Leitsatz (amtlich)

Ergibt sich aus dem Grundbuch oder den Grundakten das Geburtsdatum des Berechtigten einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit nicht, kann eine Löschung des Rechts gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 GBBerG erst 110 Jahre nach Grundbucheintragung erfolgen. Von dem Wortlaut des § 5 GBBerG kann auch dann nicht abgewichen werden, wenn die Bewilligung hinsichtlich der eingetragenen Dienstbarkeit bereits vor 119 Jahren erfolgte.

 

Normenkette

GBBerG § 5

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Aktenzeichen SB-4881-16)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Nürnberg vom 13.01.2023, Az. SB-4881-16, wird zurückgewiesen.

2. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1 ist Eigentümerin des im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Nürnberg von in Band, Blatt, eingetragenen 154/10.000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück Fl.Nr... Weiterhin ist sie Eigentümerin des im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Nürnberg von in Band, Blatt, eingetragenen 18/10.000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück Fl.Nr...

In der II. Abteilung ist unter lfd.Nr. 1 hinsichtlich beider Miteigentumsanteile folgendes Recht eingetragen:

"Verbot der Errichtung oder Betreibung einer Wirtschaft oder Kantine - an dem ganzen Grundstück lastend - für und und für, sämtliche in Nürnberg. Gemäß Urkunden vom 29.03./18.05.1904 eingetragen am 01.06.1904/07.08.1924 und umgeschrieben am 21.07.1989."

Mit Kaufvertrag vom 19.09.2022, UVZ-Nr. R 3265/2022, verkaufte die Beteiligte zu 1 den genannten Grundbesitz an den Beteiligten zu 2. Unter Ziffer I.2. des Vertrages ist die Löschung des Rechts in Abteilung II1 Zug um Zug mit Vollzug der Auflassung gemäß § 5 GBBerG beantragt.

Mit Zwischenverfügung vom 19.12.2022 stellte das Amtsgericht - Grundbuchamt - Nürnberg fest, dass der Eintragung ein Hindernis entgegenstehe, das bis 19.01.2023 behoben werden könne. Da die Geburtsdaten der Berechtigten nicht im Grundbuch eingetragen seien, sei gemäß § 5 GBBerG das Datum der Eintragung des Rechts maßgeblich, hier das Jahr 1924. Die 110-Jahresfrist sei daher noch nicht abgelaufen.

Hiergegen wandte der Urkundsnotar mit Schreiben vom 22.12.2022 ein, dass die Bewilligungen laut Grundbuch aus dem Jahr 1904 stammen würden, so dass die Geburtsdaten der Berechtigten zwingend vor dem Jahr 1912 gelegen haben müssten und die 110-Jahresfrist daher abgelaufen sei.

Mit Beschluss vom 13.01.2023 wies das Amtsgericht - Grundbuchamt - Nürnberg den Antrag auf Löschung der eingetragenen Dienstbarkeit zurück. Da das Eintragungsdatum maßgeblich sei, sei die 110-Jahresfrist noch nicht abgelaufen, so dass eine Löschung des Rechts nach § 5 GBBerG nicht erfolgen könne.

Gegen diesen Beschluss legte der Urkundsnotar mit Schreiben vom 25.01.2023 im Namen der Vertragsteile Beschwerde ein. Zur Begründung nahm er auf das Schreiben vom 22.12.2022 Bezug.

Mit Beschluss vom 26.01.2023 half das Amtsgericht - Grundbuchamt - Nürnberg der Beschwerde aus den bereits genannten Gründen nicht ab.

II. Das gegen den zurückweisenden Beschluss nach § 18 Abs. 1 GBO gerichtete Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) statthaft. Sie ist in zulässiger Weise vom Urkundsnotar (§§ 73, 15 Abs. 2 GBO) eingelegt worden. Die Beteiligte zu 1 ist auch beschwerdeberechtigt, weil sie im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen ist. Demgegenüber ist der Beteiligte zu 2 als noch nicht im Grundbuch eingetragener Eigentümer mangels Antragsrechts zwar nicht beschwerdeberechtigt (Kramer in Beck-OK GBO, 48. Edition Stand 02.01.2023, § 71 Rn. 181, 199, 203). Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Urkundsnotar Beschwerde nur im Namen der Antragsberechtigten, also der Beteiligten zu 1, einlegen wollte (s. hierzu Demharter GBO 32. Auflage § 15 Rn. 20).

In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.

Die Beteiligte zu 1 macht eine nachträgliche Unrichtigkeit des Grundbuchs geltend mit der Begründung, die in Abteilung II 1 eingetragene beschränkt persönliche Dienstbarkeit zugunsten von und und sei gemäß § 5 Grundbuchbereinigungsgesetz (GBBerG) erloschen.

Die Beteiligte zu 1 hat jedoch nicht nachgewiesen, dass diese beschränkt persönliche Dienstbarkeit erloschen ist.

1. Bei natürlichen Personen genügt zur Löschung der Dienstbarkeit im Grundbuch in der Regel der Unrichtigkeitsnachweis nach § 22 GBO durch Vorlage der Sterbeurkunde (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26. August 2019 - 12 Wx 30/19 -, juris Rn. 10).

Sterbeurkunden der Berechtigten hat die Beteiligte zu 1 nicht vorgelegt.

2. Die Dienstbarkeit gilt aber auch nicht nach § 5 GBBerG als erloschen, da dessen Voraussetzungen (noch) nicht vorliegen.

Zwar fallen unter § 5 GBBerG Nießbrauche, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (wie hier), unvererbliche subjektiv-persönliche Vorkaufsrechte, unvererbliche subjektiv-persönliche Reallasten und Altenteilsrechte. Die Dienstbarkeit gilt dann mit dem Ablauf vo...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge