Leitsatz (amtlich)
1. Nach der Übergangsregelung des Art. 111 Abs. 1 FGG-RG ist das bis zum 31.8.2009 geltende Verfahrensrecht auch auf das Rechtsmittelverfahren anzuwenden, wenn das erstinstanzliche Verfahren noch unter der Geltung des bisherigen Rechts eingeleitet worden ist. Die Einfügung des Art. 111 Abs. 2 FGG-RG gibt keine Veranlassung von diesem Grundsatz abzurücken.
2. Wiedereinsetzung von Amts wegen kann nur gewährt werden, wenn die sie rechtfertigenden Tatsachen akten- bzw. offenkundig sind oder innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO dargelegt wurden.
Normenkette
FGG-RG Art. 111 Abs. 1-2; ZPO § 236 Abs. 2 S. 2 Hs. 2, § 234 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Urteil vom 15.10.2009; Aktenzeichen 105 F1568/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des AG - Famiiiengericht - Nürnberg vom 15.10.2009 - 105 F 1421/09, wird als unzulässig verworfen.
2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungseinlegungsfrist wird dem Kläger nicht gewährt.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird insgesamt auf 6.918 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien sind die Eltern der minderjährigen Kinder ..., geboren am 5.6.2001, und ... geboren am 19.5.2005. Da die Eltern seit Juni 2008 getrennt leben, verpflichtete sich der Kläger in den Jugendamtsurkunden vom 17.7.2008, für beide Kinder ab Juni. 2008 jeweils 61,2 % des jeweiligen^ Mindestunterhaltes abzgl. des hälftigen Kindergeldes zu bezahlen. Im vorliegenden Verfahren, das mit am 22.1.2009 beim AG Nürnberg eingegangenen Prozesskostenhilfeantrag vom 19.1.2009 eingeleitet worden ist, verfolgt der Kläger das Ziel einer Aufhebung dieser Verpflichtung ab Januar 2009 und der Abweisung der auf eine Erhöhung auf 100 % des Mindestunterhaltes ab Juni 2008 gerichteten Widerklage. Mit Endurteil vom 15.10.2009 hat das AG Nürnberg die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.
Gegen dieses Endurteil, das der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19.10.2009 zugestellt wurde, legte diese im Namen des Klägers mit an das AG Nürnberg adressierten Schriftsatz vom 18.11.2009 "Beschwerde ein. Dieser Schriftsatz ging vorab als Telefax am 19.11.2009 um 16.41 Uhr beim AG Nürnberg ein und wurde aufgrund der richterlichen Verfügung vom 20.11.2009 an das OLG Nürnberg weitergeleitet, wo er am 24.11.2009 einging.
Mit Verfügung vom 1.12.2009, die der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 8.12.2009 zugestellt wurde, wies der Senat auf die verspätete Rechtsmitteleinlegung hin und räumte der Klagepartei eine Frist zur Stellungnahme bis 17.12.2009 ein, die mit Verfügung vom 18.12.2009 antragsgemäß bis 30 Dezember 2009 verlängert wurde.
Im fristgerecht eingegangenen Schriftsatz vom 29.12.2009 vertritt die Prozessbevollmächtigte des Klägers den Standpunkt, dass auf das Rechtsmittelverfahren neues Recht, also das Gesetz Ober das Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) und nicht die bis zum 31.8.2009 gültige Zivilprozessordnung anzuwenden sei. Gemäß § 64 FamFG sei demzufolge das Rechtsmittel beim AG Nürnberg einzulegen gewesen, so dass die Rechtsmitteieinlegungsfrist eingehalten sei.
II. Das von der Klagepartei eingelegte Rechtsmittel ist zu verwerfen, da dieses nicht innerhalb der einmonatigen Berufungseinlegungsfrist beim OLG eingegangen ist (§ 522. Abs. 1 ZPO).
1. Gegen Entscheidungen in isolierten Unterhaltsrechtsstreitigkeiten gem. § 621 Abs. 1 Nr. 4 ZPOi ... 31.8. 2009 gültigen Fassung (ZPO a.F.) findet, da in §§ 621a, 621e ZPO a.F. nichts anderes bestimmt ist, das Rechtsmittel der Berufung statt. Diese ist binnen eines Monats ab Zustellung des Endurteils beim Berufungsgericht einzulegen (§ 517, 519 Abs. 1 ZPO). Da das Endurteil der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19.10.2009 zugestellt worden ist, endete die Berufungseinlegungsfrist mit Ablauf des 19.11.2009. Das am 24.11.2009 beim OLG eingegangene Rechtsmittel ist somit verspätet.
Durch den Eingang des Rechtsmittels am 19.11.2009 beim AG konnte die Frist nicht gewahrt werden. Zwar ist in § 64 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) im Gegensatz zu § 519 Abs. 1 ZPO vorgesehen, dass das gegen erstinstanzliche Entscheidungen statthafte Rechtsmittel bei dem Gericht einzulegen ist, das den Beschluss, der angefochten werden soll, erlassen hat. Diese Vorschrift kommt hier jedoch nicht zur Anwendung, da sich im vorliegenden Fall das Verfahren nach der Zivilprozessordnung in der bis 31.8.2009 gültigen Fassung (ZPO a.F.) und nicht nach dem am 1.9.2009 in Kraft getretene Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) richtet. Dies ergibt sich aus der in Art. 111 FGG-RG normierten Überleitungsvorschrift. Hiernach sind auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfa...