Leitsatz (amtlich)
Befindet sich in einer Blickfangwerbung eine objektiv unzutreffende Werbeaussage, kann - wenn die Unrichtigkeit eindeutig sowie leicht zu vermeiden ist und dafür kein vernünftiger Anlass besteht - der erzeugte Irrtum nicht durch einen erläuternden Zusatz in Form einer Fußnote oder ähnlichem richtiggestellt werden.
Normenkette
UWG § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, § 13 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 3 HK O 6313/21) |
Tenor
Auf den Hinweis hin wurde die Berufung zurückgenommen.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24.02.2022, Az. 3 HK O 6313/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Gründe
A. Am 06.07.2021 warb die Beklagte auf ihrer Homepage www.k[...].de mit folgender Aussage:
33 % AUF ALLE KÜCHEN (1) + GRATIS AEG BACKOFEN (1)
Der Text zur Fußnote 1 am Ende der Seite lautete:
Beim Kauf einer frei geplanten Einbauküche bei K. erhalten Sie ab einem Gesamtpreis der Küche von 6.900 EUR 33 % Rabatt. Dieser Rabatt errechnet sich aus dem Gesamtpreis abzgl. Montagekosten, abzgl. des Kaufpreises für MIELE- und BORA-Geräte sowie dem Material Stein. Zusätzlich erhalten Sie einen AEG Backofen [...] ohne Berechnung [...]
Das Landgericht Nürnberg-Fürth untersagte der Beklagten mit Endurteil vom 24.02.2022 im Internet und/oder auf sonstigen Werbeträgern zu Zwecken des Wettbewerbs mit der Aussage "33 % auf alle Küchen (1)" zu werben und/oder werben zu lassen und hiervon die in der Fußnote enthaltene Ausnahme zu machen. Außerdem verurteilte es die Beklage zur Bezahlung einer Abmahnpauschale von 220,00 EUR. Zur Begründung führte es insbesondere aus, dass die vom Kläger beanstandete Werbeaussage eine irreführende geschäftliche Handlung darstelle, da der beworbene Rabatt nicht auf alle angebotenen Küchen gewährt werde.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte in ihrer Berufung. Sie beantragt, unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen. Zur Begründung führt sie insbesondere aus, dass die Blickfangwerbung nicht objektiv unrichtig und die damit ausgelöste Fehlvorstellung durch eine irrtumsausschließende Aufklärung in dem Fußnotenhinweis beseitigt worden sei.
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.
B. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die streitgegenständliche Werbung der Beklagten stellt einen wettbewerblich relevanten Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG a.F. dar. Daher stehen dem nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugten und aktivlegitimierten Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG und der Anspruch auf Zahlung der Abmahnpauschale gemäß § 13 Abs. 3 UWG zu.
I. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch ist nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl nach dem zum Zeitpunkt seiner Vornahme geltenden Recht wettbewerbswidrig war als auch nach dem zur Zeit der Berufungsentscheidung geltenden Recht wettbewerbswidrig ist (vgl. BGH, GRUR 2022, 729 Rn. 10 - Zweitmarkt für Lebensversicherungen II). Nach der beanstandeten Verhaltensweise der Beklagten im März 2021 ist das im Streitfall maßgebliche Recht mit Wirkung vom 28.05.2022 novelliert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus jedoch nicht.
II. Die vorliegend gerügte Irreführung ist nach § 5 UWG und nicht nach § 5a UWG zu beurteilen. Ein irreführendes Handeln i.S.d § 5 UWG liegt grundsätzlich dann vor, wenn das Verhalten des Unternehmers aus der Sicht der Abnehmer einen falschen Gesamteindruck begründet und das Unterlassen nur darin besteht, dass die Fehlvorstellung nicht ausgeräumt wird. Erst wenn - wie hier nicht - an dem Vorliegen einer Fehlvorstellung Zweifel bestehen oder der Abnehmer sich über einen bestimmten Umstand, der seine Entscheidung beeinflussen könnte, keine Gedanken macht, ist zu fragen, ob der Unternehmer den Abnehmer entsprechend hätte aufklären müssen (vgl. Köhler, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 5a Rn. 1.14).
III. Die streitgegenständliche Werbung ist irreführend i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG a.F.
1. Die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, richtet sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr diese Werbung auf Grund ihres Gesamteindrucks versteht (BGH, GRUR 2016, 521 Rn. 10 - Durchgestrichener Preis II). Die streitgegenständliche Werbung richtet sich an den Durchschnittsverbraucher. Die Auffassung, wie dieser die Angaben in der Internetwerbung versteht, kann der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen. Seine Mitglieder gehöre...