deutschland. Die Kinder K... M... und C... blieben bei dem Antragsteller in T.... Am ... ist das Kind R...in N... geboren worden. Da der Antragsteller Zweifel an der Vaterschaft zu diesem Kind hatte, ist von den beteiligten Eltern ein privates Abstammungsgutachten erholt worden, aus welchem sich die Vaterschaft des Antragstellers zu dem Kind R...mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,999999 % ergibt. Eine Anerkennung der Vaterschaft durch den Antragsteller ist bisher noch nicht erfolgt, allerdings nach Angaben seines Bevollmächtigten in nächster Zukunft beabsichtigt.
Am 2.7.2015 reiste die Beteiligte E... K... zusammen mit dem Kind R...nach T... zurück, um dort weiterhin mit dem Antragsteller und ihren beiden Töchtern zusammenzuleben. Unmittelbar nach ihrer Rückkehr kam es allerdings zur Trennung. Der Antragsteller weigerte sich, die Beteiligte E... K... wieder in die vormals gemeinsam bewohnte Wohnung aufzunehmen. Am 8.7.2015 reiste die Beteiligte E... K... zusammen mit ihrer Tochter C... und dem Sohn R...nach Deutschland. Seither lebt sie in einer Wohnung in N.... Der Antragsteller widersetzte sich dem Wunsch der Mutter, auch das Kind K... M... mit nach Deutschland zu nehmen. Am 12.8.2015 beantragte er bei dem "Tribunal de Grande Instance de Toulouse" im Wege eines beschleunigten Verfahrens, festzustellen, dass die elterliche Sorge für das Kind K... M... von beiden Eltern gemeinsam ausgeübt wird. Weiter beantragte er, den Wohnsitz des Kindes an seinem "Domizil'" und einen Ferienumgang für die Mutter festzulegen.
Vor dem "Tribunal de Grande Instance de Toulouse" wurde am 2.12.2015 ein Termin zur Anhörung der Eltern durchgeführt. Zu diesem Anhörungstermin reiste die Beteiligte E... K... von Nürnberg nach T.... Nach der Anhörung wurde der Antragsgegnerin erlaubt, das Kind K...M... für eine Übernachtung mit in ihr Hotel zu nehmen. Diese Gelegenheit nutzte die Mutter, um in der Nacht vom 2. auf den 3.12.2015 unter Mitnahme des Kindes nach Deutschland/N... zurückzukehren. Eine Einwilligung des Vaters zur Mitnahme des Kindes hatte sie nicht. Seither hält sich das Kind bei der Mutter auf.
Mit Entscheidung vom 16.12.2015 hat das "Tribunal de Grande Instance de Toulouse" festgestellt, dass die elterliche Sorge für das Kind K... M... von beiden Eltern gemeinsam ausgeübt wird. Zugleich hat es den gewöhnlichen Wohnsitz des Kindes bei dem Vater festgesetzt und das Ferienumgangsrecht der Mutter entsprechend dem Antrag des Vaters geregelt.
Mit Antrag vom 2.12.2016, eingegangen per Fax bei dem Amtsgericht Nürnberg am 2.12.2016, hat der Beteilig...