Verfahrensgang
AG Neustadt a.d. Aisch (Beschluss vom 14.03.2016; Aktenzeichen 1 F 32/16) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Kreisjugendamts Neustadt a.d. Aisch - Bad Windsheim gegen den Endbeschluss des AG - Familiengericht - Neustadt a.d. Aisch vom 14.3.2016, Az.: 1 F 32/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kreisjugendamt Neustadt a. d. Aisch - Bad Windsheim auferlegt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Beschwerdewert beträgt 3.000,00 EUR.
Gründe
Der am 13.04.2016 geborene J. F. W. ist das Kind der nicht verheirateten Eltern C.. B und W. S..,. Die Mutter übt die alleinige elterliche Sorge aus.
C. B. führte bis Dezember 2015 in ... G. den G. "L. F. eV.". Daneben betrieb sie eine mobile Tierheilpraxis und arbeitete selbständig im Büroservicebereich. Gegenwärtig ist sie im Bereich der Betreuung von Flüchtlingen tätig. Der Kindsvater arbeitet in einer Gartenbaufirma wöchentlich von Montag bis Mittwoch. Hinsichtlich der Betreuung des gemeinsamen Kindes praktizieren die Eltern das Wechselmodel. W. hält sich im abwechselnd bei beiden Elternteilen auf und wird von diesen betreut.
Die Eltern lehnen es ab, W. in eine öffentliche Schule oder eine anerkannte Ersatzschule zu schicken. Sie wollen das Kind zu Hause beschulen und selbst unterrichten. Gegen die Mutter wurden wegen der Nichtbeschulung bereits mehrere Bußgeldbescheide erlassen. Zweimal hat sie Erzwingungshaft verbüßt.
Mit Beschluss des AG- Familiengericht - Neustadt a.d. Aisch vom 30.03.2015 im Verfahren, Az.: 1 F 452/12, wurde der Mutter C. B. das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten, das Recht zur Aufenthaltsbestimmung, soweit es die Durchführung des Schulbesuchs betrifft, und das Recht Hilfe zur Erziehung zu beantragen, entzogen. Das Familiengericht hat Ergänzungspflegschaft angeordnet und die entzogenen Teilsorgerechtsbereiche auf das Kreisjugendamt Neustadt a.d. Aisch - Bad Windsheim als Ergänzungspfleger übertragen. Es hat den Ergänzungspfleger ermächtigt, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Schulbesuchs notfalls unter Einsatz von Gewalt und mittels Betreten und Durchsuchung der Wohnungen der Eltern sowie unter Inanspruchnahme der Hilfe des Gerichtsvollziehers oder der Polizei zu erzwingen. Den Eltern wurde aufgegeben, dafür zu sorgen, dass das Kind der Schulpflicht nachkommt, sowie mit dem Ergänzungspfleger nach dessen Maßgabe zusammenzuarbeiten.
Gegen diese Entscheidung hat die Mutter Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, ihre elterliche Sorge unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wieder uneingeschränkt herzustellen. Der Vater W. S. hat sich der Beschwerde der Mutter mit einer Anschlussbeschwerde angeschlossen. Das Kreisjugendamt hat gegen den Beschluss des Familiengerichts vom 30.03.2015 ebenfalls Beschwerde eingelegt. Es hat geltend gemacht, dass die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts in dem tenorierten Umfang zur Abwendung der bestehenden Kindeswohlgefährdung nicht ausreichend sei, weil hierdurch eine zur Sicherung des Schulbesuchs notwendige Fremdunterbringung des Kindes nicht ermöglicht werde.
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat die Beschwerden der Eltern und des Kreisjugendamts Neustadt a.d. Asch mit Beschluss vom 15.09.2015, Az.: 9 UF 542/15, zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass durch die anhaltend ablehnende Haltung der Eltern gegenüber dem Schulbesuch das geistige und seelische Wohl des Sohnes W. B. im Sinne des § 1666 Abs. 1 BGB gegenwärtig und erheblich gefährdet sei. Der Teilsorgerechtsentzug im ausgesprochenen Umfang und die Bestellung des Jugendamtes als Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis Sicherung der Beschulung seien zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung geboten. Weniger stark eingreifende Maßnahmen seien nicht geeignet den Schulbesuch des Kindes zu gewährleisten und zu normalisieren. Eine vollständige Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts - wie vom Jugendamt beantragt - hat der Senat unter Hinweis auf die begründete Erwartung eines durch die getroffenen Maßnahmen zukünftig gewährleisteten Schulbesuchs und die mit einer Trennung des Kindes von den Eltern verbundenen Härte aus Gründen der Verhältnismäßigkeit abgelehnt. Zu den Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.
In der Zeit vom 28.04.2015 bis zum 23.10.2015 hat W. regelmäßig die staatliche Grundschule L.-G. besucht. Nach dem Ende der Herbstferien 2015 ist er dort nicht mehr erschienen.
Mit Schreiben vom 12.11.2015 an das AG - Familiengericht - Neustadt a.d. Aisch hat das Kreisjugendamt Neustadt a.d. Aisch - Bad Windsheim mitgeteilt, dass es sich nicht in der Lage sehe, den Schulbesuch des Kindes W. entsprechend der Beschlussfassung durch das Familiengericht vom 30.3.2015 sicherzustellen. Mitarbeiter des Jugendamts hätten sowohl am 9.11.2015 als auch am 11.11.2015, zuletzt unter Hinzuziehung der Polizei, erfolglos versucht, W. B. zur Schule zu bringen. Der Aufenthalt des Kindes habe nicht festgestellt werden können, nachdem die Mutter Angabe...