Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Abänderung einer vor dem 01.07.1998 erfolgten Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge, wenn der betreuende Elternteil mit dem Kind in die USA auswandern will.
Normenkette
BGB §§ 1671, 1696, 1684
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 22.11.1999; Aktenzeichen 108 F 3173/99) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Nürnberg vom 22. November 1999 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahrens beträgt
5.000,– DM.
Tatbestand
I.
Die am 16. Mai 1958 geborene Antragstellerin und der Antragsgegner sind die Eltern des am 30. August 1990 geborenen Kindes V. Die am 24. August 1988 in N., USA, geschlossene Ehe der Eltern wurde mit seit 21. November 1992 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts N. vom 1. Oktober 1992 geschieden. In diesem Urteil wurde die elterliche Sorge für Vanessa, die seit dem Auszug des Antragsgegners aus der Ehewohnung im August 1992 von der Antragstellerin betreut wurde, auf Grund eines entsprechenden übereinstimmenden Vorschlags beiden Eltern belassen.
V. lebte mit Einverständnis des Antragsgegners auch in der Folgezeit bei der Antragstellerin, die das Kind persönlich betreute und versorgte, und besuchte den Antragsgegner zunächst häufig.
Am 5. April 1995 brachte die Antragstellerin den von dem am 10. Februar 1966 geborenen D. H. abstammenden Sohn E. zur Welt.
Im September 1996 wurde V. eingeschult.
Nachdem es etwa seit Oktober 1996 zu Problemen beim Umgang V. … mit ihrem Vater gekommen war – in einer vom Antragsgegner geführten Aufstellung zur „Betreuung von V.” für die Zeit seit dem 1. Oktober 1992 finden sich Eintragungen „V. hat keine Lust” erstmals in der Zeit vom 15. Oktober 1996 bis 27. Januar 1997 – trafen die Eltern unter Assistenz des Jugendamtes am 19. Juni 1997 eine Vereinbarung, in der Besuche V. bei ihrem Vater unter andern
- jeden Dienstag von 12.15 Uhr bis 18.00 Uhr sowie
- wöchentlich im Wechsel von Freitag, 19.00 Uhr, bis Samstag, 19.00 Uhr, und Samstag, 19.00 Uhr, bis Sonntag, 19.00 Uhr,
festgelegt wurden.
Im August 1997 heiratete die Antragstellerin D. H., den Vater ihres Sohnes E.
Ab Mai 1998 traten erneut gehäuft Probleme und Auseinandersetzungen der Eltern hinsichtlich des Umgangs V. mit dem Antragsgegner auf, die sich in der vom Antragsgegner gefertigten Aufstellung in einer Vielzahl von Eintragungen „V. hat keine Lust” ab dem 31. Mai 1998 bis zum 18. August 1998 niederschlugen.
Mit einem Schriftsatz vom 19. August 1998 beantragte der Antragsgegner daraufhin beim Amtsgericht Nürnberg eine Umgangsregelung entsprechend dem oben wiedergegebenen Inhalt der Vereinbarung vom 19. Juni 1997.
In einer in dem sich anschließenden Verfahren 108 F1967/98 eingeholten Stellungnahme vom 19. Oktober 1998 (vgl. Bl. 42 der genannten Akten) teilte der Allgemeine Sozialdienst der Stadt N. u.a. mit, daß V. vehement bei ihrer Weigerung bleibe, den Vater zu sehen.
In der Sitzung vom 27. November 1998 vor dem Amtsgericht erklärten die Eltern, daß das Umgangsrecht des Vaters mit V. … nicht gerichtlich geregelt, sondern zwischen ihnen abgesprochen werden solle, um auch dem Willen des Kindes Rechnung zu tragen, und daß das Verfahren sich damit erledigt habe.
In der Folgezeit kam es zunächst zu keinerlei weiteren Besuchen V. beim Vater. In einem Schreiben vom 23. Februar 1999 (vgl. Bl. 26 bis 27 d.A.) machte der Antragsgegner der Antragstellerin daraufhin Vorhaltungen.
Auch in der Folgezeit fanden lediglich zwei Besuche V. bei ihrem Vater Ende August 1999, ein weiterer Besuch am 7. November 1999, sowie ein gemeinsamer Besuch V. und des Antragsgegners bei dessen Mutter Ende August 1999 statt.
Im Sommer 1999 ergab sich, daß die Antragstellerin und ihre jetzige Familie auf Grund der erfolgreichen Teilnahme ihres jetzigen Ehemannes D. H. an der „Green-Card-Lotterie” die Chance auf die Erteilung eines – eine von der Antragstellerin und ihrem jetzigen Ehemann schon länger erwogene Auswanderung ermöglichenden – Familienvisums für die USA hatten. Die Erteilung des Visums für V. wurde jedoch vom US-amerikanischen Konsulat in F. von einem entsprechenden Einverständnis des Antragsgegners abhängig gemacht. Die Antragstellerin wandte sich daraufhin am 4. November 1999 mit der Bitte um eine entsprechende Zustimmung an den Antragsgegner. Dieser lehnte die erbetene Zustimmung jedoch ab.
Die Antragstellerin hat daraufhin in diesem Verfahren die Abänderung der Regelung der elterlichen Sorge im Urteil vom 1. Oktober 1992 dahingehend geltend gemacht, daß ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für V. allein übertragen wird, um ihr, V. und der gesamten Familie die Auswanderung in die USA zu ermöglichen.
Der Antragsgegner ist diesem Begehren entgegengetreten und hat sich zur Begründung unter anderem darauf berufen, daß die Auswanderung in die USA nicht dem Wohl V. diene, weil
- Lebensunterhalt, Ausbildung und...