Entscheidungsstichwort (Thema)

Betäubungsmittelstrafrecht: Bewertungseinheit, Erwerb teile zum Handeltreiben, teild zum Eigenverbrauch, Feststellungen zum Mindestschuldumfang, nicht geringe Menge und Gefährlichkeit von Amfetamin, Vorahndungen;

 

Leitsatz (redaktionell)

1. a) Eine Straftat versucht nach § 22 StGB, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt, was nicht erst der Fall ist, wenn der Täter ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht, sondern schon dann, wenn er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden.

b) Das Versuchsstadium erstreckt sich somit auch auf Handlungen, die im ungestörten Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Das ist dann der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum "jetzt geht es los" überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung übergeht.

c) Bedurfte es nach der Vorstellung des Täters zur Verwirklichung des tatbestandlichen Erwerbs (hier: einer Schusswaffe), dass der mit der Besorgung Beauftragte den Beschaffungsvorgang auch planmäßig ausführt und ihm dann die Waffen übergibt, befindet sich der Täter noch im Bereich strafloser Vorbereitungshandlung.

2. Bezugsrahmen der Bewertungseinheit im Betäubungsmittelstrafrecht kann nur der Tatbestand des Handeltreibens (nicht des Besitzes) sein, der die aufeinander folgenden Teilakte wie etwa Erwerb, Einfuhr, Besitz, Veräußerung und Geldüberweisung umfasst.

3. Werden Betäubungsmittel teils zum Zwecke des Handeltreibens, teils zum Eigenverbrauch erworben, muss der Tatrichter angeben, welche Mengen für den Eigenbedarf und welche für die Handel bestimmt waren und ob eine der Mengen den Grenzwert zur "nicht geringen Menge" überschritten hat. Je nach dem bestimmt sich das Konkurrenzverhältnis zwischen Handeltreiben und Besitz von Betäubungsmitteln.

4. Der Wirkstoffmenge kommt wesentliche Bedeutung für die Beurteilung der Schwere der Tat und der Bestimmung des Schuldumfangs zu. Wurden die Betäubungsmittel nicht sichergestellt und ist daher eine Wirkstoffuntersuchung nicht möglich, hat der Tatrichter alle Aufklärungsmöglichkeiten auszuschöpfen. So ist unter Berücksichtigung aller festgestellter Tatumstände, insbesondere des Preises und der Herkunft (Verpackung, Verplombung, Aussehen), der Beurteilung durch andere Tatbeteiligte oder der Möglichkeit des Streckens zu untersuchen, von welcher Mindestqualität und damit welchem Wirkstoffgehalt auszugehen ist. Können auch auf diese Weise keine hinreichend sicheren Feststellungen getroffen werden, so ist von dem für den Angeklagten günstigsten Mischungsverhältnis auszugehen, das nach den Umständen in Betracht kommt. Dabei ist zwar der Zweifelsgrundsatz zu beachten, jedoch ist es nicht erforderlich, stets von der denkbar schlechtesten Qualität auszugehen.

5. Da auf dem illegalen Markt Amphetamin-Base(Speed)-Gemische mit einem Wirkstoffgehalt von 5 bis 80% erhältlich sind, können die bisherigen Feststellungen bei einer Rohmenge von 150 g zwar jedenfalls einen Wirkstoffgehalt von 10% tragen; zur Frage, ob ein noch höherer Wirkstoffgehalt vorliegt, wären jedoch weitere Feststellungen erforderlich.

6. bei der Droge Amphetamin, die auf der Schwereskala der Gefährlichkeit von Betäubungsmitteln nur einen mittleren Platz einnimmt, handelt es sich um keine "harte Droge". Die Gefährlichkeit des Rauschgifts Amphetamin begründet daher keinen wesentlichen Strafschärfungsgrund.

7. Berücksichtigt der Tatrichter einschlägige Vorbelastungen zum Nachteil des Angeklagten, hat er diese im Urteil so genau mitzuteilen, dass dem Revisionsgericht die Nachprüfung ermöglicht wird, ob die Vorverurteilungen im Hinblick auf ihre Bedeutung und Schwere für den Strafausspruch richtig bewertet worden sind. Hierzu bedarf es in der Regel einer zwar knappen, aber noch aussagekräftigen Feststellung der den Vorverurteilungen zugrunde liegenden Sachverhalte.

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Urteil vom 21.12.2004; Aktenzeichen 1 O 1708/04 (3))

AG Regensburg (Urteil vom 09.07.2004)

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Regensburg hat den Angeklagten am 9.7.2004 wegen "unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen, unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und versuchten unerlaubten Erwerbs und Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.

Das Landgericht Regensburg hat am 21.12.2004 die Berufung des Angeklagten "zurückgewiesen" und "auf die Berufung der Staatsanwaltschaft", die allerdings auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt war, das Urteil des Amtsgerichts Regensburg im Schuldspruch insoweit abgeändert, dass der Angeklagte wegen "unerlaubten Besitzes von...

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