Leitsatz (amtlich)
1. Durch den Beitritt eines weiteren Vertragspartners wird in der Regel kein vom bisherigen Vertrag unabhängiges neues Pachtverhältnis begründet, weshalb es zu keiner im Rahmen von § 595 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 6 Satz 2 BGB relevanten Zäsur kommt.
2. Aus dem Verweis in § 595 Abs. 6 Satz 2 BGB auf den Absatz 3 Nr. 3 folgt nicht, dass eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses zwingend bis zum Ende der dort genannten Höchstfristen erfolgen muss.
3. Die Vorschrift des § 595 Abs. 1 BGB entbindet den Pächter nicht davon, sich auf den Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer einstellen. An dieser muss er insbesondere auch seine Investitionen ausrichten. Nur wenn trotz aller Voraussicht und Planung Umstände eintreten, die eine vertragsgemäße Beendigung als unvertretbar hart erscheinen lassen, kann etwas anderes gelten.
4. Eine unangemessene Härte im Sinne von § 595 Abs. 1 BGB kann nicht allein deshalb angenommen werden, weil der Betrieb die wesentliche Lebensgrundlage der Pächterfamilie bildet oder sie auf das Grundstück zur Aufrechterhaltung des Betriebs angewiesen ist. Denn dies stellt bereits eine andere, hiervon zu unterscheidende Tatbestandsvoraussetzung dar.
5. Allein dadurch, dass die Bewirtschaftung eines Ersatzbetriebs bzw. die Anpachtung eines Ersatzgrundstücks schlichtweg ausgeschlossen ist, wird noch keine ungerechtfertigte Härte begründet.
6. Wird eine gegebenenfalls anzunehmende unzumutbare Härte selbst durch die nach dem Gesetz maximal mögliche Verlängerung der Pachtzeit nicht beseitigt, besteht kein berechtigtes Interesse an einer Verlängerung des Vertragsverhältnisses.
Verfahrensgang
AG Regensburg (Beschluss vom 28.05.2018; Aktenzeichen 10 XV 1/18) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Amtsgerichts Regensburg vom 28.05.2018, Aktenzeichen 10 XV 1/18, wird als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführer tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdegegners.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 29.775,56 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Beschwerdeführer verlangen die gerichtliche Anordnung, dass das Pachtverhältnis mit dem Beschwerdegegner betreffend die Grundstücke der Gemarkung N. mit den Flurnummern 25, 26, 27 und 29 sowie 215 und 217 für eine angemessene Zeit, mindestens jedoch bis zum 30.09.2023 fortzusetzen ist. Dies wird vom Beschwerdegegner abgelehnt. Im Rahmen dessen streiten die Beteiligten darum, wer auf Pächterseite Vertragspartner war.
Die genannten Grundstücke werden seit Jahrzehnten zur Saatzucht genutzt. Seit 1990 betreibt die Beschwerdeführerin zu 1, von deren Komplementärgesellschaft die Beschwerdeführer zu 2 und 3 die Geschäftsführer sind, dort einen Saatzuchtbetrieb. Die Grundstücke stehen seit 2007 im Eigentum des Beschwerdegegners.
Über die Flächen gab es seit 1975 verschiedene schriftliche Pachtverträge (teilweise samt Nachträgen) mit unterschiedlichen Beteiligten sowohl auf Verpächter- als auch auf Pächterseite. Während der Beschwerdeführer zu 2 in sämtlichen Vereinbarungen als (ggf. Mit-)Pächter genannt ist, wird die im Jahr 1990 gegründete Beschwerdeführerin zu 1 in keinem dieser Verträge als Pächterin aufgeführt.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten sowie der Darstellung des Sach- und Streitstands wird auf den angegriffenen Beschluss vom 28.05.2018 (Bl. 139 ff. d. A.) Bezug genommen.
Mit diesem hat das Amtsgericht den Antrag der Beschwerdeführer auf Fortsetzung des Pachtverhältnisses unter Verweis darauf zurückgewiesen, dass eine ununterbrochene Nutzungszeit, die wertungsmäßig als Nutzung aufgrund desselben Pachtverhältnisses anzusehen sei, von mehr als 18 Jahren bestehe und damit die Höchstfrist des § 595 Abs. 6, Abs. 3 Nr. 3 BGB bereits überschritten sei. Dabei ließ das Amtsgericht dahingestellt, wer Pächter der streitgegenständlichen Flächen war.
Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer, wobei sie in erste Linie der Auffassung sind, dass der Rechtsstreit wegen Vorgreiflichkeit bis zur Entscheidung über ihren Feststellungsantrag im Verfahren vor dem Amtsgericht Regensburg mit dem Aktenzeichen 10 XV 1/15, dass ein Landpachtverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin zu 1 und dem Beschwerdegegner bestanden habe, ausgesetzt werden müsse.
Hinsichtlich des Vorbringens der Beschwerdeführer wird insbesondere auf die Schriftsätze vom 23.07.2018 (Bl. 156 ff. d. A.), vom 01.03.2019 (Bl. 226 ff. d. A.), vom 07.03.2019 (Bl. 232 ff. d. A.) und vom 12.09.2019 (253 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die Beschwerdeführer beantragen:
Unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Regensburg wird das Verfahren ausgesetzt.
Hilfsweise für den Fall, dass das Verfahren nicht ausgesetzt wird, beantragen die Beschwerdeführer zuletzt:
Unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Regensburg wird der Beteiligte zu 4 verpflichtet, das Pachtverhältnis zwischen der Beteiligten zu 1 oder den Beteiligten zu 2 sowie zu 3 über die landwirtschaftlichen Hof- und Betriebsflächen
Fl.-Nr. 25, Gemarkung N...