Entscheidungsstichwort (Thema)
Günstigkeitsprinzip bei mehreren möglichen Abstammungsstatuten
Normenkette
BGBEG Art. 19 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 08.01.2015; Aktenzeichen UR III 89/14) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 4) wird der Beschluss des AG Nürnberg vom 8.1.2015 geändert.
Der Antrag der weiteren Beteiligten zu 1) und 2) auf Berichtigung des Geburtseintrags vom 24.6.2014, G 3150/2014 wird zurückgewiesen.
II. Die weiteren Beteiligten zu 1) und 2) tragen die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens je zur Hälfte.
Im Beschwerdeverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen
Gründe
I. Das betroffene Kind wurde am... Mai 2014 in Nürnberg geboren. Seine Mutter, die griechische Staatsangehörige G. A. (weitere Beteiligte zu 1) war zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) verheiratet. Ihre am 24.8.2002 in Drama/Griechenland mit dem griechischen Staatsangehörigen S. A. (weiterer Beteiligter zu 3) geschlossene Ehe war zu dieser Zeit bereits durch Endbeschluss des AG Nürnberg vom 12.6.2013, rechtskräftig seit 3.9.2013, geschieden. Am 23.6.2014 erkannte der griechische Staatsangehörige A. M. (weiterer Beteiligter zu 2) zu Protokoll des Jugendamts der Stadt Nürnberg mit Zustimmung der Mutter die Vaterschaft zu dem Kind an.
Die Mutter des Kindes hielt sich zu dieser Zeit schon lange in Nürnberg auf. Das Kind lebt seit seiner Geburt gemeinsam mit zwei noch in Drama geborenen Kindern aus der Ehe der Mutter mit Herrn A. bei ihr und Herrn A. M. in Nürnberg. Die beiden vorerwähnten ehelichen Kinder tragen entsprechend einer Erklärung ihrer Eltern nach Art. 1505 griech. ZGB den Namen ihres Vaters "A.".
Das Standesamt Nürnberg trug die Geburt am 24.6.2014 unter der Nummer G 3150/2014 in sein Geburtenregister ein. Als Vater wurde der frühere Ehemann der Mutter, S. A. eingetragen.
Mit Schriftsätzen vom 26.9. und 29.10.2014 hat die Mutter des Kindes gemeinsam mit ihrem Partner A. M. beim AG Nürnberg beantragt, das Standesamt Nürnberg anzuweisen, Herrn M. als Vater und als Nachnamen des Kindes statt "A." nunmehr M. - die weibliche Form von M. - einzutragen.
Das Standesamt Nürnberg ist dem Antrag entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass für das Kind im Zeitpunkt seiner Geburt lediglich nach seinem griechischen Heimatrecht eine Vaterschaft bestanden habe. Das griechische Recht (Art. 1465 ff. griech. ZGB) sieht alle Kinder als ehelich an, die innerhalb von 300 Tagen nach der Scheidung geboren werden. Solange die Ehelichkeit nicht erfolgreich angefochten sei, sei das Vaterschaftsanerkenntnis des Herrn M. unwirksam.
Mit Beschluss vom 8.1.2015, auf den Bezug genommen wird, hat das AG Nürnberg angeordnet, dass dem Geburtenregister folgender Vermerk beizuschreiben ist:" Der Geburtsname des Kindes lautet richtig: M. Der Vater des Kindes heißt richtig: M. A. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, dass nach dem bei der Anwendung von Art. 19 EGBGB maßgeblichen Günstigkeitsprinzip die Rechtsordnung anzuwenden sei, die zur Eintragung des wahren Vaters führe. Dies sei hier die deutsche.
Gegen diesen ihr am 15.1.2015 zugestellten Beschluss hat die Standesamtsaufsicht Nürnberg (weitere Beteiligte zu 4) mit am 9.2.2015 eingegangenem Schreiben vom selben Tag Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie sich zunächst auf frühere Ausführungen des Standesamts bezogen, in einem weiteren Schreiben aber beantragt, die Rechtsauffassung des AG zu bestätigen. Eine obergerichtliche Klärung der zugrundeliegenden Rechtsfrage sei erforderlich. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.
II. Die Beschwerde ist zulässig (§ 51 Abs. 1, § 53 Abs. 2 PStG, §§ 58ff FamFG) und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Abweisung des Berichtigungsantrags.
1) Die deutschen Gerichte sind nach § 51 Abs. 1 PStG, § 105 FamFG international zuständig, da nach § 50 Abs. 2 PStG das AG Nürnberg für das Standesamt Nürnberg, das die begehrte Amtshandlung vornehmen soll, örtlich zuständig ist.
2) Da das betroffene Kind, seine Mutter und der Mann, der die Vaterschaft zu dem Kind anerkannt hat, ihren Aufenthalt in Deutschland haben, der frühere Ehemann der Mutter seinen Aufenthalt aber in Griechenland hat und alle Beteiligten griechische Staatsangehörige sind, besteht eine Berührung mit zwei Rechtsordnungen. Die Frage, welche Rechtsordnung die rechtliche Abstammung des betroffenen Kindes von seinem Vater festlegt, beantwortet Art. 19 EGBGB.
Staatsvertragliche Regelungen existieren nur für die Bestimmung der mütterlichen Abstammung (CIEC-Übereinkommen vom 12.9.1962; Palandt/Thorn, 74. Aufl. Art. 19 EGBGB).
a) Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht seines jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalts. Dies würde im vorliegenden Fall zur Anwendung deutschen Rechts und dazu führen, dass der weitere Beteiligte zu 2) seit Wi...