Leitsatz (amtlich)
Stellt das BVerfG (wie etwa mit dem Urt. v. 4.5.2011 - 2 BvR 2365/09 u.a.) fest, dass die gerichtliche Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung gegen Grundrechte des Betroffenen verstößt, hebt es diese auf und verweist es die Sache an das Vollstreckungsgericht zurück, so liegt hierin eine rechtskräftige Entscheidung i.S.d. § 1 Abs. 1 ThUG.
Normenkette
ThUG §§ 1, 5 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 22.05.2012; Aktenzeichen 7 AR 13/11 ThUG) |
Tenor
Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des LG Regensburg vom 22.5.2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Betroffene wurde am ...1999 vom LG Regensburg (Az. KLs ... jug) rechtskräftig wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt. Mit Urteil vom 22.6.2009 (Az. NSV 121 Js 17270/1998 jug) ordnete das LG Regensburg seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 JGG an. Seine hiergegen gerichtete Revision verwarf der BGH mit Urteil vom 9.3.2010 (Az. 1 StR 554/09, NJW 2010, 1539).
Der Betroffene hat die gegen ihn erkannte Jugendstrafe vollständig verbüßt und befand sich vom 9.3.2010 bis zur Entscheidung des BVerfG vom 4.5.2011 (Az. 2 BvR 2365/09) im Vollzug der angeordneten Maßregel in der Justizvollzugsanstalt S.
Mit Schreiben vom 10.3.2011, das am 15.3.2011 bei der Gemeinsamen Einlaufstelle der Justizbehörden Regensburg einging, beantragte der Leiter der Justizvollzugsanstalt S beim LG Regensburg, die Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung gem. § 1 ThUG und des weiteren die vorläufige Unterbringung, die mit Rechtskraft der in § 1 Abs. 1 ThUG vorausgesetzten Entscheidung wirksam werde, gem. § 14 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 ThUG anzuordnen.
Auf die Verfassungsbeschwerde des Betroffenen (Az. 2 BvR 2333/08) stellte das BVerfG mit Urteil vom 4.5.2011 (Az. 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10) u.a. fest, dass die Urteile des BGH vom 9.3.2010 und des LG Regensburg vom 22.6.2009 den Betroffenen in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verletzen, hob diese auf und verwies die Sache an das LG Regensburg zurück.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Regensburg ordnete die Große Jugendkammer des LG Regensburg mit Beschluss vom 6.5.2011 die einstweilige Unterbringung des Betroffenen in der Sicherungsverwahrung gem. § 105 Abs. 1, § 7 Abs. 4 JGG, § 275a Abs. 5 Satz 1 StPO an. Dessen hiergegen gerichtete Beschwerde verwarf der 2. Strafsenat des OLG Nürnberg mit Beschluss vom 16.8.2011 (Az. 2 Ws 365/11). Das Verfahren vor der Jugendkammer ist noch nicht abgeschlossen.
Mit Schriftsatz vom 8.8.2011 beantragte der Betroffene, sämtliche Anträge der Justizvollzugsanstalt wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 8.11.2011 beantragte der Betroffene erneut, einen Beschluss zur Zulässigkeit zu erlassen. Mit Beschluss vom 30.11.2011 (Az. 15 W 2304/11 ThUG) wies der Senat den letztgenannten Antrag als unzulässig zurück.
Mit Schriftsatz vom 31.1.2012 beantragte der Betroffene, den Antrag des Leiters der Justizvollzugsanstalt S vom 10.3.2011 auf Therapieunterbringung als unzulässig abzuweisen, da die Antragsberechtigung geendet habe, als der Betroffene aus der Sicherungsverwahrung entlassen worden sei, was aufgrund des Urteils des BVerfG vom 4.5.2011 geschehen sei.
Mit Verfügung vom 2.2.2012 wies der Vorsitzende der 7. Zivilkammer des LG Regensburg darauf hin, dass nach vorläufiger Ansicht der Kammer der Leiter der Justizvollzugsanstalt S gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 ThUG antragsberechtigt sei, weil sich der Betroffene zur Zeit der Antragstellung am 10.3.2011 dort befunden habe. Von einer förmlichen Verbescheidung des Antrags werde abgesehen, da für eine Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Verfahrens keine Rechtsgrundlage bestehe.
Mit Schreiben vom 4.4.2012 beantragte der Betroffene, den Antrag vom 10.3.2011 als verfristet zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 3.5.2012 schloss sich sein Beistand diesem Antrag an und begehrte, per Beschluss zu bestätigen, dass gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 ThUG der Antrag des Leiters der Justizvollzugsanstalt S vom 10.3.2011 als zurückgenommen gelte, da nicht innerhalb von zwölf Monaten seit Antragstellung eine rechtskräftige Entscheidung gem. § 1 Abs. 1 ThUG ergangen sei.
Mit Beschluss vom 22.5.2012 wies das LG Regensburg die Anträge vom 4.4.2011 und vom 3.5.2011 zurück, da die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 ThUG nicht erfüllt seien. Eine rechtskräftige Entscheidung i.S.d. § 1 Abs. 1 ThUG liege vor, da das BVerfG mit Beschluss vom 4.5.2001 das Urteil des LG Regensburg vom 22.6.2009 (Az. 121 Js 17210/1998 jug) aufgehoben habe, mit dem gegen den Betroffenen nachträglich die Sicherungsverwahrung angeordnet worden sei. Hinsichtlich des weiteren Antrags wies die Kammer auf die Verfügung vom 2.2.2012 hin.
Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene, vertreten durch seinen Beistand, mit Telefax vom 28.5.2012 Beschwerde einge...