Leitsatz (amtlich)
1.
Die Vorschrift des § 44 Abs. 1 Satz 1 StPO ist kein Instrument zur Heilung von Qualitätsmängeln einer grundsätzlich fristgerechten Prozesshandlung. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die Nachholung oder Nachbesserung einzelner Verfahrensrügen ist daher regelmäßig ausgeschlossen.
2.
Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Revisionsanträge und ihre Begründung gemäß § 345 Abs. 2 StPO zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht worden sind.
3.
Auch nach der Neufassung des Telekommunikationsgesetzes zum 26. Juni 2004 verstößt die (Blankett-) Strafvorschrift des § 148 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 89 Satz 1 TKG nicht gegen Verfassungsrecht. Bedeutungsinhalt und Tragweite der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des strafbewehrten Abhörverbots sind für jedermann erkennbar.
Tenor
Gründe
I.
Das Amtsgericht S hat den Angeklagten am 4.8.2005 wegen "unerlaubten
Abhörens von Nachrichten" nach den §§ 89, 148 TKG zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 20,- EUR verurteilt und den Funkscanner "Alinco" Typ DJ-X3 eingezogen.
Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht N am 26.4.2006 unter Verwerfung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15,-- EUR verurteilt wird.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Nach Erhalt der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg vom 17.7.2006 stellte er zudem den Antrag, ihm Wiedereinsetzung zur weiteren Begründung der Revision hinsichtlich schon geltend gemachter Verfahrensfehler einzuräumen.
II.
Die Revision des Angeklagten ist nur mit der Sachrüge zulässig erhoben (§§ 333, 341 Abs.1, 344 Abs. 1, 345 StPO). Sie ist jedoch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1.
Eine gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ordnungsgemäß ausgeführte Verfahrensrüge ist nicht erhoben.
a)
Nach dieser Vorschrift muss der Beschwerdeführer, der eine Verletzung des Verfahrensrechts geltend machen will, die den Mangel begründenden Tatsachen angeben.
Dies hat so vollständig und so genau zu geschehen, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen werden (stRspr., vgl. Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. § 344 Rn. 24 m.w.N.). Die der Revisionsbegründung beigefügten Ablichtungen des Sitzungsprotokolls und des Berufungsurteils genügen diesen Anforderungen in keiner Weise. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, den an sich veranlassten Revisionsvortrag aus jenen überwiegend nicht relevanten Unterlagen selbständig herauszufiltern und jeweils an passender Stelle zu ergänzen (Meyer-Goßner a.a.O. § 344 Rn. 21 m.w.N.).
b)
Der am 25.7.2006 zusammen mit einer Ablichtung der Urkunde über die Zustellung der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft eingegangene Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur weiteren Begründung der Revision wegen Fehlern des Verfahrens ist unbegründet.
aa)
Es fehlt insoweit bereits an der Versäumung einer "Frist" i.S.d. § 44 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Nach seinem eindeutigen Wortlaut will § 44 StPO nur die Folgen einer schuldlosen Fristversäumung heilen. Nach feststehender Rechtsprechung ist die Vorschrift deshalb kein Instrument zur Heilung von Qualitätsmängeln einer grundsätzlich fristgerechten Prozesshandlung, wenn der Angeklagte in der Hauptverhandlung anwesend war (vgl. BGHSt 14, 330, 333; 31, 161, 162; OLG Braunschweig NStZ 1996, 298; OLG Köln NStZ-RR 1996, 212; Hilger NStZ 1983, 152, 153 f.). Dieser Grundsatz muss erst recht gelten, wenn eine Verfahrensrüge zwar rechtzeitig erhoben worden ist, in der Revisionsbegründung aber nicht mit hinreichendem Tatsachenvortrag belegt wurde. Eine Wiedereinsetzung für die Nachholung oder Nachbesserung einzelner Verfahrensrügen ist deshalb ausgeschlossen.
bb)
Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Revisionsanträge und ihre Begründung gemäß § 345 Abs. 2 Var. 2 StPO zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht worden sind. Insoweit besteht ebenfalls kein sachliches Bedürfnis zur Anwendung der Vorschrift des § 44 Abs. 1 StPO. Ausweislich der von dem Rechtsmittelführer unterzeichneten Niederschrift vom 16.6.2006 (Bl. 92 d.A.) hat der Rechtspfleger seiner besonderen Prüfungs- und Belehrungspflicht gemäß Nr. 150 Abs. 6 RiStBV bei der Geltendmachung eines Verfahrensmangels genügt (vgl. dazu Meyer-Goßner a.a.O. § 345 Rn. 20).
2.
Der Angriff der Revision auf den wegen einer Tat nach §§ 148 Abs. 1 Nr. 1, 89 Satz 1 TKG erfolgten Schuldspruch geht fehl.
a)
Es ist gemäß § 261 StPO ausschließlich Sache des Tatrichters, den Wert und die Bedeutung einzelner Beweistatsachen zu beurteilen und gegeneinander abzuwägen.
An die Tatsachenfeststellungen des Tatrichters sind zwar sachliche Mindestanforderungen zu stellen. A...