Leitsatz (amtlich)
Die Bezeichnung eines Polizisten als "Ausländerhasser" ist eine Ehrverletzung. Soweit diese Äußerung allerdings unter Berücksichtigung von Anlass und Kontext an eine sachliche Auseinandersetzung anknüpft, stellt sie keine Schmähung dar, weshalb bei der Anwendung des § 185 StGB gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Geschädigten und der Meinungsfreiheit des Angeklagten stattzufinden hat.
Normenkette
StGB § 185
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts N...-F... vom 9. Dezember 2008 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts N...-F... zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht N... hat den Angeklagten am 6.8.2008 wegen Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt.
Das Landgericht N...-F... hat mit Urteil vom 9.12.2008 die Berufung des Angeklagten verworfen. Es hat hierbei im Wesentlichen die folgenden Feststellungen getroffen:
Am 17.01.2008 gegen 13.40 Uhr fuhr der Angeklagte zusammen mit seiner Ehefrau mit dem PKW, Marke O..., amtliches Kennzeichen: ... auf der Bucher Straße in N... Richtung F...-E...t-P....
Der Angeklagte war Beifahrer, seine Ehefrau lenkte das Fahrzeug. Hinter dem PKW befanden sich die Polizeibeamten POM H... und POM G... in einem Streifenwagen auf Dienstfahrt.
Nachdem die beiden Polizeibeamten festgestellt hatten, dass Frau A... die Kreuzung B... Straße/V... bei Rotlicht überfahren hatte, folgten sie dem Fahrzeug und hielten es nachfolgend in der P... an.
Nach Belehrung über den Grund des Anhaltens verlangte der Polizeibeamte POM G... die Papiere von Frau A..., die ebenso wie der Angeklagte aus dem Wagen gestiegen war, während POM H... in der Nähe des Angeklagten stand.
Sowohl der Angeklagte als auch zunächst seine Ehefrau bestritten lautstark, bei Rotlicht die Ampelkreuzung überquert zu haben; sie behaupteten, die Ampel habe noch gelb gezeigt.
Obwohl POM G... der Fahrerin mehrfach erklärte hatte, dass er und sein Kollege direkt hinter ihnen gefahren seien und den Rotlichtverstoß genau gesehen hatten, wurde dies vom Angeklagten und seiner Ehefrau weiterhin bestritten.
Der Angeklagte sagte zu POM G..., dass er nicht die Wahrheit sage. Frau A... erklärte dem Polizeibeamten nachfolgend in freundlichem Ton, dass der ihr von ihm mitgeteilte Betrag für die Ordnungswidrigkeit in Höhe von 50,00 EUR zu hoch sei und sie kein Geld habe, da sie von Sozialhilfe lebe.
Nachdem der Angeklagte mehrfach während des Gespräches erklärt hatte, die Polizeibeamten hätten sie nur angehalten, weil er und seine Frau Ausländer seien, teilte POM H... ihm mit, dass sein Kollege POM G... ebenfalls t... Abstammung sei und seine Ansicht nicht zutreffe.
Während POM G... zusammen mit der Ehefrau des Angeklagten die Formalitäten erledigte, insistierte der Angeklagte gegenüber POM H... weiterhin, dass die Ampel beim Überqueren nicht rot gewesen wäre und er und sein Kollege nicht die Wahrheit sagen würden.
Nachdem POM G... Frau A... die Papiere zurückgegeben hatte, wollten die beiden Polizeibeamten zu ihrem Fahrzeug gehen. Als POM H... zu dem Angeklagten und seiner Ehefrau "auf Wiedersehen" gesagt hatte, redete der Angeklagte weiterhin auf den Polizeibeamten H... ein. Nachdem der Polizeibeamte H... sich nochmals mit den gleichen Worten verabschiedete, bezeichnete der Angeklagte POM H... als "Ausländerhasser", um ihm gegenüber seine Missachtung auszudrücken. Anschließend dreht er sich um und wollte gehen."
Im Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Bewertung hat die Strafkammer u.a. ausgeführt:
Die Kammer hat keinen Zweifel, dass der Angeklagte bei dem übereinstimmend beschriebenen Geschehensablauf den Zeugen H... nach Beendigung der Diensthandlung und Verabschiedung durch den Polizeibeamten als "Ausländerhasser" bezeichnet hat und ihn hierdurch in seiner Ehre verletzen wollte. ....
Die vom Angeklagten dem Zeugen H... bewusst nachgerufene Bezeichnung "Ausländerhasser" nach Beendigung der Diensthandlung und Verabschiedung durch die Polizeibeamten stellt in diesem Zusammenhang keine durch Artikel 5 Abs. 1 GG gedeckte Meinungsäußerung dar.
Die Bezeichnung "Ausländerhasser" bedeutet, dass der so Titulierte eine feindselige Abneigung gegen Ausländer hat und beinhaltet in dem hier festgestellten Geschehensablauf, dass der Angeklagte den Polizeibeamten bewusst in seiner Ehre angreifen wollte. Hierdurch brachte er zum Ausdruck, dass er den Zeugen H... bei Durchführung der Diensthandlung eine feindliche Grundhaltung gegenüber seiner Ehefrau und ihm unterstellte, um seiner Wut und seinem Ärger Luft zu machen.
Diese Bezeichnung ist als bewusst eingesetzte Schmähung des Zeugen H... anzusehen, die nicht eine polemische oder überspitzte Kritik am dienstlichen Vorgehen des Polizeibeamten darstellt, sondern vom Angeklagten nach Beendigung des Gespräches bewusst als Herabsetzung der persönlichen Integrität des Zeugen eing...