Entscheidungsstichwort (Thema)

Erörterungsgebühr auch in einer gerichtlichen Güteverhandlung nach § 278 Abs. 2 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Stufenklage erwächst – bei Erörterung des gesamten Klagebegehrens in der Güteverhandlung – die Erörterungsgebühr nach dem höheren Gegenstandswert des noch unbezifferten Leistungsantrags.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 27.08.2003; Aktenzeichen 309 O 84/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 9, vom 27.8.2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Der Kläger hat gegen den Beklagten eine Stufenklage erhoben. Der auf Rechenschaftslegung gerichtete Klagantrag zu 1) wurde von dem LG mit 6.646,79 Euro, der unbezifferte Leistungsantrag zu 3) mit 26.587,18 Euro bewertet. Durch Verfügung der Einzelrichterin wurde ein Termin zur Güteverhandlung und zur mündlichen Verhandlung anberaumt. In der öffentlichen Sitzung des LG wurde zunächst im Rahmen der Güteverhandlung die Sach- und Rechtslage ausführlich erörtert. Nachdem Vergleichsbemühungen gescheitert waren, wurde nach dem Protokoll in das str. Verfahren übergegangen. Der Klägervertreter stellte den Klagantrag zu 1) der Stufenklage, der Beklagtenvertreter beantragte die Klagabweisung. Durch das auf diese Verhandlung ergangene Urteil wurde die Klage abgewiesen, dem Kläger wurden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Beklagte zwei volle Gebühren nach dem Streitwert des unbezifferten Leistungsantrags angemeldet. Dem hat die Rechtspflegerin des LG entsprochen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Er macht geltend, die Rechtslage sei in der mündlichen Verhandlung nur innerhalb der ersten Stufe der Stufenklage erörtert worden, so dass eine Erörterungsgebühr nur nach dem geringeren Streitwert entstanden sei.

Die zulässige sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat die Rechtspflegerin des LG zugunsten des Beklagten zwei Gebühren nach dem höheren Streitwert der Stufe 3 als erstattungsfähig anerkannt. Zwar war neben der Prozessgebühr nicht die geltend gemachte Verhandlungsgebühr i.S.v. § 31 Abs. 1 Ziff. 2 BRAGO nach dem Streitwert der Stufe 3 festzusetzen, denn die mündliche Verhandlung erstreckte sich lediglich auf die Stufe 1 der Klage. Der Beklagte kann jedoch stattdessen eine Erörterungsgebühr nach dem höheren Streitwert gem. § 31 Abs. 1 Ziff. 4 BRAGO erstattet verlangen, weil das gesamte Klagebegehren unstr. in der Güteverhandlung erörtert worden ist. Auf diese Gebühr ist die nach dem geringeren Streitwert der Stufe 1 entstandene Verhandlungsgebühr gem. § 31 Abs. 2 BRAGO anzurechnen.

Durch die Erörterung der Sache in der der mündlichen Verhandlung gem. § 278 Abs. 2 ZPO vorausgegangenen Güteverhandlung ist eine Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Ziff. 4 BRAGO ausgelöst worden. Vor der am 1.1.2002 in Kraft getretenen Reform des Zivilprozessrechts war im Rahmen von § 279 ZPO a.F. in der höchstrichterlichen Rspr. umstritten, ob eine Erörterungsgebühr in einem gesonderten Gütetermin nach § 279 ZPO oder in einem sonstigen Termin vor dem beauftragten oder ersuchten Richter entstehen könne (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 31 Rz. 152, m.w.N.). Die seinerzeit h.M. lehnte dies ab mit der Begründung, eine Erörterung i.S.v. § 31 Abs. 1 Ziff. 4 BRAGO finde nur in einem solchen gerichtlichen Termin statt, in welchem eine mündliche Verhandlung i.S.v. § 31 Abs. 1 Ziff. 4 BRAGO durchgeführt werde. Der Senat ist dieser Meinung bereits während der Geltung des früheren Rechts entgegengetreten und hat im Einzelnen ausgeführt, an dem Anfall der Erörterungsgebühr könne nichts ändern, dass eine Erörterung nach der Verhandlungsniederschrift im Güteverfahren geschehen ist (OLG Hamburg JurBüro 1978, 872). Der Senat hält an dieser Auffassung auch für das ab 1.1.2002 geltende Zivilprozessrecht fest, durch welches die der mündlichen Verhandlung vorangehende Güteverhandlung gem. § 278 ZPO n.F. eine besondere Bedeutung erlangt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass für eine Erörterung im Rahmen einer Güteverhandlung Besonderheiten unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten gelten sollen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 31 Abs. 1 Ziff. 4 BRAGO.

Diese Auslegung des Gesetzes ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift gerechtfertigt. Motiv für die Schaffung des Gebührentatbestandes der Erörterungsgebühr war nicht nur, die durch die gerichtliche Handhabung von Vergleichsverhandlungen vor Antragstellung verursachte Nichtentstehung der Verhandlungsgebühr auszugleichen, sondern auch die frühzeitige Beendigung des Rechtsstreits durch einen Vergleich zu fördern und den Rechtsanwalt für die Mühewaltung zu entgelten, welche die Erörterungen der Sache in einem Termin schon im Vorbereitungsstadium vor dem ersten Verhandlungstermin mit sich bringen (OLG Düsseldorf JurBüro 1985, 1828; LG Lüneburg JurBüro 1986, 727). Im Hinblick auf die Ne...

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