Leitsatz (amtlich)

1. Verlässt der Berechtigte eines Leibgedings das Grundstück auf Dauer, kann er die Ablösung des Leibgedings durch eine Rentenzahlung nur verlangen, wenn die besonderen Gründe im Sinne des Art. 18 Satz 1 AGBGB beim Verlassen des Grundstücks vorgelegen haben und für das Verlassen ursächlich geworden sind.

2. Treten Umstände, die als besondere Gründe gewertet werden könnten, erst auf, nachdem der Berechtigte das Grundstück bereits aus freien Stücken verlassen hat, ist der Verpflichtete zur Zahlung einer Rente nicht verpflichtet.

 

Normenkette

Bayerisches AGBGB Art. 18

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Aktenzeichen 72 O 733/19)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 14.11.2019, Az. 72 O 733/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Zahlung einer monatlichen Geldrente auf der Grundlage eines Übergabevertrags.

Mit notariellem Übergabevertrag vom 22.03.1960 (Anlage K7) übertrugen die Eltern des Klägers ihren Grundbesitz (eine Hofstelle mit Acker, Grünland und Wald) an den Bruder des Klägers, A. Dieser wurde in Ziff. VI.B.1 des Übergabevertrags verpflichtet, dem Kläger "auf die Dauer seines ledigen Standes und unentgeltlich" ein Zimmer auf dem Hof bereitzustellen, die Mitbenutzung weiterer Räume und Anlagen dort nach Bedarf zu gestatten sowie die "üblichen Hausdienste ..., in alten oder kranken Tagen Wart und Pflege, die den Gesundheitsbehältnissen entsprechende Kost, Holen und Bezahlen von Arzt und Medizin einschließlich Zahnarzt und Krankenhaus, beim Ableben standesgemäße Beerdigung ..." zu gewähren. Am 13.09.1960 wurde das "Leibgeding auf die Dauer seines ledigen Standes" für den Kläger im Grundbuch eingetragen.

Mit notariellem Übergabevertrag vom 22.06.1994 (Anlage B1) übertrugen A. und seine Ehefrau, die Eltern des Beklagten, den genannten Grundbesitz auf ihn. Gemäß Ziff. IV.15 des Übergabevertrags übernahm der Beklagte die in Abteilung II des Grundbuchs eingetragenen und in Abschnitt I des Übergabevertrags näher bezeichneten Belastungen "zur ferneren dinglichen Vertretung unter Eintritt in die zugrunde liegenden Vereinbarungen". Dies betraf unter anderem das vorgenannte Leibgeding zu Gunsten des Klägers.

Bereits im Jahr 1990 war der Kläger von dem elterlichen Hof weg- und in ein mit seinem Neffen gemeinsam gebautes Haus eingezogen. Das Wohngebäude auf dem elterlichen Hof wurde durch den Beklagten abgerissen und unter Mithilfe des Klägers 1997 neu gebaut.

Der Kläger hatte erstinstanzlich behauptet, er sei seit 22.01.2018 in einem Seniorenheim untergebracht, wobei er seit April 2017 der Pflege im Umfang des Pflegegrades 2 bedurft habe. Seit dem 01.07.2018 habe er den Pflegegrad 4. Er war deshalb der Auffassung, er könne ab der Feststellung des Pflegegrades 2 von dem Beklagten eine Geldrente für die Befreiung von den Pflichten aus dem Leibgeding verlangen.

Der Kläger hatte daher erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn

13.110 EUR (an bereits aufgelaufenen Rentenansprüchen) zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2019 und,

monatlich im Voraus für die Zeit ab dem 01.06.2019 eine Geldrente gemäß Art. 18 AGBGB zur Abgeltung des vertraglich vereinbarten Wohnrechts sowie der Rechte auf Wart und Pflege, freie Kost und Erledigung von Besorgungen in Höhe von monatlich 510 EUR zu zahlen.

Der Beklagte hatte erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Zu den weiteren tatsächlichen Feststellungen in der ersten Instanz und zum Streitstand wird ergänzend auf das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 14.11.2019 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat mit genanntem Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage unbegründet sei, weil ein Anspruch auf Zahlung einer Geldrente nicht bestehe. Ein solcher Anspruch ergebe sich nicht aus Art. 18 AGBGB. Die Vorschrift setze für den Wegzug einen besonderen Grund voraus. Ein solcher habe nicht vorgelegen. Sonstige Anspruchsgrundlagen seien nicht gegeben. Zu den Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiterverfolgt. Hierzu wiederholt und vertieft er seinen bereits in der ersten Instanz gehaltenen Vortrag. Zu den Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 10.01.2020 Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt, das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Regensburg aufzuheben und den Beklagten wie erstinstanzlich beantragt zu ve...

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