Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob die Verfolgung eines Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt im Wege der isolierten Klage mutwillig ist, wenn der Anspruch auch als Folgesache im Scheidungsverbund hätte geltend gemacht werden können.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Neustadt a.d. Aisch (Aktenzeichen 1 F 459/02) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG – FamG – Neustadt a.d. Aisch vom 11.9.2002 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin an das AG – FamG – Neustadt a.d. Aisch zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Parteien waren verheiratet und sind durch Urteil des AG – FamG – Neustadt a.d. Aisch vom 10.7.2002 geschieden.
In notariellen Eheverträgen vom 15.11.1993 und 24.11.1993 hatten sie u.a. auch Vereinbarungen zum nachehelichen Unterhalt getroffen.
Zwischen ihnen fanden im Zusammenhang mit der Scheidung außergerichtliche Verhandlungen über den nachehelichen Unterhaltsanspruch der Antragstellerin statt. Zuletzt bot der Antragsgegner mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 5.8.2002 der Antragstellerin die Zahlung eines monatlichen Unterhaltes von 150 Euro bis 31.3.2003 an, wenn für die Zeit danach beiderseits auf Unterhalt verzichtet werde.
Mit am 13.8.2002 eingereichten Schriftsatz vom 12.8.2002 hat die Antragstellerin
- vom Antragsgegner die Zahlung eines nachehelichen Unterhaltes i.H.v. monatlich 513 Euro ab 1.8.2002 verlangt,
- beantragt, ihr für das Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Mit Beschluss vom 11.9.2002 hat das AG den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.
Die Entscheidung ist damit begründet, dass im vorliegenden Fall ohne anerkennenswerte Gründe der nacheheliche Unterhalt nicht als Folgesache im Scheidungsverfahren geltend gemacht worden und die nunmehr erhobene isolierte Klage deshalb mutwillig sei.
Gegen diesen ihr am 13.9.2002 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 19.9.2002 eingegangenem Schriftsatz vom 18.9.2002 Beschwerde eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe weiterverfolgt.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerde ist zulässig. In der Sache führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, weil die Versagung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung, die Rechtsverfolgung der Antragstellerin sei mutwillig, nicht gerechtfertigt ist.
1. Die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung (§ 114 ZPO) zu versagen ist, wenn ein Ehegatte nachehelichen Unterhalt nach der Scheidung im Wege einer isolierten Klage verlangt, obwohl er seine Ansprüche auch im Scheidungsverfahren als Folgesache hätte geltend machen können, ist in der Rspr. und Lit. umstritten (vgl. etwa Nachweise bei Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 623 Rz. 24 und 24a; Kalthoener/Büttner/Wrobel/Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Aufl., S. 182).
Die – dem angefochtenen Beschluss des AG zugrunde liegende – Auffassung, dass eine Rechtsverfolgung außerhalb des Verbundes nur dann nicht mutwillig i.S.d. § 114 ZPO sei, wenn für sie anerkennenswerte Gründe vorliegen, ist vor allem darauf gestützt, dass im Fall einer isolierten Klage – im Verhältnis zur Geltendmachung des Unterhaltes im Verbund – höhere gerichtliche und außergerichtliche Kosten anfallen.
Dem lässt sich entgegenhalten, dass
- eine Rechtsverfolgung im Allgemeinen dann als mutwillig angesehen wird, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. etwa Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 114 Rz. 30),
- damit also auf die Sicht und das Interesse der jeweiligen Partei abgestellt wird und
- diese bei der Verfolgung ihrer Ansprüche im Verbund sich kostenmäßig keineswegs besser stellen muss als bei der Erhebung einer isolierten Klage.
Denn während die Partei bei Letzterer im Fall des – nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch unter dem Aspekt einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage wahrscheinlichen – Obsiegens davon ausgehen kann, dass der Gegner gem. § 91 ZPO die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen hat, muss sie bei der Geltendmachung im Verbund damit rechnen, dass auch im Fall des vollen Erfolges ihres Antrages auf nachehelichen Unterhalt die durch die Folgesache verursachten (Mehr-)Kosten gem. § 93a Abs. 1 S. 1 ZPO gegeneinander aufgehoben werden. Eine Sicherheit dahin gehend, dass das Gericht in diesem Fall von der Ausnahmeregelung des § 93a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO Gebrauch machen wird, besteht für die Partei nicht.
Da sich damit nicht feststellen lässt, dass eine Geltendmachung des Unterhaltes im Wege der Folgesache für einen Kläger letztlich billiger ist, spricht vieles dafür, dass dem Kläger im isolierten Verfahren Prozesskostenhilfe grundsätzlich nicht wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung verwehrt werden kann (so etwa auch Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 623 Rz. 24a).
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