Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleichsverfahren. Tod des anwaltlich vertretenen Verpflichteten. Versorgungsausgleichsverfahren: Verfahrensfortsetzung nach Tod des anwaltlich vertretenen Ausgleichspflichtigen
Leitsatz (redaktionell)
Das Versorgungsausgleichsverfahren wird durch den Tod des Ausgleichspflichtigen nicht unterbrochen, wenn dieser anwaltlich vertreten ist; Es darf vor Ermittlung der Erben (Rechtsnachfolger) fortgeführt und beendet werden, weil ZPO § 246 Abs. 1 den ungestörten Fortgang des Verfahrens und den Schutz des Bevollmächtigten bezweckt.
Normenkette
BGB § 1587e Abs. 4; ZPO § 246 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Urteil vom 16.02.1995; Aktenzeichen 5 F 422/94) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Bahnversicherungsanstalt – Bezirksleitung Rosenheim – hin wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Nürnberg (5 F 422/94) vom 16.02.1995 in Nr. II. des Tenors abgeändert:
- Der Betrag der zu übertragenden Rentenanwartschaften wird von monatlich 335,81 DM auf monatlich 306,03 DM herabgesetzt.
- Zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners … bei der Bahnversicherungsanstalt, Bezirksleitung Rosenheim, Abt. B (VSNR.: …) werden auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin … bei der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken (VSNR.: …) – weitere – Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 29,78 DM, bezogen auf den 31.03.1994, begründet.
- Der Monatsbetrag der zu übertragenden und der zu begründenden Rentenanwartschaften ist jeweils in Entgeltpunkte umzurechnen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf
1.000 DM
festgesetzt.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 16.02.1995 die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Hierbei hat es von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Bahnversicherungsanstalt Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 335,81 DM auf das Konto der Antragstellerin bei der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken in Bayreuth übertragen. Dieser Entscheidung lag zugrunde, daß die beteiligten Eheleute in der gesetzlichen Rentenversicherung Anwartschaften in Höhe von monatlich 915,58 DM (Antragsgegner) bzw. monatlich 303,52 DM (Antragstellerin) ehezeitbezogen erworben hatten, und der Antragsgegner darüberhinaus eine Anwartschaft auf Zusatzversorgung in Höhe von monatlich (dynamisiert) 59,56 DM.
Mit ihrer Beschwerde beantragt die Bahnversicherungsanstalt, den Ausgleich durch „Übertragung” nur in Höhe von monatlich 306,03 DM und im übrigen durch „Begründung” von Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 29,78 DM (59,56 DM: 2) vorzunehmen.
Nach Rechtskraft des Scheidungsurteils (Rechtsmittelverzicht vom 16.02.1995), aber vor Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist der Antragsgegner am 31.03.1995 verstorben.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Der Anspruch auf den Versorgungsausgleich erlischt nicht mit dem Tod des Verpflichteten; er ist gegen die Erben geltend zu machen (§ 1587 e Abs. 4 BGB). Das Verfahren wird nicht unterbrochen, weil ein prozeßbevollmächtigter Rechtsanwalt den Antragsgegner bzw. dessen Erben vertritt (§ 246 Abs. 1 ZPO; BGH FamRZ 1984, 467 = NJW 1984, 2829).
Die Vorschrift des § 246 Abs. 1 ZPO dient dem ungestörten Fortgang des Verfahrens und dem Schutz des Bevollmächtigten, unabhängig davon, ob ein Rechtsnachfolger bereits bekannt ist (Zöller/Greger, ZPO, 19. Auflage 1995, § 246, Rn. 1).
Der Versorgungsausgleich ist hinsichtlich der Zusatzversorgung des Antragsgegners nicht durch „Übertragung” von Rentenanwartschaften gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB, sondern im Wege der „Begründung” nach § 1 Abs. 3 VAHRG i.V. mit § 1587 b Abs. 2 BGB (analog) durchzuführen (sog. Quasi-Splitting). Zu Lasten der Versorgungsanrechte des Antragsgegners bei der Bahnversicherungsanstalt. Abteilung B. sind auf dem Konto der Antragstellerin bei der LVA (weitere) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 29,78 DM (59,56 DM: 2) zu begründen.
Die von beiden Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen ehezeitbezogenen Anrechte sind in Höhe von monatlich 306,03 DM (915,58 – 303,52 = 612,06: 2) durch Übertragung von Konto zu Konto gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB auszugleichen.
Gemäß § 1587 b Abs. 6 BGB ist anzuordnen, daß der Monatsbetrag der zu übertragenden und der zu begründenden Rentenanwartschaften jeweils in Entgeltpunkte umzurechnen ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a Abs. 1 S. 1 ZPO. Danach sind die Kosten der Scheidungsfolgesache „Versorgungsausgleich” zwischen den beteiligten Eheleuten (bzw. Erben des Antragsgegners als dessen Rechtsnachfolger) gegeneinander aufzuheben.
IV.
Der Beschwerdewert ist gem. § 17 a Nr. 1 GKG festzusetzen.
V.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der weiteren Beschwerde liegen nicht vor (§ 621 e Abs. 2, § 546 Abs. 1 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 936315 |
NJW-RR 1996, 395 |