Leitsatz (amtlich)
Die Zuweisung eines an Hepatitis C erkrankten Gefangenen in eine mehrfach belegte Unterkunft ist trotz medizinischer Unbedenklichkeit ermessensfehlerhaft, wenn die Justizvollzugsanstalt - sofern eine vorrangig zu prüfende Unterbringung mit anderen gleichfalls an Hepatitis C erkrankten Gefangenen nicht in Betracht kommt - unberücksichtigt lässt, welche Auswirkungen von der Zuweisung bei den zwingend zu informierenden Mitgefangenen für die Zellengemeinschaft zu erwarten sind.
Tenor
I.
Auf die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen xxx werden der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Axxx vom 28. Juli 2008 und der Bescheid der Justizvollzugsanstalt Axxx, mit dem diese das Gesuch des Antragstellers auf Verlegung in eine Einzelzelle abgelehnt hat, aufgehoben.
II.
Die Justizvollzugsanstalt Axxx wird verpflichtet, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu verbescheiden.
III.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Antragstellers fallen der Staatskasse zur Last.
IV.
Der Beschwerdewert wird auf 1.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Strafgefangener in der Justizvollzugsanstalt Axxx, wo er - nach Verlegung aus der Justizvollzugsanstalt Nxxx - seit 9.4.2008 aufgrund eines Urteils des Landgerichts Nxxx vom 13.11.2007 eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verbüßt. In der Justizvollzugsanstalt Axxx wurde er gleich nach der Ankunft in einem Gemeinschaftsraum untergebracht, der über eine separate Toilette mit selbständigem Abzug verfügt und mit 8 Gefangenen belegt werden kann, aktuell jedoch mit nur 7 Gefangenen belegt wird.
Bei der Zugangskonferenz begehrte der Antragsteller unter Hinweis auf seine Erkrankung wegen Hepatitis C und eine Anweisung des Anstaltsarztes der Justizvollzugsanstalt Nxxx die Zuweisung eines Einzelhaftraumes. Die begehrte Einzelunterbringung wurde seitens der Justizvollzugsanstalt abgelehnt.
Mit Schreiben vom 18.4. und 6.6.2008 stellte der Antragsteller wegen der nach wie vor von ihm gewünschten Unterbringung in einem Einzelhaftraum Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Er begründete seinen Antrag damit, dass seine Erkrankung an Hepatitis C eine Ansteckungsgefahr für die Mitgefangenen zur Folge habe und deshalb seine Saalunterbringung rechtswidrig sei.
In ihrer Stellungnahme vom 30.6.2007 führte die Justizvollzugsanstalt Axxx aus, dass die Anstalt seit Jahren teilweise erheblich überbelegt und deshalb die gemeinschaftliche Unterbringung einer Vielzahl von Gefangenen erforderlich sei. Zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie zur Vermeidung von Unzuträglichkeiten zwischen den Gefangenen werde eine gerechte Lösung des Problems in der Führung einer Warteliste gesehen, auf die auch der Antragsteller am 11.4.2008 gesetzt worden sei. Bei der Frage der Zuweisung eines Einzelhaftraumes seien neben den gesetzlichen Vorgaben, wie z.B. der Trennung von Untersuchungs- und Strafgefangenen, gesundheitliche Aspekte - vor allem auch, ob es sich um Raucher oder Nichtraucher handele -, das innervollzugliche Verhalten der Strafgefangenen, ihre persönlichen Störungen bzw. psychischen Auffälligkeiten, ihre Tätigkeiten als Arbeiter, Schüler oder Nichtarbeiter und im Einzelfall auch ihre Lebensgewohnheiten sowie kultur- und sprachbedingte Besonderheiten zu berücksichtigen. Aus ärztlicher Sicht sei das Vorliegen einer Hepatitis-C-Erkrankung, die im Übrigen bei weiteren ca. 120 Gefangenen der JVA Axxx vorliege, in der Regel kein zwingender Grund für eine Einzelunterbringung. Auch beim Antragsteller sei kein Grund ersichtlich, ihn gegenüber den Mitgefangenen bei der Zuweisung eines Einzelhaftraumes zu bevorzugen. Die Notwendigkeit der Einzelunterbringung des Antragstellers sei bei der ärztlichen Zugangsuntersuchung geprüft und ärztlicherseits verneint worden, da außer bei Blutkontakt oder Geschlechtsverkehr bei Hepatitis C eine Ansteckungsgefahr - worüber der Antragsteller auch belehrt worden wäre - nicht gegeben sei. Die Ablehnung der Zuweisung eines Einzelhaftraums und der Verweis des Antragstellers auf die Warteliste seien, vor allem unter den Gesichtspunkten der Dauer der Freiheitsentziehung und der Gleichbehandlung der Gefangenen als Kriterien für das Auswahlermessen, nicht ermessensfehlerhaft.
Mit Beschluss vom 28.7.2008 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Axxx den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Gemäß Art. 20 Abs. 2 BayStVollzG sei auch ohne Zustimmung des Gefangenen eine gemeinsame Unterbringung zulässig, wenn die räumlichen Verhältnisse dies erforderten. Auf Grund von Überbelegungen sei dies in der Justizvollzugsanstalt Amberg der Fall. Die Justizvollzugsanstalt habe insoweit das ihr eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Die Führung einer Warteliste für Neuzugänge, auf die der Antragsteller bereits zwei Tage nach Ankunft in der Justizvollzugsanstalt Axxx gesetzt worden sei, sei nicht zu beanstanden. Sonstige ermessensfehlerhafte Überlegungen de...