Leitsatz (amtlich)

1. Der erste Bürgermeister kann nicht zur uneingeschränkten Übertragung seiner organschaftlichen Vertretungsbefugnis ermächtigt werden. Soweit Art. 39 Abs. 2, 2. Halbsatz BayGO bestimmt, dass eine Übertragung seiner organschaftlichen Vertretung auf einen Bediensteten bei Zustimmung des Gemeinderates möglich ist, erfordert dies eine Beschränkung auf eine bestimmte, namentlich zu bezeichnende Person.

2. Der erste Bürgermeister kann die ihm auf Grund seiner Organstellung zukommende Entscheidungskompetenz - originär gemäß Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 BayGO, als Folge der Aufgabe zur Beschlussvollziehung gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayGO oder kraft Übertragung gemäß Art. 37 Abs. 2 BayGO - jedenfalls nicht unabhängig von den Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 2 BayGO auf Dritte übertragen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Schwabach vom 05.06.2018 aufgehoben, soweit mit ihr die Vorlage eines Beschlusses des Hauptausschusses der Stadt zur Genehmigung der Urkunde vom 18.12.2017 verlangt wird.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin, eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in S., ist als Eigentümerin des Grundstücks mit der Flurnummer xxx/xx im Grundbuch des Amtsgerichts Schwabach von Schwabach auf Blatt xxxx eingetragen. Sie wird gemäß § 5 Abs. 1 ihrer Satzung vom 08.09.2011 von den Organen der Stadt verwaltet und vertreten.

Am 18.12.2017 wurde ein notarieller Grundstückskaufvertrag über die vorgenannte Immobilie abgeschlossen. Als Kaufpreis wurden 96.030 EUR vereinbart. Die Auflassung wurde erklärt und die Eintragung des Eigentumsübergangs in das Grundbuch bewilligt. Für die Beschwerdeführerin als Veräußerin handelte dabei eine Bedienstete der Stadt, und zwar unter Vorlage des Originals einer vom Oberbürgermeister der Stadt unterschriebenen Vollmacht vom 02.02.2017. In dieser wird die handelnde Bedienstete - neben anderen Mitarbeitern der Stadt - unter anderem zur "Veräußerung von Grundstücken" ermächtigt, "wenn (...) der Wert der Verfügung unter 100.000 EUR liegt". Mit Schreiben vom 24.01.2018 beantragte der Urkundsnotar beim Amtsgericht - Grundbuchamt - Schwabach die Eintragung der Auflassung.

Am 05.06.2018 erließ das Grundbuchamt eine Zwischenverfügung. Unter Verweis auf die Bayerische Gemeindeordnung (BayGO) sowie die Geschäftsordnung der Stadt (im Folgenden kurz auch: Geschäftsordnung) vertrat es die Auffassung, dass der Oberbürgermeister nicht ohne Beschluss des Hauptausschusses der Stadt für die Beschwerdeführerin handeln könne und demgemäß auch nicht die von ihm Bevollmächtigte. Gestützt darauf verlangte das Grundbuchamt, einen "Beschluss des Hauptausschusses zur Genehmigung der Urkunde vom 18.12.2017 (...) vorzulegen". Zusätzlich forderte es - unter Verweis auf Art. 75 BayGO - "eine Vollwertigkeitsbescheinigung des Oberbürgermeisters". "Zur Behebung der Eintragungshindernisse" setzt das Grundbuchamt der Beschwerdeführerin eine Frist.

Gegen diese Zwischenverfügung wandte sich die Beschwerdeführerin - vertreten durch die Stadt, diese vertreten durch den Stadtkämmerer - mit Schreiben vom 26.07.2018. Sie vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem Grundstückverkauf - bezogen auf die Stadt - um eine laufende Angelegenheit handele und die Geschäftsordnung den Oberbürgermeister zu entsprechenden Geschäften bei Grundstückswerten von unter 100.000 EUR ermächtige. Da die Vertretungsbefugnis des Oberbürgermeisters gegeben sei, sei auch die gemäß § 27 Abs. 2 Geschäftsordnung erteilte Vertretungsvollmacht für einzelne Mitarbeiter rechtmäßig. Im Übrigen legte die Beschwerdeführerin eine gesiegelte und vom Stadtkämmerer unterzeichnete Vollwertigkeitsbescheinigung vom 26.07.2018 vor.

Am 04.09.2018 entschied das Grundbuchamt, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

II. 1. Das gegen die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO gerichtete Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO, § 10 Abs. 2 Nr. 1 FamFG). Die Beschwerde richtet sich allerdings lediglich dagegen, dass das Grundbuchamt verlangt, "ein[en] Beschluss des Hauptausschusses zur Genehmigung der Urkunde vom 18.12.2017 (...) vorzulegen". Indem die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 26.07.2018 in der Auffassung, den Anforderungen des Grundbuchamts insofern zu genügen, eine Vollwertigkeitsbescheinigung übermittelt hat, hat sie zum Ausdruck gebracht, die Zwischenverfügung insoweit zu akzeptieren.

Der Senat hat dabei nur das mit der Beschwerde angegriffene Eintragungshindernis nachzuprüfen (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 77 Rn. 15). Insofern kann dahingestellt bleiben, ob es im Hinblick auf Art. 75 Abs. 2 Satz 1 BayGO auch dann einer Vollwertigkeitsbescheinigung bedarf, wenn - wie im vorliegenden Fall einer rechtsfähigen öffentlichen Stiftung des öffentlichen Rechts - das Gemeindevermögen nicht unmittelbar betroffen ist. Es ist auch nicht zu entscheiden, ob sich Entsprechendes aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayStG ergibt. Da die vo...

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