Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Ermäßigung des Streitwerts durch bloßes Teilanerkenntnis

 

Verfahrensgang

AG Kelheim (Beschluss vom 30.06.2004; Aktenzeichen 1 F 270/04)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägervertreters wird der Streitwertbeschluss des AG - FamG - Kelheim vom 30.6.2004 dahin abgeändert, dass der Streitwert des Verfahrens einschließlich des Vergleichswertes 16.826,00 Euro beträgt.

 

Gründe

I. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind Kindesunterhalt und Ehegattentrennungsunterhalt, laufend ab Mai 2004 sowie Rückstände i.H.v. 734 Euro. Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 30.6.2004 ein Teilanerkenntnis unter Bezugnahme auf den Klageerwiderungsschriftsatz vom 8.6.2004 für die Zeit ab 1.7.2004 abgegeben.

Anerkenntnisurteil wurde weder beantragt noch vom Gericht erlassen. Vielmehr haben die Parteien nach Erörterung der Sach- und Rechtslage einen umfassenden Vergleich geschlossen, u.a. mit der Vereinbarung von Ratenzahlung hinsichtlich der Rückführung der Rückstände sowie unter Festlegung der Bemessungsgrundlage. In dem Vergleich haben die Parteien die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben.

Mit Beschluss vom 30.6.2004 hat das Gericht den Streitwert für die Zeit bis zum Teilanerkenntnis auf 16.826 Euro, für die Zeit danach auf 4.814 Euro festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die Streitwertbeschwerde der Bevollmächtigten der Klägerin. Dieser hat das AG nicht abgeholfen.

II. Die gem. § 25 Abs. 3 GKG zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet, da das Teilanerkenntnis nicht zu einer Reduzierung des Streitwerts vor Vergleichsabschluss führte und auch der Vergleich die vollen eingeklagten Beträge prozessual erfasste.

Zwar ist dem AG einzuräumen, dass bei Erlass eines Teilanerkenntnisurteils, welches das AG aber auch gem. § 307 ZPO ohne Antrag der Klägerin hätte erlassen können, prozessual nur der nicht anerkannte Teil Gegenstand des Vergleichs hätte werden können. Dieser hätte dann aber auch einen etwas anderen Regelungsgehalt.

Die Abgabe der Anerkenntniserklärung in der mündlichen Verhandlung hat den Streitwert allein nicht verändert, auch hätte der Streitwert des Anerkenntnisurteils den anerkannten Betrag umfasst, da der Beklagte auch in Höhe des Anerkenntnisses durch die Verkündung des Urteils materiell beschwert wird. Erst ab Verkündung des Anerkenntnisurteils hätte sich vielmehr der Streitwert verändert (vgl. Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 152; OLG Bamberg JurBüro 1990, 1619; OLG Düsseldorf JurBüro 1987, 396 [398], m. Anm. von Mümmler; FamRZ 1987, 1280 [1281]). Eine andere Frage ist, ob bei Teilanerkenntnis der Wert einer Beweisaufnahme geringer ist (vgl. Schneider, MDR 1985, 356)

Auch der Wert des Vergleichs vom 30.6.2004 wird durch das vorangehende Anerkenntnis nicht berührt. Zwar setzt das Entstehen einer Vergleichsgebühr gem. § 23 BRAGO ein gegenseitiges Nachgeben voraus. Insoweit ist in der Kostenrechtsprechung anerkannt, dass das bloße Anerkenntnis keine vergleichsweise Einigung darstellt (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 30. Aufl., Rz. 20; OLG Hamburg v. 5.10.1998 - 8 W 242/98, MDR 1999, 189). Zwar hat die Klägerin durch das prozessuale Anerkenntnis Anspruch auf Entscheidung ohne Sachprüfung durch Anerkenntnisurteil. Ihr Interesse bleibt jedoch unverändert darauf gerichtet, einen Titel für ihren geltend gemachten materiellen Anspruch zu erlangen (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1987, 1280 [1281]). Nur wenn eine gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs nicht mehr begehrt wird, z.B. wegen Zahlung oder Hauptsacheerledigung (vgl. OLG Bamberg JurBüro 1990, 1619), entfällt daher eine Regelung i.S.d. § 23 BRAGO. Bei dem vorliegenden Vergleich kommt hinzu, dass die Vergleichsgrundlagen auch den anerkannten Betrag erfassen und daher für seine eventuelle Abänderung von Bedeutung werden können.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, Kosten sind nicht zu erstatten, § 25 Abs. 4 GKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1267572

MDR 2005, 120

OLGR-MBN 2005, 41

www.judicialis.de 2004

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