Leitsatz (amtlich)

Ein wirksam zurückgenommener Rückführungsantrag nach Art. 12 Abs. 1 HKÜ hat bei späterer erneuter Stellung eines Rückführungsantrages auf den Lauf der Jahresfrist gemäß Art. 12 Abs. 2 HKÜ keine Auswirkung. Nach erfolgter Rücknahme gilt das Verfahren als von Anfang an (ex tunc) nicht anhängig gewesen.

 

Normenkette

FamFG § 63 Abs. 1; HKÜ Art. 12 Abs. 1-2; IntFamRVG § 40 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Aktenzeichen 102 F 1521/18)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nürnberg vom 4.7.2018 wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Rückführung der Kinder L... M... d. L... T..., geboren am ..., und C... M... d. L... T..., geboren am ... nach S... auf der Grundlage des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (im Weiteren: HKÜ).

Der Antragsteller, deutscher und, nach seinen Angaben, peruanischer Staatsangehöriger, und die Antragsgegnerin, deutsche Staatsangehörige, haben im April 2007 in N..., Deutschland, die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind die Kinder L... M... d. L... T... und C... M... d. L... T... hervorgegangen. Die Kinder besitzen die deutsche und, nach Angaben des Antragstellers, auch die peruanische Staatsangehörigkeit.

Im Januar 2008 zog die Familie nach O..., wo der Antragsteller eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der dortigen Universität bekommen hatte. Im August 2013 verzog die Familie nach S..., weil der Antragsteller einen Ruf als Professor an eine s... Universität erhalten hatte. Anfang 2016 geriet die Ehe in eine Krise. Seit März 2016 leben die beteiligten Eltern getrennt.

Von dem Gericht für Gewalt gegen Frauen in C..., S..., wurde auf Antrag der Antragsgegnerin am 1.3.2016 im Rahmen einer Eilmaßnahme mit dem Aktenzeichen ... eine Schutzanordnung zugunsten der Antragsgegnerin erlassen. Zugleich wurde im Rahmen der Eilmaßnahme, die Personensorge für die gemeinsamen Kinder der Mutter zugesprochen und eine Besuchsregelung für den Vater in Bezug auf seine Töchter getroffen.

Mit Urteil des Gerichts für Gewalt gegen Frauen in C...vom 28.2.2018, Az. ..., ist die zwischen den beteiligten Eltern geschlossene Ehe geschieden worden. Weiter enthält das Urteil u.a. folgende Regelungen:

"Das Sorgerecht der beiden gemeinsamen Töchter wird zwischen den Elternteilen geteilt. In Bezug auf die Differenzen bei der Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts wird folgendes festgelegt:

Die Mutter wird ermächtigt, den Wohnsitz der Minderjährigen in Deutschland in der M... 154, N... in der O...-B... zu begründen. ... .

Die Personensorge für die gemeinsamen Kinder wird der Mutter übertragen. ...."

Ungewiss ist, ob diese Entscheidung bereits Rechtskraft erlangt hat. Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Anhörung durch den Senat im Termin vom 22.8.2018 bekundet, ihr sei von dem Antragsteller mitgeteilt worden, er habe gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt. Über den Verfahrensstand habe sie jedoch keine Kenntnis.

Anfang Juni 2016 reiste die Antragsgegnerin zusammen mit den gemeinsamen Kindern nach Deutschland und hält sich seither zusammen mit den Kindern in N.... auf. Am 11.7.2016 hat sie sich und die Kinder mit Wohnsitz in N... angemeldet.

Am 3.11.2016 beantragte der Antragsteller zur Niederschrift des Amtsgerichts N..., Az. ... ..., auf der Grundlage des Art. 8 HKÜ die Herausgabe der gemeinsamen Kinder L... und C... an ihn. Als Wohnort der Kinder gab er dabei die Anschrift an, unter der die Kinder auch heute noch leben. Zur Begründung trug er vor, er lebe seit 1.3.2016 von seiner Ehefrau getrennt. Am 1.7.2016 habe seine Ehefrau mit den gemeinsamen Kindern S... verlassen und sei nach N..., M... 154, gezogen. Die Mitnahme der Kinder sei gegen seinen Willen erfolgt, was der Mutter auch bekannt gewesen sei. Den Antrag vom 3.11.2016 nahm der Antragsteller mit E-Mail vom 25.11.2016 gegenüber dem zur Entscheidung über den Antrag zuständigen Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg, Az.: ..., zurück.

Mit Antrag vom 22.5.2018, eingegangen bei dem Amtsgericht Nürnberg am 24.5.2018, hat der Antragsteller, vertreten durch das Bundesamt für Justiz, in Untervollmacht vertreten durch Rechtsanwalt J... K..., beantragt, die Antragsgegnerin gemäß Art. 12 HKÜ zu verpflichten, die Kinder L... und C... innerhalb angemessener Frist nach S... zurückzuführen. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Antragsgegnerin sei am 20.8.2016 im Familienzentrum der Stadt C..., S..., in welchem aufgrund gerichtlicher Anordnung begleitete Umgangskontakte mit seinen Töchtern stattfinden sollten, erschienen und habe mitgeteilt, sie beabsichtige nach Deutschland zu verziehen. Erst Mitte September 2016 habe er Kenntnis davon erlangt, dass sich seine Töchter nicht mehr in S... aufhalten würden. Allerdings sei ihm der genaue Aufenthalt der Kinder in Deutschland...

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