Leitsatz (amtlich)
Der Mitinhaber eines sog. „Oder-Kontos” kann ggü. dem vollstreckenden Gläubiger des anderen Kontomitinhabers im Vollstreckungsverfahren nicht einwenden, das Guthaben stehe ihm im Innenverhältnis alleine zu.
Normenkette
ZPO § 766
Verfahrensgang
LG Regensburg (Aktenzeichen 2 T 573/01) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des LG Regensburg vom 12.12.2001, Az. 2 T 573/01, aufgehoben.
II. Der Schuldner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Beschwerdewert beträgt 359,73 Euro.
Gründe
I. Mit seinem Rechtsmittel gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 3.5.2001 hat der Schuldner (und Beschwerdeführer) geltend gemacht, auf das gepfändete Gemeinschaftskonto würden nur Einkünfte seiner Ehefrau einbezahlt werden, von denen die laufenden Ausgaben zur Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhalts getätigt würden.
Das Vollstreckungsgericht hat daraufhin mit Beschluss vom 5.6.2001 im Wege einer einstweiligen Anordnung die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt, diesen Beschluss am 4.10.2001 jedoch wieder aufgehoben und den Vollstreckungsschutzantrag mit der Begründung zurückgewiesen, der Schuldner habe den erforderlichen Nachweis für seine Darstellung nicht erbracht.
Auf die Beschwerde des Schuldners und nach Einreichung entsprechender Unterlagen hat das LG mit Beschluss vom 10.12.2001 den Beschluss des RPflegers vom 4.10.2001 sowie den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 3.5.2001 mit der Begründung aufgehoben, dass der Beschwerdeführer nachgewiesen habe, dass auf dem auf ihn und seine Ehefrau lautenden Gemeinschaftskonto nur der Arbeitslohn seiner Ehefrau eingehe, weshalb entgegen der gesetzlichen Vermutung des § 742 BGB davon auszugehen sei, dass diese Gelder nur der Ehefrau des Beschwerdeführers zustehen; der Beschwerdeführer sei lediglich verfügungsbefugt.
Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich nun die weitere sofortige Beschwerde der Gläubigerin, die die erfolgte Pfändung für rechtmäßig erachtet. Auf die Beschwerdebegründung vom 18.12.2001 wird ebenfalls Bezug genommen.
II. 1. Die (nach altem Recht zu behandelnde, § 26 Nr. 10 EGZPO) weitere sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 793 Abs. 2 ZPO), sie ist zulässig, da die Gläubigerin erstmals durch die Entscheidung des LG beschwert ist (§ 568 Abs. 2 S. 2 ZPO) und die Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt wurde (§ 577 ZPO) und sie ist in der Sache auch begründet.
2. Nach den nicht bestrittenen Angaben der Gläubigerin und den Feststellungen der Vorinstanzen handelt es sich bei dem gepfändeten Konto um ein Gemeinschaftskonto der Eheleute in Form eines sog. „Oder-Kontos”. Die Kontoinhaber eines solchen Kontos sind nach h.M. der Bank ggü. Gesamtgläubiger i.S.d. § 428 BGB mit der Folge, dass jeder der beiden Kontoinhaber die Auszahlung der gesamten Einlage verlangen kann. Dieser Anspruch ist Pfändungsgegenstand und der Gläubiger bedarf, anders als beim sog. „Und-Konto”, keines Titels gegen alle Kontoinhaber (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 12. Aufl., Rz. 341; Wagner, WM 1991, 1145 ff., jew. m.w.N.).
Im Innenverhältnis sind Gesamtgläubiger gem. § 430 BGB grundsätzlich ausgleichspflichtig; bei Eheleuten, wie im vorliegenden Fall, scheidet während intakter Ehe freilich i.d.R. ein Ausgleichsanspruch aus (vgl. BGH v. 29.11.1989 – IVb ZR 4/89, MDR 1990, 422 = NJW 1990, 705). Der Ausgleichsanspruch steht der Pfändung der Forderung des Schuldners jedoch nicht entgegen.
Selbst wenn man – entgegen der wohl h.M. (vgl. Wagner, WM 1991, 1145 ff.) – der Rechtsauffassung des OLG Koblenz (OLG Koblenz v. 17.7.1990 – 3 U 15/88, NJW-RR 1990, 1385) folgt, wonach der vollstreckende Gläubiger Rechte an der Gesamtforderung nur „belastet” mit der Ausgleichspflicht gem. § 430 BGB zugunsten des anderen Gesamtgläubigers der gepfändeten Forderung erwirbt und Befriedigung nur unter Beachtung dieser Ausgleichspflicht beanspruchen kann, so könnte dies nicht im vorliegenden Vollstreckungsverfahren geltend gemacht und überprüft werden.
Mit den Rechtsbehelfen des Vollstreckungsverfahrens (Erinnerung gem. § 766 ZPO und sofortige Beschwerde gem. § 793 ZPO a.S.) können nur Einwendungen gegen die prozessuale Zulässigkeit geltend gemacht werden, Einwendungen also, die darauf hinausgehen, dass die prozessualen Voraussetzungen der erfolgten Vollstreckung nicht gegeben seien, bzw. mit der Erinnerung, Einwendungen, die sich darauf stützen, dass die Pfändung nicht in der gesetzlichen Weise bewirkt wurde (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 12. Aufl., Rz. 710). Der Einwand, dass die gepfändete Forderung nicht besteht, kann daher auch nur unter dem Gesichtspunkt des Fehlens des für den Erlass des Pfändungsbeschlusses erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses geltend gemacht werden und beschränkt sich, da das Vollstreckungsgericht die materiell-rechtliche Frage, ob die Forderung geschuldet wird, nicht entscheiden kann (und muss) auf offenkundige und unbestritt...