Leitsatz (amtlich)
Das Kindergeld stellt Einkommen des Kindergeldbeziehers i.S.d. § 115 Abs. 1 S. 2 ZPO dar.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Weiden i.d. OPf. (Beschluss vom 12.04.1999; Aktenzeichen 2 F 387/98) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Weiden i.d.OPf. wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Weiden i.d.OPf. vom 12. April 1999 (2 F 387/98) abgeändert.
II. Die Antragsgegnerin hat auf die Kosten der Prozeßführung monatliche Raten in Höhe von 30,– DM zu zahlen, erstmals nach Aufforderung durch die Landesjustizkasse Bamberg.
Tatbestand
I.
Der Antragsgegnerin wurde im Scheidungsverfahren (2 F 387/98) mit Beschluß des Amtsgerichts Weiden i.d.OPf. vom 21.7.1998 Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Laut ihrer Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vom 9.7.1998 bezog sie damals ein monatliches Einkommen in Höhe von 610,– DM und Unterhaltsleistungen in Höhe von 261,– DM monatlich. Nach Abschluß des Scheidungsverfahrens forderte sie der Rechtspfleger des Amtsgerichts Weiden i.d.OPf. auf, mitzuteilen, ob eine wesentliche Änderung der der Prozeßkostenhilfebewilligung zugrundeliegenden Verhältnisse eingetreten ist. Die Antragsgegnerin legte daraufhin erneuteine Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vor. Danach bezieht sie nun ein monatliches Nettoeinkommen von 1.650,– DM und Unterhalt in Höhe von 500,– DM monatlich. Mit Beschluß vom 12.4.1999 hat das Amtsgericht Weiden i.d.OPf. die Anordnung von Ratenzahlungen auf die Prozeßkostenhilfe abgelehnt. Gegen diese Entscheidung des Rechtspflegers richtet sich die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Weiden i.d.OPf. Er ist der Auffassung, daß das von der Antragsgegnerin bezogene Kindergeld ihrem Einkommen hinzuzurechnen sei, so daß sich eine Ratenzahlungspflicht gemäß § 115 ZPO ergebe.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig, da die Durchgriffserinnerung nach Änderung des Rechtspflegergesetzes vom 6.8.1998 nicht mehr stattfindet.
Die Beschwerde ist auch begründet, denn die für die Prozeßkostenhilfebewilligung maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsgegnerin haben sich wesentlich geändert, so daß nunmehr Ratenzahlung in Höhe von 30,– DM monatlich anzuordnen ist. In den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Antragsgegnerin ist nämlich eine prägende und dauernde Verbesserung eingetreten. Sie steht nun in einem Versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis, während sie zur Zeit der Prozeßkostenhilfebewilligung auf 610,– DM-Basis tätig war. Dies rechtfertigt gemäß § 120 Abs. 4 ZPO eine Änderung der Prozeßkostenhilfeentscheidung.
Die Pflicht der Antragsgegnerin zur Ratenzahlung hängt davon ab, ob das von ihr bezogene Kindergeld ihr als Einkommen zuzurechnen ist. Diese Frage ist mit der herrschenden Meinung zu bejahen (Zöller/Philippi, Rd. Nr. 19; Thomas-Putzo Rd. Nr. 2 jeweils zu § 115 ZPO; OLG Hamm, FamRZ 91, 1209; OLG München, FamRZ 95, 942 und FamRZ 99, 598; OLG Naumburg, FamRZ 98, 488). Diese Auffassung wird auch vom Oberlandesgericht Nürnberg vertreten (7 WF 2508/98). Durch das am 1.1.1995 in Kraft getretene Prozeßkostenhilfeänderungsgesetzt wurde die Prozeßkostenhilfe an die sozialhilferechtlichen Vorschriften angepaßt. Dementsprechend stimmte die Definition des Einkommens in § 115 Abs. 1 S. 2 ZPO wörtlich mit der in § 76 Abs. 1 BSHG überein. Unter den Einkommensbegriff gemäß § 76 Abs. 1 BSHG ist unstreitig das Kindergeld zu subsumieren (Knopp/Fichtner, BSHG 7. Auflage 1992, Rd. Nr. 1 zu § 76 BSHG und Rd. Nr. 5 zu § 77 BSHG). Daher muß auch im Rahmen des § 115 ZPO das Kindergeld demjenigen als Einkommen zugerechnet werden, dem er zufließt. Andererseits wird der Bedarf eines Kindes berücksichtigt durch Abzug der in § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO genannten Beträge vom Einkommen der Partei.
Es ergibt sich daher folgende Berechnung:
Nettoeinkommen der Antragsgegnerin |
1.650,60 DM |
anteiliges Weihnachtgeld (netto) |
35,35 DM |
Kindergeld |
250,– DM |
Wohngeld |
36,– DM |
Ehegattenunterhalt |
500,– DM |
Kindesunterhalt |
250,– DM |
Gesamteinkommen der Antragsgegnerin |
2.721,95 DM |
Hiervon sind abzusetzen:
Freibetrag Antragsgegnerin |
663,– DM |
Freibetrag Kind |
466,– DM |
Miete |
930,– DM |
Fahrtkosten |
192,– DM |
Abzugsbetrag für Erwerbstätige (§ 115 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) |
278,– DM |
Kreditraten |
100,– DM |
Lebensversicherungsprämien |
50,– DM |
Summe der Abzüge |
2.679,– DM |
Es verbleiben 42,95 DM, abgerundet gemäß § 115 Abs. 1 S. 4 ZPO 42,– DM. Dies führt gemäß Tabelle zu § 115 ZPO zu monatlichen Raten in Höhe von 30,– DM, die längstens für 48 Monate aufzubringen sind.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1351475 |
FamRZ 2000, 102 |
FuR 2000, 388 |
OLGR-MBN 1999, 285 |