Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen
Leitsatz (amtlich)
Der Rechtsstreit über die Verfolgung von Ansprüchen gem. §§ 171, 172 InsO durch den Insolvenzverwalter ist keine Handelssache.
Normenkette
GVG § 95 Abs. 1 Nr. 4 lit. a, § 102 S. 2; HGB §§ 171-172; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 14.12.2018; Aktenzeichen 4 O 1986/18) |
Tenor
Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist funktionell zuständig.
Gründe
I. Der Kläger hat in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen ... die Beklagte als Kommanditistin auf Rückzahlung von erhaltenen Ausschüttungen gemäß §§ 171, 172 HGB in Anspruch genommen. Die Beklagte hat mit Schriftsatz - vom 7. Mai 2018 ihre Verteidigungsbereitschaft angezeigt und beantragt, den Rechtsstreit an die Kammer für Handelssachen zu verweisen. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 24. Mai 2018 beantragt, den Verweisungsantrag zurückzuweisen, und unter Hinweis auf einen Beschluss des Landgerichts Kassel vom 13. Februar 2017 (5 O 1781/16) ausgeführt, dass es sich bei dem vorliegenden Streit nicht um eine Handelssache handelte.
Mit Beschluss vom 28. Mai 2018 hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth durch den Einzelrichter den Rechtsstreit an die Kammer für Handelssachen verwiesen und dies damit begründet, dass eine Handelssache vorliege, da es dafür ausreiche, dass der Anspruch gesellschaftsspezifische Rechte und Pflichten unmittelbar berühre. Dies sei bei Geltendmachung von Ansprüchen nach §§ 171, 172 HGB durch den Insolvenzverwalter gegeben. Das Landgericht hat sich dabei unter anderem auf einen Beschluss des Landgerichts Coburg vom 14. Juni 2017 (23 O 102/17) bezogen.
Mit Verfügung vom 23. Juli 2018 hat der Vorsitzende der 5. Kammer für Handelssachen den Parteien mitgeteilt, dass die Verweisung keine Bindungswirkung habe, da ihr jegliche rechtliche Grundlage fehle. Es werde eine gesellschaftsrechtliche Streitigkeit unter Verweis auf Entscheidungen angenommen, die mit den streitgegenständlichen Ansprüchen nichts zu tun hätten. Der Kläger hat diesen Ausführungen zugestimmt und auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Juli 2018 (8 AR 38/18) verwiesen, welches in einem derartigen Fall die funktionelle Zuständigkeit der Zivilkammer festgestellt habe. Die Beklagte hat hingegen die Auffassung verteidigt, wonach eine Handelssache gegeben sei, und auf Beschlüsse des Landgerichts Passau (1 O 662/17) und des Landgerichts Nürnberg-Fürth (13 O 412/17) verwiesen.
Mit Beschluss vom 31. Oktober 2018 hat die 5. Kammer für Handelssachen durch den Vorsitzenden Richter die Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt und die Sache an die 4. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat mit Beschluss vom 14. Dezember 2018 eine Rückübernahme des Rechtsstreits abgelehnt und dies mit der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses begründet. Eine obergerichtliche Entscheidung der Fragestellung habe zum Zeitpunkt des Verweisungsbeschlusses nicht vorgelegen.
II. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung durch das Oberlandesgericht Nürnberg gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO analog liegen vor. Sowohl die 4. Zivilkammer als auch die 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Nürnberg-Fürth haben sich in jeweils unanfechtbaren Beschlüssen für unzuständig erklärt. § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 37 ZPO gelten entsprechend, wenn sich Zivilkammer und Kammer für Handelssachen eines Landgerichts untereinander für unzuständig erklärt haben (OLG Frankfurt, Beschluss vom 27. September 2018 - 11 SV 58/18, juris Rn. 6).
Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich zwar nicht um eine Handelssache. Die Kammer für Handelssachen ist jedoch aufgrund der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses der 4. Zivilkammer zuständig (vgl. § 102 Satz 2 GVG).
1. Der Senat schließt sich der Meinung des Oberlandesgerichts Frankfurt an, wonach keine Handelssache im Sinne des § 95 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a GVG gegeben ist. Nach dieser Vorschrift sind Handelssachen unter anderem bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus dem Rechtsverhältnis zwischen der Handelsgesellschaft und ihren Mitgliedern, ohne Rücksicht darauf, ob die Gesellschafter Kaufleute sind oder nicht. Hier aber geht es nicht um einen Anspruch der Kommanditgesellschaft gegen einen ihrer Kommanditisten, sondern um einen Anspruch von Gläubigern der Gesellschaft gegen einen Kommanditisten. Der Insolvenzverwalter der Gesellschaft wird gemäß § 171 Abs. 2 HGB insofern treuhänderisch als gesetzlicher Prozessstandschafter zum Zwecke der Gläubigergleichbehandlung tätig, und ein Forderungsübergang auf den Insolvenzverwalter findet nicht statt. Damit handelt es sich in derartigen Fällen gerade nicht um Ansprüche der Handelsgesellschaft, sondern um Ansprüche von Dritten (OLG Frankfurt, Beschluss vom 27. September 2018 - 11 SV 58/18, juris Rn. 8). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtsh...