Entscheidungsstichwort (Thema)
Internationale Zuständigkeit für eine Schadensersatzanklage nach einer grenzüberschreitenden Kapitalanlage
Leitsatz (amtlich)
1. Erleidet ein Anleger einen Vermögensschaden dadurch, dass sein im Ausland befindliches Anlagekonto durch treuwidriges Verhalten entwertet wird, befindet sich der "Erfolgsort" in dem Staat, in dem sich das Anlagekonto befindet; dass der Anleger sein Vermögen allgemein gemindert sieht, begründet nicht einen weiteren "Erfolgsort" an seinem Lebensmittelpunkt.
2. Wenn - wie beim Betrug - der Schadenseintritt selbst zum Tatbestand der Rechtsgutverletzung gehört, ist Begehungsort der Ort des Schadenseintritts, d.h. der Ort, an dem die Transaktionen zu Lasten des Kontos des Anlegers vorgenommen werden.
3. Bei Geltendmachung eines Gefährdungsschadens auf Grund eines Eingehungsbetruges bestimmt sich die internationale Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 LugÜ/EuGVVO.
Normenkette
LugÜ/EuGVVO Art. 5 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 20.10.2005; Aktenzeichen 10 O 3346/05) |
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 20.10.2005 durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg bietet, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und schließlich weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern.
I. Das LG hat zu Recht eine internationale Zuständigkeit für eine Klage gegen den in der Schweiz wohnhaften Beklagten verneint.
Eine hiesige Zuständigkeit ist - wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig - nur eröffnet, wenn die Voraussetzungen des besonderen Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 des LugÜ (Lugano Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.9.1988) gegeben sind, der nach dem vom EuGH zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ (jetzt: EuGVVO) entwickelten Grundsätzen auszulegen ist.
1. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates hat, in einem anderen Mitgliedsstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte - oder dieser gleichzustellende - Handlung den Gegenstand des Verfahrens bildet, sofern in dem anderen Mitgliedsstaat das schädigende Ereignis eingetreten ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist der in Art. 5 Nr. 3 (LugÜ/EuGVÜ) verwendete Begriff "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" so zu verstehen, dass er sowohl den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist, als auch den Ort des ursächlichen Geschehens meint, so dass der Beklagte nach Wahl des Klägers sowohl am Erfolgsort als auch am Handlungsort verklagt werden kann (EuGH, Urt. v. 10.6.2004 - Rs. C-168/02, i.S. Kronhofer, IPrax 2005, 32, Nr. 16)
2. Erleidet ein Anleger von Geldbeträgen einen Vermögensschaden dadurch, dass sein im Ausland befindliches Anlagekonto - im vorliegenden Fall in der Schweiz - durch treuwidriges Verhalten der Zugriffsberechtigten entwertet wird, befindet sich der "Erfolgsort" in dem Staat, indem sich das Anlagekonto befindet. Dass der Anleger sein Vermögen allgemein gemindert sieht, begründet nicht einen weiteren "Erfolgsort" an seinem Lebensmittelpunkt (OLG Stuttgart v. 6.7.1998 - 5 U 22/98, OLGReport Stuttgart 1998, 363 = NJW-RR 1999, 138; ebenso EuGH, Urt. v. 10.6.2004 - Rs. C-168/02, i.S. Kronhofer, IPrax 2005, 32, Nr. 21).
3. Dementsprechend wendet sich die Berufung der Klägerin auch "nur" dagegen, dass das LG einen Handlungsort im Inland verneint hat. Der Beklagte habe nicht nur veruntreuende Handlungen in der Schweiz begangen, indem er "absprachewidrig" "mit den Geldern der Klägerin höchst riskante Devisentermingeschäfte" ausgeführt habe. Der Beklagte habe auch - in mittelbarer Täterschaft - Täuschungshandlungen am Wohnsitz der Klägerin ausgeführt, indem er dieser durch den Anlagevermittler M. als absichtsloses Werkzeug bei Vertragsschluss falsche Tatsachen vorgespiegelt habe. Der Klägerin sei verschwiegen worden, dass die angelegten Gelder nicht vertragsgemäß verwendet würden, weil der Beklagte als Portfoliomanager hochspekulative Devisentermingeschäfte vorgenommen und - zusammen mit anderen - ein betrügerisch aufgebautes Schneeballsystem betrieben habe; die Gelder seien "gezielt zweckentfremdet und für Verluste der GVP Unternehmensgruppe, Betriebsausgaben und/oder zu persönlichen Zwecken der Angeklagten verbraucht" worden.
a) Selbst wenn man anlässlich der Vermittlungsgespräche eine Täuschungshandlung ggü. der Klägerin bejahen würde, wird damit deren Wohnsitz nicht zum Handlungsort i.S.d. Art. 5 Nr. 3 LugÜ/EuGVÜ.
Wenn nämlich - wie beim Betrug - der Schadenseintritt selbst zum Tatbestand der Rechtsgutverletzung gehört, ist Begehungsort der Ort des Schadenseintritts (BayObLG v. 27.3.2003 - 1Z AR 28/03, MDR 2003, 893 = ZIP 2003, 1863, zu § 32 ZPO, der im Wesentlichen Art. 5 Nr. 3 LugÜ entspricht). Die Schädig...