Leitsatz (amtlich)
Zur Befangenheit eines Richters, der mit seinem Rat versucht, eine ihm dienstlich bekanntgewordene Notlage aufgrund ausbleibender Unterhaltszahlungen abzumildern.
Normenkette
ZPO § 42
Verfahrensgang
AG Schwabach (Beschluss vom 26.10.2015; Aktenzeichen 002 F 716/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Schwabach vom 26.10.2015 aufgehoben und das Ablehnungsgesuch des Antragsgegners vom 29.09.2015 gegen den Richter am AG K. für begründet erklärt.
Gründe
I. Im vorliegenden Verfahren 002 F 716/09, dessen Gegenstand die Regelung des Kindesunterhaltes für die beiden gemeinsamen Kinder der Beteiligten ist, schlossen die Beteiligten im Termin vom 10.12.2009 einen Vergleich, in dem sich der Antragsgegner zur Zahlung rückständigen und laufenden Kindesunterhaltes verpflichtete.
Der Vertreterin der Antragstellerin wurde am 16.09.2010 auf ihren Antrag hin eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleiches erteilt.
Die Antragstellerin selbst wandte sich mit Schreiben vom 02.11.2010 an den zuständigen Richter und erklärte, sie sei am Verzweifeln. Ihr Ex-Mann habe drei Monate Unterhalt bezahlt, danach habe er schriftlich mitteilen lassen, dass er nicht mehr zahlen könne, er habe die Rente eingereicht. Das Jugendamt sei außen vor. Die ARGE sage auch nein, somit komme sie für ihre Kinder alleine auf. Die Antragstellerin beschreibt sodann ausführlich die Folgen ihrer schwierigen finanziellen Verhältnisse. Sie bittet den zuständigen Richter um Hilfe, ob er ihr vielleicht einen Rat geben oder eine Stelle nennen könne, wo sie noch "anklopfen kann".
Mit Verfügung vom 04.11.2010 ließ der zuständige Richter der Antragstellerin mitteilen, "dass ihr die Möglichkeit verbleibt aus Ziffer 2 des Vergleiches vom 10.12.2009 die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Insoweit sollten Sie Rücksprache bei ihrer vormaligen Bevollmächtigten Frau Rechtsanwältin R... nehmen. Zudem besteht jederzeit die Möglichkeit bei der für Sie zuständigen PI H... Anzeige gegen ihren Ex-Mann wegen Unterhaltspflichtverletzung zu erstatten (§ 170 StGB). Sollte sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zeigen, dass Ihr Ex-Mann trotz Leistungsfähigkeit keinen Unterhalt leistet, kommt eine Verurteilung Ihres Ex-Manns in Betracht. Möglicherweise veranlasst dies Ihren Ex-Mann die Unterhaltszahlungen wieder aufzunehmen."
Die Antragstellerin beantragte am 22.06.2015 das Verfahren fortzusetzen und focht den Vergleich vom 10.12.2009 an. Der Antragsgegner, der ebenfalls durch einen neuen Verfahrensbevollmächtigten vertreten wird, beantragte über diesen zunächst Akteneinsicht. Mit Schreiben vom 29.09.2015 lehnt er den zuständigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit unter Verweis auf die obige Verfügung ab. Er gehe davon aus, dass Rechtsberatung Rechtsanwälten zustehe und nicht Richtern. Der Richter sei bei der Ausübung seines Richteramtes zur Neutralität verpflichtet. Die Rechtsberatung beginne bereits mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Vollstreckung. Die Formulierung hinsichtlich der Unterhaltspflichtverletzung mache klar, dass hier eine Tat angezeigt werden solle. Es stehe ausdrücklich nicht dort, dass wegen des Verdachtes der Unterhaltspflichtverletzung Anzeige erstattet werden solle. Dies allein rechtfertige die Besorgnis der Befangenheit. Der Vermerk stamme aus einer Zeit, in der kein Prozess anhängig gewesen sei.
Der zuständige Richter äußerte hierzu, eine Rechtsberatung sei in der Verfügung vom 08.11.2010 nicht erfolgt. Zu weiteren Möglichkeiten sei die Antragstellerin an ihre vormalige Bevollmächtigte verwiesen worden.
Mit Beschluss vom 26.10.2015 hat das AG den Befangenheitsantrag als unbegründet verworfen. Es liege kein Grund im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO vor, der es rechtfertige, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters anzunehmen. Aus dem Hinweis, dass die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich bestehen würde und sich die Antragstellerin diesbezüglich an ihre Rechtsanwältin wenden solle, könne weder eine unzulässige Rechtsberatung gesehen werden, noch könne hieraus eine Befangenheit abgeleitet werden. Auch der Ratschlag hinsichtlich der Anzeige enthalte weder eine Bewertung der Beweissituation, noch eine Vorverurteilung des Antragsgegners, die geeignet wäre, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Gerichts aufkommen zu lassen. Der Richter habe im vorliegenden Fall der Antragstellerin lediglich geraten, die ihr zustehenden Rechte wahrzunehmen.
Mit seiner sofortigen Beschwerde wiederholt und vertieft der Antragsgegner seine bereits im Schriftsatz vom 29.09.2015 genannten Gründe. Die Hinweise auf die Zwangsvollstreckung und die Möglichkeit der Strafanzeige würden eine Rechtsberatung darstellen. Was die Anzeige angehe, so schreibe der Richter eindeutig von einer vollendeten Tat.
II. Die gemäß § 113 Abs. 1 FamFG, § 46 Abs. 2, §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
Gemäß § 42 ZPO setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit einen Grun...