Leitsatz (amtlich)

1. Pflegeeltern sind wie Großeltern durch Entscheidungen zur Auswahl des Vormunds ungeachtet ihres Antragsrechtsrechts aus § 1887 Abs. 2 BGB nicht in eigenen Rechten i.S.d. § 59 Abs. 1 FamFG betroffen und daher nicht beschwerdebefugt (Anschluss an BGH FamRZ 2013, 1318 ff.).

2. Zumindest wenn dem Kind in erster Instanz ein Verfahrensbeistand bestellt ist, können die Pflegeeltern, auch wenn dieser untätig bleibt, nicht zur Wahrung des Persönlichkeitsrechts des Kindes Beschwerde einlegen (Abgrenzung zu OLG Karlsruhe FamRZ 2013, 1665).

3. Für den Schutz der Grundrechte der Pflegefamilie (wie der Großeltern) ist die eine richterliche Kontrolle der Auswahlentscheidung ermöglichende Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG erforderlich aber auch ausreichend.

 

Normenkette

GG Art. 19 Abs. 4; FamFG § 7 Abs. 2 Nr. 1, § 59 Abs. 2; EMRK Art. 8 Abs. 1; BGB §§ 1779, 1887; RPflG § 11 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Schwabach (Beschluss vom 21.01.2014; Aktenzeichen 052 F 968/10)

 

Tenor

1. Die Vorlageverfügung der Rechtspflegerin des AG - Familiengericht - Schwabach in dem Beschluss vom 21.1.2014 wird aufgehoben und die Sache zur abschließenden Entscheidung über die als Erinnerung anzusehende sofortige Beschwerde der Antragsteller an das AG zurückverwiesen.

2. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Der Beschwerdewert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller und Beschwerdeführer sind seit dem 26.4.2008 die Pflegeeltern des Kindes X. R., geboren ...

Mit Beschluss vom 24.9.2008 wurde durch das AG Nürnberg festgestellt, dass die elterliche Sorge der allein sorgeberechtigten Mutter bezüglich des Kindes gem. § 1674 BGB ruht. Es wurde Vormundschaft angeordnet. Die Auswahl und Bestellung des Vormunds blieben dem Vormundschaftsgericht Nürnberg vorbehalten. Das Vormundschaftsgericht in Nürnberg bestellte sodann mit Verfügung vom 30.9.2008 zunächst das Jugendamt der Stadt Nürnberg und mit Beschluss vom 28.7.2010 das Kreisjugendamt Roth zum Vormund des Kindes.

Die Pflegeeltern beantragen mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 25.1.2013, das Jugendamt als Amtsvormund zu entlassen und sie als Einzelvormund zu bestellen. Das zwischenzeitlich zuständige AG Schwabach bestellte dem Kind in dem Verfahren eine Verfahrensbeiständin. Mit Beschluss der Rechtspflegerin vom 5.12.2013, auf den Bezug genommen wird (Bl. 114 ff. d.A.), wurde die Entlassung des Vormunds Kreisjugendamt Roth und die Übertragung der Vormundschaft auf die Pflegeeltern abgelehnt.

Gegen diesen den Pflegeeltern am 10.12.2013 zugestellten Beschluss wenden sie sich mit ihrer beim AG Schwabach am 20.12.2013 eingegangenen "sofortigen" Beschwerde, der das AG Schwabach mit Beschluss vom 21.1.2014 nicht abhalf und sie dem OLG vorlegte.

Der Senat hat bereits mit Verfügung vom 10.2.2014 auf seine Bedenken hinsichtlich der Beschwerdebefugnis der Pflegeeltern hingewiesen.

Mit der Beschwerdebegründung vom 25.2.2014 führen die Pflegeeltern aus, sie hätten einen Antrag auf Entlassung des Amtsvormunds gem. § 1887 Abs. 2 S. 2 BGB gestellt. Aus dieser Antragsbefugnis würden Teile der Literatur ein eigenes Beschwerderecht gem. § 59 Abs. 1 FamFG herleiten (etwa Palandt/Götz, BGB, 72. Aufl., § 1887 Rz. 4). Teilweise werde die Beschwerdeberechtigung direkt aus § 59 Abs. 2 FamFG hergeleitet, ohne dass dies näher begründet werde. Soweit ersichtlich habe der BGH diese Fallkonstellation noch nicht entschieden.

II. Die gem. § 58 FamFG statthafte Beschwerde ist als solche unzulässig, jedoch zur weiteren Behandlung als Rechtspflegererinnerung an das AG zurückzuverweisen.

Die Beschwerde ist unzulässig, weil den Beschwerdeführern die Beschwerdebefugnis gem. § 59 Abs. 1 und 2 FamFG fehlt.

Eine Beschwerdebefugnis nach § 59 Abs. 2 FamFG ist schon deshalb nicht gegeben, weil die Entlassung des Amtsvormunds gem. § 1887 BGB auch von Amts wegen erfolgen kann.

Es fehlt aber auch an der von § 59 Abs. 1 FamFG vorausgesetzten Rechtsbeeinträchtigung (a.A. ohne nähere Begründung OLG Celle, Beschl. v. 20.7.2012 - 21 UF 118/12 und 21 UF 119/12 - unveröffentlicht; OLG Stuttgart FamRZ 2013, 1318; OLG Bamberg, Beschl. v. 17.10.2011 - 7 WF 350/11 - unveröffentlicht). Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 26.6.2013 (FamRZ 2013, 1380 ff., zitiert nach Juris, ebenso bereits BGH FamRZ 2011, 552, 553 Rz. 16 unter Verweis auf BT-Drucks. 13/11035, 26 f.) ausgeführt, allein der Umstand, dass die Großeltern (die im Verfahren des BGH gleichzeitig die Pflege des Kindes übernommen hatten) beim AG die Übertragung der Vormundschaft beantragt hätten und dieser Antrag zurückgewiesen worden sei, begründe die Beschwerdeberechtigung i.S.d. § 59 FamFG nicht. Die fehlende materielle Beschwer ergebe sich aus einer systematischen Auslegung des Vorschrift des § 59 Abs. 1 FamFG (BGH FamRZ 2013, 1380 ff., Rz. 16; BGH FamRZ 2011, 552 ff. Rz. 12). Ebenso wie §§ 1915 Abs. 1 Satz 1, 1779 Abs. 2 Satz 2 BGB für die Vormund- bzw. Pflegerbestellung für Minderjährig...

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