Leitsatz (amtlich)
1. Anträge nach § 1361b BGB und § 1 GewSchG können in einem Verfahren verhandelt und entschieden werden.
2. Hat das Ausgangsgericht einen Antrag gemäß § 1361b BGB nach § 2 GewSchG entschieden, wendet das Beschwerdegericht die durch den Sachverhalt gedeckten Normen zum Erreichen des Anspruchsziels an. In Ehewohnungssachen ist dabei das Schlechterstellungsgebot zu beachten.
Normenkette
BGB § 1361b; GewSchG §§ 1-2
Verfahrensgang
AG Hersbruck (Aktenzeichen 02 F 58/21) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 07.03.2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hersbruck vom 02.03.2021 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Zuweisung der Wohnung gemäß Ziffer 2 längstens für die Dauer des Getrenntlebens erfolgt.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist die Nutzung der Ehewohnung sowie Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz.
Die seit 1995 miteinander verheirateten Beteiligten lebten seit August 2019 in der ihnen jeweils hälftig gehörenden Doppelhaushälfte ... in ... getrennt.
Das Getrenntleben der Ehegatten in der gemeinsamen Immobilie gestaltete sich zunehmend spannungsreicher. Am 16.01.2021 kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Während der Antragsteller sich in der Dusche befand, griff ihn die Antragsgegnerin an und schlug ihm ins Gesicht.
Der Antragsteller hat vorgetragen, dass es auch zu weiteren tätlichen Übergriffen in der Vergangenheit gekommen sei. So habe ihm die Antragsgegnerin am 22.12.2020 ins Gesicht geschlagen, als er gerade beim Essen saß.
Mit Schriftsatz vom 22.01.2021 hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne mündliche Verhandlung auf Zuweisung der gemeinsamen Immobilie für die Dauer des Getrenntlebens zur alleinigen Nutzung sowie auf Erlass weiterer Schutzanordnungen beantragt. Im Einzelnen wird dazu auf den Schriftsatz vom 22.01.2021 sowie die nachgereichte eidesstattliche Versicherung des Antragstellers Bezug genommen. Der Schriftsatz ist im Rubrum bezeichnet mit "(...) wegen Gewaltschutz, Ehewohnung".
Mit Schriftsatz vom 21.01.2021 hat die Antragsgegnerin Abweisung des Antrages beantragt.
Sie hat vorgetragen und an Eides statt versichert, dass die Wohnsituation zwischenzeitlich unerträglich sei, da der Antragsteller sie fortwährend provoziere, beleidige und bedrohe. Insbesondere habe er damit gedroht, sie die Treppe hinunterzustoßen.
Mit Beschluss vom 01.02.2021 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Hersbruck den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, den es ausweislich des Rubrums des Beschlusses als Antrag nach §§ 1 und 2 GewSchG behandelt hat, zunächst ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen, da die wechselseitig erhobenen Vorwürfe im Rahmen des Verfahrens der einstweiligen Anordnung nicht ausreichend klär bar seien.
Auf Antrag des Antragstellers hat das Amtsgericht hat am 01.03.2021 mit den Beteiligten mündlich zur Sache verhandelt.
Der Antragsteller hat im Rahmen des Termins ausgeführt, schon öfters von der Antragsgegnerin geohrfeigt worden zu sein. Diese spucke ihn auch an und habe ihn bereits mit Kaffeesatz und Knoblauchöl begossen. Er gehe davon aus, dass die Antragsgegnerin psychische Probleme habe.
Die Antragsgegnerin hat erklärt, dass sie vom Antragsteller psychisch fertig gemacht werde. Es sei richtig, dass sie dem Antragsteller eine Ohrfeige verpasst habe, sonst nichts. Der Antragsteller übe psychische Gewalt aus.
Mit Beschluss vom 02.03.2021 hat das Amtsgericht den vorangegangenen Beschluss vom 01.02.2021 aufgehoben (Ziff. 1 des Beschlusses) und im Wege der einstweiligen Anordnung die gemeinsam genutzte Wohnung der Beteiligten dem Antragsteller gemäß § 2 GewSchG zur alleinigen Benutzung, befristet bis zum 02.09.2021 zugewiesen (Ziff. 2 des Beschlusses).
Es hat die Antragsgegnerin verpflichtet, die Wohnung bis spätestens 31.03.2021 zu räumen und an den Antragsteller herauszugeben.
Darüber hinaus hat es ein bis zum 02.09.2021 befristetes Kontaktverbot gem. § 1 GewSchG gegen die Antragsgegnerin erlassen. Im Einzelnen wird dazu auf Ziff. 3.1-3.6 des Beschlusses Bezug genommen.
Unter Ziff. 4 hat das Amtsgericht die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses angeordnet.
Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begründet sei. Die Antragsgegnerin habe eingeräumt, den Antragsteller geschlagen zu haben. Zudem habe der Antragsteller glaubhaft weitere Übergriffe der Antragsgegnerin geschildert. Auch aufgrund des persönlichen Eindrucks von der Antragsgegnerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung müsse künftig mit weiteren Übergriffen gerechnet werden.
Gegen diesen, ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 03.03.2021 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 07.03.2021 eingegangenen Beschwerde.
Die Antragsgegnerin trägt darin vor, dass der Zwischenfall im Bad in der Ehewohnung am 16.01.2021 ein einmaliger Vorfall gewesen s...