Leitsatz (amtlich)

Der für Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren maßgebliche Streitwert richtet sich auch dann nach dem in der Klageschrift enthaltenen Antrag, wenn dieser nicht zugestellt, sondern das Verfahren in einem Termin zur Erörterung des mit der Klage gestellten Antrags auf Prozesskostenhilfe durch Vergleich erledigt wird.

 

Normenkette

BRAGO § 9; GVG § 12

 

Verfahrensgang

AG Neustadt an der Weinstraße (Aktenzeichen 2 F 568/02)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Rechtsanwalts K. wird der Streitwertbeschluss des AG - FamG - Neustadt a.d. Aisch vom 3.2.2003 abgeändert.

II. Der Streitwert für das Verfahren und den im Termin vom 28.1.2003 abgeschlossenen Vergleich wird auf 4.389 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit einem am 11.10.2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 10.10.2002 hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, zu ihren Händen.

  • – für die Kinder M., S. und S. ab 1.11.2002 monatlich über den nach dem Unterhaltsvorschussgesetz jeweils gezahlten Betrag von 151 Euro hinaus je weitere 77 Euro sowie
  • – für alle drei Kinder zusammen einen Unterhaltsrückstand von 1.617 Euro zu bezahlen.

Mit Schriftsatz vom 10.10.2002, ebenfalls eingegangen am Tag darauf, hat die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die genannte Klage beantragt.

Das AG hat die – nicht von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachte – Klage nicht sofort zugestellt, sondern zunächst einen Termin zur Erörterung des Antrages auf Prozesskostenhilfe bestimmt. In diesem Termin hat das AG zunächst den Parteien jeweils Prozesskostenhilfe ohne Raten unter Beiordnung der beiderseitigen Prozessbevollmächtigten zum Abschluss eines Vergleiches bewilligt. Im Anschluss daran haben die Parteien einen Vergleich abgeschlossen, in dem

1. der Beklagte sich verpflichtet hat, rückständigen Kindesunterhalt i.H.v. 405 Euro zu bezahlen;

2. die Klägerin erklärt hat, dass weitere Rückstände nicht geltend gemacht werden und der Prozesskostenhilfeantrag i.Ü. nicht aufrechterhalten bleibt.

Mit Beschluss vom 3.2.2003 hat das AG den Streitwert auf 405 Euro festgesetzt.

Gegen diesen ihm am 5.2.2003 zugestellten Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, Rechtsanwalt K., mit am 18.2.2003 eingegangenen Schriftsatz vom 17.2.2003 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 4.389 Euro festzusetzen.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die gem. §§ 25 Abs. 3 GKG, 9 Abs. 2 BRAGO zulässige Beschwerde des Rechtsanwalts K. hat auch in der Sache Erfolg.

1. Zwar hat das AG in seinem Nichtabhilfebeschluss zu Recht ausgeführt, dass der im Schriftsatz vom 10.10.2002 enthaltene Klageantrag mangels Zustellung der Klage nicht rechtshängig geworden ist.

Für die Bestimmung des für die Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren maßgeblichen Streitwertes ist jedoch auf den durch die Einreichung des Schriftsatzes vom 10.10.2002 bei Gericht jedenfalls anhängig gemachten Streitgegenstand abzustellen (vgl. so bereits OLG Nürnberg, Beschl. v. 5.12.2000 – 7 WF 4161/00).

Für den nach § 25 Abs. 2 GKG zu bestimmenden Streitwert als Maßstab für eventuelle Gerichtsgebühren ist das daraus abzuleiten, dass diese nach § 61 GKG – unabhängig von der Rechtshängigkeit (vgl. OLG München v. 14.8.1996 – 11 W 1689/96, MDR 1996, 1075 = OLGReport München 1997, 143) – bereits mit der Einreichung der Klage fällig werden und daraus zu entnehmen ist, dass bei Unterbleiben einer Zustellung der Klage auch der für die Bemessung des Streitwertes maßgebliche Streitgegenstand nach der eingereichten Klageschrift zu ermitteln ist.

Auch für die Prozessgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) und eine eventuell angefallene Erörterungsgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO) ist auf den anhängig gemachten Streitgegenstand unabhängig davon, ob dieser auch rechtshängig geworden ist, abzustellen (vgl. etwa OLG Köln v. 13.11.1996 – 26 WF 137/96, MDR 1997, 299 = OLGReport Köln 1997, 71; KG v. 7.6.1988 – 1 WF 1551/88, MDR 1988, 1067). Dasselbe gilt für eine eventuelle Vergleichsgebühr, für die in § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO ausdrücklich auf die Anhängigkeit eines gerichtlichen Verfahrens abgestellt wird.

2. Maßgeblich für die Bestimmung des Streitwertes ist daher der im Schriftsatz vom 10.10.2002 zur Hauptsache gestellte Klageantrag. Aus diesem ergibt sich gem. § 17 Abs. 1, 4 GKG der mit der Beschwerde geltend gemachte Streitwert von (77 Euro × 3 × 12 =) 2.772 Euro + 1.617 Euro (Rückstand) = 4.389 Euro.

Damit war die Streitwertentscheidung des AG entspr. abzuändern.

3. Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, weil das Verfahren über die Beschwerde gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (§ 25 Abs. 4 GKG).

Riegner

RiOLG

 

Fundstellen

Haufe-Index 1108439

AnwBl 2003, 597

EzFamR aktuell 2003, 271

MDR 2003, 835

BRAGO prof. 2003, 164

OLGR-MBN 2003, 282

www.judicialis.de 2003

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