Leitsatz (amtlich)

Die Gebührenermäßigung nach KV 1211b GKG hängt nicht davon ab, ob das Anerkenntnisurteil hinsichtlich seiner Kostenentscheidung begründet werden muss.

 

Normenkette

GKG KV Nr. 1211b

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 3 O 6559/00)

 

Tenor

Die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem LG Nürnberg-Fürth vom 18.10.2002 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Nürnberg-Fürth vom 22.8.2002 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die nicht fristgebundene Beschwerde (§ 5 Abs. 3 S. 3 GKG) des Bezirksrevisors gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 22.8.2002 ist zulässig, aber nicht begründet.

Zu Recht hat das LG angenommen, dass nach KV 1211b GKG nur eine Gerichtsgebühr angefallen ist. Auch das Vorliegen zweier Urteile (Teilanerkenntnisurteil vom 21.9.2000 bzw. Teilanerkenntnis- und Schlussurteil vom 23.10.2001) ändert nichts daran, dass der Rechtsstreit hinsichtlich aller Klageanträge durch Anerkenntnisse seitens des Beklagten beendet worden ist. Der Bezeichnung des 2. Urteils – auch – als Schlussurteil kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Aufgrund der beiden Anerkenntnisse des Beklagten war das LG der Notwendigkeit enthoben, die materielle Begründetheit der geltend gemachten Ansprüche zu prüfen. Nach dem klaren Wortlaut von KV 1211b GKG ermäßigt sich damit die Gerichtsgebühr auf 1,0. Eine Differenzierung danach, ob das Anerkenntnisurteil wegen gegensätzlicher Kostenanträge begründet werden musste, enthält die genannte Vorschrift nicht. Die Voraussetzungen für die Gebührenermäßigung sind somit gegeben.

Die gegenteilige Auffassung (vgl. Österreich/Winter/Hellstab, GKG, Nr. 1211, Rz. 23, 23a m.w.N.) teilt der Senat nicht. Sie wird dem Wortlaut von KV 1211b nicht gerecht. Er knüpft gerade nicht an einen Begründungszwang für die Kostenentscheidung an. Zudem überzeugt die Parallele zu Kostenentscheidungen gem. § 91a ZPO nicht. Im Rahmen dieser Vorschrift müssen – wenn auch nur summarisch (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 91a Rz. 24) – die materiell-rechtlichen Erfolgsaussichten von Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung beurteilt werden. Diese Prüfung ist häufig mit erheblichem richterlichem Kostenaufwand verbunden. Demgegenüber sind bei gegensätzlichen Kostenanträgen nach einem Anerkenntnis nur die Merkmale „Anlass zur Klageerhebung” und „sofortiges Anerkenntnis” zu prüfen. Aus der Gebührenregelung zu § 91a ZPO kann daher für das Verständnis von KV 1211b nichts abgeleitet werden. Deshalb beruft sich die Beschwerde auch zu Unrecht auf den Beschluss des 13. Zivilsenats des OLG Nürnberg vom 14.1.2000 (OLG Nürnberg, Beschl. v. 14.1.2000 – 13 W 4609/99, OLGReport Nürnberg 2000, 88 = MDR 2000, 415), zumal dort für die nach § 91a ZPO zu treffende Entscheidung ebenfalls eine Gebührenprivilegierung angenommen war.

Der Beschwerde ist zwar zuzugeben, dass ausweislich der amtlichen Begründung zum KostÄndG 1994 (BT-Drucks. 12/5992, 69 f.) Absicht des Gesetzgebers war, den Umfang richterlicher Tätigkeiten beim Anfall der Gebühren zu berücksichtigen. Dies hat er aber nicht zu einer Differenzierung innerhalb des Anerkenntisurteils hinsichtlich des Begründungszwang für die Kostenentscheidung zum Anlass genommen. Hiervon geht auch die Kommentierung bei Zöller/Greger (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 253 Rz. 27), aus, wenn sie meint, dass die Formulierung in KV 1211b zu weit gehe. Die dort aufgezeigte, an der Regelung zu § 91a ZPO anknüpfende Kritik vermag der Senat nicht zu teilen. Sie ist hinsichtlich des regelmäßigen richterlichen Aufwandes wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe nicht gerechtfertigt (s.o.) und berechtigt zudem nicht, gegen den nicht auslegungsfähigen Wortlaut von KV 1211b zu entscheiden. Im Übrigen trifft es nicht zu, dass sich der zu erbringende Arbeitsaufwand – nur – nach dem Begründungszwang der Kostenentscheidung richten würde. So verweist Zöller/Greger (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 253 Rz. 27) selbst auf das Wissen jedes Praktikers, wonach es „viel mühseliger (sei), eine Partei zum Anerkenntnis … zu bewegen”. Also nicht erst der Begründungszwang, sondern schon das Erreichen eines materiellen Anerkenntnisses kann erheblichen Arbeitsaufwand auslösen. Dass aber bei KV 1211b GKG die eventuellen Schwierigkeiten, in der Sache ein Anerkenntnis zu erzielen, zu berücksichtigen wären, behauptet – soweit ersichtlich – niemand.

Soweit die Parallele zu § 91a ZPO damit verteidigt wird (Österreich/Winter/Hellstab, GKG, Nr. 1211, Rz. 23, 23a m.w.N.), dass die Intensität der Auseinandersetzung mit dem Streitstoff kostenrechtlich nicht zum Maßstab für die Anwendung oder Nichtanwendung eines Gebührenmaßstabs gemacht werden dürfe, ist dem entgegenzuhalten, dass diese Argumentation widersprüchlich erscheint, da andererseits die nach dieser Meinung für richtig gehaltene Differenzierung innerhalb der Anerkenntnisurteile je nach Begründungszwang für die Kostenentscheidung gerade an der Frage nach der Notwendigkeit richterlichen Arbeitsaufwandes anknüpft.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veran...

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