Leitsatz (amtlich)

Eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG ist gerechtfertigt, wenn ein privater Rentenversicherungsvertrag in der Absicht gekündigt wurde, diese Vorsorge dem Versorgungsausgleich zu entziehen.

 

Normenkette

VersAusglG § 27

 

Verfahrensgang

AG Hersbruck (Beschluss vom 18.11.2010; Aktenzeichen 04 F 267/10)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird Ziff. 2 des Endbeschlusses des AG - Familiengericht - Hersbruck vom 18.11.2010 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der D., Versicherungsnummer ..., zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. 15,2462 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der ..., bezogen auf den 28.2.2010, übertragen. In Höhe von 0,8248 Entgeltpunkten findet ein Ausgleich zugunsten der Antragsgegnerin nicht statt. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der D., Versicherungsnummer ..., zugunsten des Antragstellers ein Anrecht i.H.v. 4,4743 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der D., bezogen auf den 28.2.2010, übertragen. Hinsichtlich des früheren Anrechts der Antragsgegnerin bei der S. findet ein Ausgleich nicht statt.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.318,40 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Mit Endbeschluss vom 18.11.2010 hat das AG - Familiengericht - Hersbruck die Ehe der Eheleute L. geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat es die beiderseitigen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie eine private Rentenversicherung der Antragsgegnerin ausgeglichen; wegen der einzelnen Regelungen wird auf den vorgenannten Beschluss Bezug genommen.

Hiergegen hat die Antragsgegnerin form- und fristgerecht Beschwerde mit der Begründung eingelegt, dass ihre Rentenversicherung beim Versorgungsausgleich nicht zu berücksichtigen sei, da sie die Versicherung mit Schreiben vom Dezember 2010 gekündigt habe.

Der Antragsteller beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

II. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat insoweit Erfolg, als hinsichtlich der privaten Altersversorgung der Antragsgegnerin ein Ausgleich nicht stattfindet.

Die Antragsgegnerin hat die zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung noch bestehende Rentenversicherung bei der S. inzwischen gekündigt; ausweislich des vorgelegten Schreibens vom 11.1.2011 hat diese der Kündigung nicht widersprochen. Ansprüche auf Rentenzahlungen stehen der Antragsgegnerin damit nicht mehr zu und können daher auch nicht im Wege des Versorgungsausgleichs übertragen werden. In den Versorgungsausgleich einbezogen werden können nämlich nur im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung noch vorhandene Anwartschaften. Wie der BGH bereits wiederholt entschieden hat, gilt dies auch für solche Anrechte, die erst nach dem Ende der Ehezeit weggefallen sind (vgl. z.B. BGH FamRZ 1986, 892 und FamRZ 2003, 664).

Daran ändert auch ein etwaiges treuwidriges Herbeiführen des Erlöschens eines Anrechts durch den Anspruchsberechtigten nichts. Dieser Umstand kann es allerdings rechtfertigen, in Anwendung des § 27 VersAusglG in Höhe des Kapitalwertes des dem Versorgungsausgleich entzogenen Anrechts vom Ausgleich der auf Seiten des anderen Ehegatten vorhandenen Anrechte abzusehen.

Nach der vorgenannten Vorschrift findet ein Versorgungsausgleich, auch beschränkt auf ein einzelnes Anrecht, ausnahmsweise nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des zum Ausgleich Verpflichteten grob unbillig wäre. Dies ist dann anzunehmen, wenn die rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs dem Grundgedanken des Rechtsinstituts, nämlich eine dauerhafte gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit insgesamt erworbenen Anrechten zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen würde (vgl. BGH FamRZ 2007, 996 und 1966 - zu § 1587c BGB a.F.). Erfasst werden insbesondere versorgungs- und familienfeindliche Verhaltensweisen auf Seiten eines Ehegatten, wie etwa die Kündigung privater Vorsorgeverträge in der Absicht, sie dem Ausgleich zu entziehen (vgl. OLG Brandenburg NJW 2011, 539 m. N.; Johannsen/Hahne, Familienrecht, 5. Aufl., Rz. 12 zu § 2 VersAusglG; BT-Drucks. 16/10144, 69).

Eine derartige grobe Unbilligkeit ist im vorliegenden Fall zu bejahen. Die Antragsgegnerin hat ihren Rentenversicherungsvertrag nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung gekündigt. Billigenswerte Gründe hierfür hat sie nicht angegeben. Die Absicht, ihre private Vorsorge dem Versorgungsausgleich zu entziehen, ist offenkundig; ein anderes nachvollziehbares Motiv ist nach Sachlage jedenfalls nicht ersichtlich.

Diese Umstände hat der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen. Er trägt ihnen dadurch Rechn...

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