Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersverifikationssystem "über 18.de"
Leitsatz (amtlich)
Das Altersverifikationssystem "über 18.de" gewährleistet nicht den geschlossenen Benutzerkreis, wie er von § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV verlangt wird.
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; JMStV § 4 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 3 O 8622/04) |
Gründe
Der Senat ist davon überzeugt, dass das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg und die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung hat. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 ZPO). Es sind auch keine neuen berücksichtigungsfähigen Tatsachen vorgetragen noch konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts begründen können (§ 529 ZPO). Daher ist von dem im angefochtenen Urteil zugrundegelegten Sachverhalt auszugehen. Dieser rechtfertigt weder eine andere Entscheidung noch ist eine Rechtsverletzung vorgetragen, auf der die erstinstanzliche Entscheidung beruhen würde (§ 513 Abs. 1 ZPO).
1. Zutreffend hat das Erstgericht wegen des geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruches der Antragstellerin das Vorliegen eines Verfügungsgrundes gem. § 12 Abs. 2 UWG bejaht. Danach können zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung einstweilige Verfügungen erlassen werden, auch wenn die in den §§ 935, 940 ZPO bezeichneten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Damit wird die Dringlichkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Rechtsstreitigkeiten des Wettbewerbs vermutet. Diese Vermutung ist vorliegend, worauf auch das Erstgericht hinweist, mangels substantiierten Sachvortrages des Antragsgegners nicht widerlegt.
Entgegen der Auffassung der Berufung besteht auch ein eigenes Interesse der Antragstellerin an der schnellstmöglichen Unterbindung des gerügten Wettbewerbsverstoßes. Zum einen hat die Antragsteller dargetan, dass generell mehr (auch erwachsene) Interessenten infolge des von praktizierten Altersverifikationssystem mittels einer "sog. Face-to-Face Kontrolle" eher von der Inanspruchnahme der angebotenen Internetseiten abgehalten werden, als durch ein lediglich auf Überprüfung der anonymen Eingabe einer Personalausweisziffer gestütztes Alterskontrollsystem, wie es der Antragsgegner anwendet. Außerdem wird dem Antragsgegner so die Möglichkeit eröffnet, frühzeitig jugendliche Kunden zu binden, die dann nach Erreichen der Volljährigkeit weiterhin seine Seiten nutzen.
2. Mit zutreffender Begründung hat das LG ein zwischen den Parteien bestehendes konkretes Wettbewerbsverhältnis gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG angenommen. Auch der Senat hält es aufgrund der vorgelegten Anlage Ast. 2 für ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin im Internet gegen Entgelt die Betrachtung von Pornographie anbietet. Die hiergegen von der Berufung erhobenen Einwendungen sind lebensfremd. Das Impressum weist auf die Gesellschafter der Antragstellerin hin.
3. Nicht zu beanstanden sind die Ausführungen des Erstgerichts zur Wettbewerbswidrigkeit des angegriffenen Internetangebotes. Auch der Senat hält das vom Antragsgegner verwendete Altersverifikationssystem "über 18.de" für wettbewerbswidrig gem. den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV.
Der JMStV stellt als Vorschrift zum Schutze der Jugend eine Marktverhaltesregelung im Interesse der Marktbeteiligten, d.h. der Verbraucher dar (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 Rz. 11.180). Ihm kommt damit auch Schutzfunktion zugunsten des Wettbewerbs zu. Entgegen der Auffassung der Berufung verstößt das vom Antragsgegner verwendete Altersverifikationssystem "über 18.de" gegen § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV, da es den gesetzlichen Anforderungen der Sicherstellung des ausschließlichen Erwachsenenzugang im Sinne dieser Vorschrift nicht entspricht. Die in diesem Zusammenhang von der Berufung zitierte Entscheidung des LG Düsseldorf vom 28.7.2004 hält der Senat für verfehlt. Zum einen betrifft der der dortigen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt nicht Anbieter pornographischer Inhalte im Internet, sondern Vertreiber von Altersverifikationssystemen und damit eine vom vorliegenden Streitgegenstand abweichende Fallgestaltung. Zum anderen verkennt das LG Düsseldorf, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Zulassung pornografischer Angebote im Internet mit dem Erfordernis der geschlossenen Benutzergruppe gerade keinen Freiraum gelassen hat. Gewährleistet wird die geschlossene Benutzergruppe sowohl nach Rechtsprechung (KG v. 26.4.2004 - 1 Ss 436/03, MMR 2004, 478 ff.; OLG Düsseldorf v. 17.2.2004 - III-5 Ss 143/03-50/03, CR 2004, 456, m. Anm. Gercke = MMR 2004, 409 ff.; BGH v. 10.6.1989 - 1 StR 41/86, MDR 1986, 948 = NJW 1987, 449 f.) als auch Literatur (Döring, MMR 2004, 231; Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 184 Rz. 15; Liesching, MMR 2004, 766, m.w.N.) durch technische ...