Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebühr bei Güteverhandlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Durchführung einer Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO n.F. löst i.d.R. eine 10/10-Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO aus.

2. Eine auf Grund einer Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO n.F. angefallene Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO ermäßigt sich nicht nachträglich dadurch, dass der Güteverhandlung keine str. Verhandlung folgt.

 

Verfahrensgang

AG Neustadt a.d. Aisch (Beschluss vom 10.09.2003; Aktenzeichen 1 F 112/03)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin bei dem AG Neustadt/Aisch vom 10.9.2003 (Az.: 1 F 112/03) dahin gehend abgeändert, dass die zu erstattenden Kosten auf 1.378,78 Euro festgesetzt werden.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 328,28 Euro.

 

Gründe

I. Mit seiner Klage vom 20.2.2003 hat der Kläger gegen die Beklagte Unterhaltsansprüche aus übergegangenem Recht i.H.v. 15.147,61 Euro nebst Zinsen geltend gemacht. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 7.4.2003 Klageabweisung beantragt.

Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 4.6.2003 wurde in diesem Termin zunächst eine Güteverhandlung durchgeführt. Die Sitzung wurde sodann unterbrochen und anschließend fortgeführt. Im weiteren Verlauf der Sitzung hat die Beklagte den Klageanspruch anerkannt, woraufhin auf entspr. Antrag des Klägers ein Anerkenntnisurteil erging.

Mit Schriftsatz vom 5.6.2003 hat der Kläger Kostenfestsetzung i.H.v. 1.415,26 Euro beantragt und dieser Berechnung u.a. eine 10/10-Erörterungsgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO i.H.v. 566 Euro sowie Kosten für Fotokopien bzw. Schreibauslagen i.H.v. 31,45 Euro zugrunde gelegt. Mit Beschluss vom 10.9.2003 hat die Rechtspflegerin auf entspr. Einwendungen der Beklagten die zu erstattenden Kosten auf insgesamt 1.050,50 Euro festgesetzt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass eine 10/10-Verhandlungsgebühr nicht entstanden, sondern lediglich eine 5/10-Verhandlungsgebühr für die nicht str. Anträge gem. § 33 Abs. 2 BRAGO angefallen sei und die Kosten für Kopien nach der Rspr. des BGH nicht erstattungsfähig seien.

Gegen diesen am 17.9.2003 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 23.9.2003 Beschwerde eingelegt, soweit ihm eine 5/10-Verhandlungsgebühr für nicht str. Anträge gem. § 33 Abs. 2 BRAGO zuerkannt worden ist. Zur Begründung beruft er sich darauf, dass er eine 10/10-Erörterungsgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO geltend gemacht habe, die auch angefallen sei. Die nachfolgend entstandene reduzierte Verhandlungsgebühr i.H.v. 5/10 sei auf die Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 2 BRAGO anzurechnen, so dass ihm insoweit insgesamt eine 10/10-Gebühr zustehe.

Mit Beschluss vom 14.10.2003 hat die Rechtspflegerin bei dem AG Neustadt/Aisch der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem OLG Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde ist als sofortige Beschwerde statthaft (§§ 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 567 Abs. 2 S. 2 ZPO), da der Beschwerdegegenstand 50 Euro übersteigt. Die sofortige Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt (§ 569 ZPO) und damit zulässig.

Das Rechtsmittel hat auch in dem eingelegten Umfang in der Sache Erfolg.

Dem Kläger stehen insgesamt eine 10/10-Prozessgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO), eine 10/10-Erörterungsgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO) sowie eine 5/10-Verhandlungsgebühr (§ 33 BRAGO) zu. Da die Erörterungsgebühr und die Verhandlungsgebühr denselben Gegenstand betreffen und in demselben Rechtszug entstanden sind, werden sie aufeinander angerechnet, so dass dem Kläger insgesamt 2 volle Gebühren zustehen (§ 31 Abs. 2 BRAGO). Im Einzelnen ist hierzu Folgendes auszuführen:

1. Der Begriff „Erörterung” findet in der BRAGO keine Legaldefinition. Die Auslegung dieses Begriffes hat sich in erster Linie am Gesetzeszweck zu orientieren. Die Erörterungsgebühr wurde durch das Kostenänderungsgesetz 1975 in die BRAGO eingefügt, um Gebührennachteile des Anwalts auszugleichen, wenn die mündliche Verhandlung nicht mit der Stellung der Anträge begonnen wird und es nach einer Erörterung z.B. wegen des nachfolgenden Abschlusses eines Vergleichs nicht mehr zu einem förmlichen Verhandeln i.S.d. ZPO kommt. Nach h.M. und Rspr. ist unter „Erörterung” ein Gespräch zwischen dem Gericht und den Parteien bzw. den Prozessbevollmächtigten zu verstehen, das sich über gegensätzliche Standpunkte verhält. Die Erörterung muss in einem Termin stattfinden, wobei dies jedoch nicht zwingend der zur mündlichen Verhandlung bestimmte Termin sein muss, sondern auch eine Güteverhandlung ausreichen kann (Mümmler, Die Erörterungsgebühr, JurBüro 1977, 1031; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 31 Rz. 147 ff.; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 20. Aufl., Stichwort „Erörterungsgebühr”, 3.1 S. 528; Riedel/Sußbauer, BRAGO, 8. Aufl., § 31 Rz. 79 ff.)

Nach der Neufassung der ZPO hat der mündlichen Verhandlung grundsätzlich zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlun...

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