Leitsatz (amtlich)
1.
Die anwaltliche Revisionsbegründung im Strafprozess muss mit einem Namenszug unterzeichnet sein, der zwar nicht in jedem Fall lesbar zu sein braucht. Er muss aber wenigstens andeutungsweise Buchstaben erkennen lassen und einen individuellen und einmaligen Charakter aufweisen, der die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnet und somit die Nachahmung durch einen beliebigen Dritten zumindest erschwert.
2.
Eine Revisionsbegründung, die ein Rechtsanwalt mit einer von unten links nach oben rechts verlaufenden, wellenförmigen Linie unterschreibt, an deren oberen Ende sich ein Punkt befindet, genügt nicht den an eine Unterzeichnung nach § 345 Abs. 2 StPO zu stellenden Anforderungen.
3.
Unzumutbare oder unerfüllbare Anforderungen an die bei der Revisionsbegründung einzuhaltenden Förmlichkeiten werden durch diese Auslegung des § 345 Abs. 2 StPO nicht aufgestellt.
Tenor
Gründe
I.
Das Amtsgericht C hat den Angeklagten am 18.7.2006 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 35,- Euro verurteilt.
Nach den Feststellungen hat der Angeklagte am 18.3.2006 gegen 1.00 Uhr in der Diskothek "..." in P in angetrunkenem Zustand den Geschädigten ... am Hals gewürgt und diesen - nachdem jener aufgrund des Angriffs zu Boden gefallen war - mindestens zweimal mit der Faust in das Gesicht geschlagen.
Der Geschädigte ... ist hierdurch erheblich verletzt worden: Er erlitt eine Nasenbeinfraktur, ein ausgeprägtes suborbitales Hämatom rechts, ein diskretes Hämatom links sowie an der linken Halsseite insgesamt drei ca. 5 cm lange blutunterlaufene Striemen samt einer kleinen Schürfwunde.
Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger des Angeklagten mit am 25.7.2006 eingegangenem Telefax zunächst unbestimmt "Rechtsmittel" eingelegt. Mit am 28.8.2006 bei Gericht eingegangenem Telefax hat er das Rechtmittel als "Revision" bezeichnet und dieses in demselben Schriftsatz begründet.
Die Revisionsbegründung ist am Ende des Textes auf Seite 21 mit einer von unten links nach oben rechts verlaufenden, wellenförmigen Linie versehen, an deren oberen Ende sich ein Punkt befindet. Der Linienverlauf fällt dabei nach einem ca. 1,3 cm langen, flach ansteigenden Aufstrich nahezu senkrecht nach unten ab und wird dann mit einem erneut flach ansteigenden, ebenfalls ca. 1,3 cm langen Aufstrich fortgesetzt. Schräg oberhalb des zweiten Aufstrichs befindet sich in ca. 0,2 cm Entfernung ein Punkt. Unterhalb dieses Gebildes sind in der nachstehenden Reihenfolge direkt untereinander die Worte "..." und "Rechtsanwalt" abgedruckt.
Im Original stellt sich das Gebilde wie folgt dar:
... Rechtsanwalt
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, auf die Revision des Angeklagten das Urteil des Amtsgerichts C vom 18.7.2006 im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts C zurückzuverweisen sowie im Übrigen die Revision als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die gem. §§ 335 Abs. 1, 312 StPO im Grundsatz statthafte Sprungrevision des Angeklagten war wegen eines Verstoßes gegen § 345 Abs. 2 StPO als unzulässig zu verwerfen.
1.
Die Schriftsätze vom 25.7. und 24.8.2006, mit denen der Verteidiger des Angeklagten das Rechtsmittel eingelegt und begründet hat, sind von ihm mit einem Gebilde unterzeichnet worden, das weder einzelne Buchstaben erkennen lässt noch als Ganzes lesbar ist.
a)
Diese Art zu unterschreiben begegnet im Hinblick auf die Einlegung der Revision keinen Bedenken. Für sie verlangt § 341 Abs. 1 StPO nur, dass sie schriftlich zu geschehen hat. Die Schriftform ist bereits dann gewahrt, wenn aus dem Schriftstück in irgendeiner, jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich ist, von wem es herrührt (BGHSt 12, 317; Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. Einl. Rn. 128). Hiervon konnte der Senat aufgrund der von dem Telefaxanschluss des Verteidigers des Angeklagten aus an das Tatgericht übersandten sowie mit dessen Kanzleibriefkopf versehenen Schriftsätze noch ausgehen.
b)
Anders verhält es sich jedoch mit der Revisionsbegründung.
aa)
Für sie reicht die bloße Schriftform nicht aus. Vielmehr ist, sofern die Revisionsbegründung nicht zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt wird, gem. § 345 Abs. 2 StPO eine von dem Verteidiger "unterzeichnete" Begründungsschrift erforderlich. Was unter einer Unterzeichnung in diesem Sinne zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Sprachgebrauch sowie dem Sinn und Zweck der Formvorschrift (BGHSt 12, 317, 318). Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hieraus abgeleiteten Anforderungen lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass die Unterzeichnung in jedem Fall nicht lesbar zu sein braucht; Undeutlichkeiten und Verstümmelungen schaden also grundsätzlich nicht. Allerdings ist zu ver...