Leitsatz (amtlich)
Eine Abgeltungsklausel in einem Vergleich erfasst den Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung nur dann, wenn dieser ausdrücklich genannt ist oder wenn dieser zwischen den Beteiligten zum Zeitpunkt der Abgeltungsvereinbarung diskutiert wird.
Normenkette
BGB §§ 397, 1598a
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 14.11.2013; Aktenzeichen 112 F 2833/13) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Endbeschluss des AG Nürnberg - Abteilung für Familiensachen - vom 14.11.2013 - 112 F 2833/13, abgeändert.
II. Die Einwilligung der Antragsgegnerin in eine genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung vom Antragsteller wird ersetzt.
III. Die Duldung einer nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft durchgeführten Entnahme einer für die genetische Abstammungsuntersuchung gemäß Nummer II. geeigneten genetischen Probe durch die Antragsgegnerin wird angeordnet.
IV. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung zur Duldung der Probenentnahme gemäß Nummer III. wird der Antragsgegnerin jeweils die Verhängung von Ordnungsgeld i.H.v. bis zu 1.000 EUR, ersatzweise für den Fall dass dieses nicht beigetrieben werden kann, bis zu 10 Tagen Ordnungshaft oder bis zu 10 Tagen Ordnungshaft angedroht.
V. Die Gerichtskosten der ersten und zweiten Instanz tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin je zur Hälfte. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der ersten und zweiten Instanz findet nicht statt.
VI. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller ist der rechtliche Vater der am ... 1970 geboren Antragsgegnerin. Die Mutter der Antragsgegnerin, P ... P..., und der Antragsteller haben 1970 vor der Geburt der Antragsgegnerin geheiratet. Die Ehe wurde bereits 1971 wieder geschieden. Es bestanden von Anfang an bei beiden Eltern zumindest Zweifel, ob der Antragsteller auch der biologische Vater der Antragsgegnerin ist.
Beim AG Nürnberg hat der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin und deren Ehemann unter dem Aktenzeichen 18 C ... einen Rechtstreit wegen einer Darlehensrückzahlungsforderung geführt. In diesem Rechtsstreit haben der Antragsteller und die Antragsgegnerin sowie deren Ehemann am 5.2.2013 folgenden Vergleich geschlossen:
I. Die Beklagten verpflichten sich gesamtschuldnerisch an den Kläger 5.000 EUR zu bezahlen. Haben die Beklagten bis spätestens zum 15.3.2013 2.500 EUR bezahlt, so verzichtet der Kläger auf den noch offenen Restbetrag. Die Beklagten nehmen bereits jetzt diesen Verzicht an.
Die Zahlungen haben auf das Kanzleikonto des Klägervertreters bei der Sparkasse N ... Kto-Nr ... BLZ:... zu erfolgen.
II. Die Parteien sind sich einig, dass mit der Bezahlung des in Ziff. I. genannten Betrages sämtliche streitgegenständlichen Ansprüche sowie etwaige Rückzahlungsansprüche betreffend der Hingabe von 4.000 EUR seitens des Klägers in Richtung der Beklagten erledigt sind. Des Weiteren sind sich die Parteien darüber einig, dass zwischen den Parteien keinerlei gegenseitige Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, bestehen. Hiervon ausgenommen sind erbrechtliche Ansprüche.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Im März 2013 erhielt der Antragsteller von einer Tochter der Antragsgegnerin einen Brief der Mutter der Antragsgegnerin übermittelt, in dem die Mutter der Antragsgegnerin erklärt, dass es möglich sei, dass der Antragsteller nicht der Vater der Antragsgegnerin sei, da es in der maßgeblichen Zeit auch zum Geschlechtsverkehr mit einem gewissen E ... gekommen sei.
Nachdem die Antragsgegnerin es zweimal schriftlich abgelehnt hatte, in eine genetische Untersuchung einzuwilligen, hat der Antragsgegner das vorliegende Verfahren eingeleitet.
Nach Durchführung eines Anhörungstermins, an dem der Antragsteller und die Antragsgegnerin teilnahmen, nicht dagegen die auch geladene Mutter der Antragsgegnerin, und nach Beziehung der Akte des AG Nürnberg 18 C ... hat das AG Nürnberg den Antrag des Antragstellers mit Endbeschluss vom 14.11.2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antragsteller im Vergleich vom 5.2.2013 auf den Anspruch nach § 1598a BGB verzichtet habe.
Gegen diesen Beschluss, der den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 6.12.2013 zugestellt worden ist, haben diese im Namen des Antragstellers mit Schriftsatz vom 7.1.2014, der am gleichen Tag vorab als Telefax beim AG Nürnberg eingegangen ist, Beschwerde eingelegt und diese sogleich begründet. Sie führen aus, bei dem Anspruch nach § 1598a BGB handele es sich um einen höchstpersönlichen Anspruch auf den nicht verzichtet werden könne. Darüber hinaus sei der Anspruch nach § 1598a BGB auch nicht von der im Vergleich vom 5.2.2013 enthaltenen Abgeltungsklausel erfasst. Er habe keine Kenntnis von konkreten Umständen gehabe, die gegen seine Vaterschaft gesprochen hätten. Es hätten lediglich Zweifel an seiner Vaterschaft bestanden. Erst mit Erhalt des Briefes der Mutter der ...