Entscheidungsstichwort (Thema)
Materielle Einwendungen gegen die Wirksamkeit einer Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung
Leitsatz (amtlich)
Im Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung muss das Gericht dem pauschalen Einwand des Versicherungsnehmers, dem Treuhänder seien die erforderlichen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt worden, nicht nachgehen.
Normenkette
KVAV § 17; VAG § 155; VVG § 203
Verfahrensgang
LG Regensburg (Urteil vom 30.09.2022; Aktenzeichen 33 O 174/22) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 30.09.2022, Az. 33 O 174/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer Beitragsanpassungen im Rahmen einer privaten Krankenversicherung, die der Kläger bei der Beklagten unterhält.
In erster Instanz waren zuletzt die jeweils zum 1. Januar 2018, 2019 und 2020 im Tarif "C. ..." erfolgten Beitragsanpassungen Gegenstand des Rechtsstreits, aus deren behaupteter Unwirksamkeit der Kläger die Erstattung von 4.224,68 EUR verlangt hat.
Das Landgericht hat diese Klage ohne Beweisaufnahme vollständig abgewiesen. Es hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die angegriffenen Beitragsanpassungen formell und materiell wirksam gewesen seien.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge inhaltlich unverändert weiterverfolgt (einschließlich Feststellungsbegehren betr. Unwirksamkeit von Prämienanpassungen und Verpflichtung zur Nutzungsherausgabe).
II. Der Senat ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die in erster Instanz festgestellten Tatsachen gebunden. Durchgreifende und entscheidungserhebliche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen ergeben sich nicht. Die maßgeblichen Tatsachen rechtfertigen keine von der des Landgerichts abweichende Entscheidung und dessen Entscheidung beruht auch nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht die Feststellungs- und Leistungsklage insgesamt abgewiesen. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.
Es wird zunächst Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Urteils, die den Senat überzeugen.
Ergänzend ist zur kurzen Begründung der Bestätigung der angefochtenen Entscheidung (vgl. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) im Hinblick auf die Berufungsbegründung vom 25.10.2022 noch auszuführen:
1. Die inhaltlichen Anforderungen an die gemäß § 203 Abs. 5 VVG erforderliche Begründung der Beitragserhöhung sind inzwischen weitgehend höchstrichterlich geklärt (vgl. insbesondere BGH, Urteile vom 16.12.2020 - IV ZR 294/19, NJW 2021, 378 und vom 21.07.2021 - IV ZR 191/20, NJW-RR 2021, 1260). Danach ist die Angabe der Rechnungsgrundlage erforderlich, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Anzugeben ist auch, dass die Veränderung den maßgeblichen Schwellenwert überschritten hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe und Richtung sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben. Insgesamt dient das Begründungserfordernis nicht der Plausibilitätskontrolle durch den Versicherungsnehmer. Im Übrigen genügt es, wenn sich die erforderliche Begründung aus einer Zusammenschau aller dem Versicherungsnehmer übersandten Unterlagen ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2022 - IV ZR 337/20, NJW-RR 2022, 606 Rn. 31; OLG Dresden, BeckRS 2022, 4631).
Ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden.
Der Senat ist - insbesondere auch im Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 09.02.2022 (IV ZR 337/20, juris Rn. 27-31) - in Übereinstimmung mit dem Erstgericht der Auffassung, dass im Streitfall den gesetzlichen Erfordernissen - in ihrer differenzierenden Auslegung durch aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung - Genüge getan ist (vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 23.06.2022 - 20 U 128/22, BeckRS 2022, 15948) und die im vorliegenden Berufungsverfahren zur Überprüfung gestellten Beitragsanpassungen - soweit (noch) entscheidungserheblich - rechtswirksam sind.
Auf die entsprechenden - sachlich und rechtlich zutreffenden - Ausführungen in der Berufungserwiderung (vgl. dort S. 3-11, jeweils mit eingescannten Nachtragsversicherungsscheinen) wird zur Ve...