Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe – Hausbaudarlehen. Familiensache. Ehescheidung. Prozeßkostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Hausbaudarlehen aus der Zeit vor der Trennung der Eheleute können einkommensmindernd geltend gemacht werden, wenn die Höhe der Rückführung in angemessenem Verhältnis zum Einkommen steht. Hierbei ist eine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Situtation der Familie vorzunehmen und ggf. in einer Alternativberechnung festzustellen, welche Aufwendungen die Partei ohne Rückführung des Hausdarlehens im Rahmen der Prüfung Ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse geltend machen könnte.
Normenkette
ZPO §§ 114-115
Verfahrensgang
AG Sinsheim (Urteil vom 30.09.1999; Aktenzeichen 20 F 334/99) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – … vom 30.9.1999 (20 F 334/99) wie folgt abgeändert:
Der Antragsgegner hat monatliche Raten in Höhe von 60,– DM auf die Prozeßkostenhilfe zu zahlen.
Gründe
I.
Dem Antragsgegner wurde im Scheidungsverfahren durch Beschluß des Amtsgerichts vom 30.9.1999 Prozeßkostenhilfe bewilligt. Gleichzeitig wurden ihm monatliche Ratenzahlungen auf die Prozeßkostenhilfe in Höhe von 350,– DM auferlegt. Dies wurde vom Amtsgericht im wesentlichen damit begründet, daß die vom Antragsgegner allein getragenen Zins- und Tilgungslasten für das von der Antragstellerin und den Kindern bewohnte ehegemeinschaftliche Haus, welches ohnehin nach der Trennung nicht gehalten werden könne, als Vermögensbildung nicht berücksichtigt werden könnten. Dafür seien andererseits auch das Kindergeld und Urlaubs- sowie Weihnachtsgeld beim Einkommen nicht angerechnet worden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners vom 13.10.1999, mit welcher er die Aufhebung der Verpflichtung zur Ratenzahlung erstrebt. Eine Teilungsversteigerung sei jedenfalls während der Dauer des Getrenntlebens nicht zumutbar, zumindest der Zinsanteil der Rückzahlungen für das Haus müsse berücksichtigt werden.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde durch begründeten Beschluß vom 9.12.1999 nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig und zum Teil begründet. Nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen war ihm Prozeßkostenhilfe mit einer monatlichen Ratenzahlung von 60,– DM zu bewilligen.
Das Einkommen des Antragsgegners ergibt sich aus der vorgelegten Verdienstbescheinigung mit rund 3.783,– DM. Hinzu kommt ein anteiliges Urlaubs- und Weihnachtsgeld mit brutto 5.975,– DM (5.075,– DM zzgl. 900,– DM). Dies ergibt netto einen geschätzten zusätzlichen Betrag von mind. 250,– DM monatlich. Der Antragsgegner bezieht ferner das staatliche Kindergeld in Höhe von 800,– DM. Dieses kann jedoch nur zur Hälfte angerechnet werden, da der Antragsgegner im Rahmen der Kindesunterhaltszahlungen zur Herausgabe der Hälfte an die Antragstellerin verpflichtet ist. Das Einkommen beläuft sich somit insgesamt auf 4.433,– DM (3.783,– DM zzgl. 250,– DM zzgl. 400,– DM).
Hiervon ist die angegebene Miete nebst Nebenkosten in Höhe von mind. 780,– DM abzuziehen, ferner der Erwerbstätigenfreibetrag von 274,– DM (vgl. 5. Senat des OLG Karlsruhe, Beschluß vom 31.8.1999, 5 WF 60/99) sowie der Parteifreibetrag in Höhe von 672,– DM (vgl. Bekanntmachung zu § 115 ZPO vom 6.6.1999, BGBl. 1999 Teil 1, S. 1268). Abzusetzen ist weiter der unstreitig gezahlte Unterhalt in Höhe von 975,82 DM. Höhere Unterhaltszahlungen sind nicht vorgetragen. Dies ergibt ein einzusetzendes Einkommen von 1.731,18 DM.
Der Antragsgegner kann auch die Hausbaudarlehen einkommensmindernd geltend machen, wobei die Frage, ob die Höhe der monatlichen Rückführung im angemessenen Verhältnis zum Einkommen steht, nicht durch eine bloße Gegenüberstellung der monatlichen Zins- und Tilgungsleistung zum Einkommen zu lösen ist, sondern eine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Situation der bisherigen Familie vorzunehmen ist (vgl. Senat in FamRZ 1998, 488 f.). War die Handlungsweise vor der Trennung sinnvoll, kann nicht allein mit dem Argument, die Darlehensrückführung übersteige die nunmehr vorhandenen Eigenmittel und sei daher wirtschaftlich unvernünftig, diese nach der Trennung bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Prozeßkostenhilfebewilligung nicht mehr berücksichtigt werden. Vielmehr ist dann eine Alternativberechnung vorzunehmen und festzustellen, welche Aufwendungen der Antragsgegner ohne Rückführung des Hausdarlehens geltend machen könnte. Zumindest in diesem Umfang ist Prozeßkostenhilfe (ggf. ohne oder mit geringen Raten) zu bewilligen.
Hier ist zum einen eine Verwertung des Anwesens bereits zu Beginn des Scheidungsverfahrens nicht zumutbar, zum anderen ist in der Zahlung der Verbindlichkeiten für das Haus, das die Ehefrau und die drei Kinder bewohnen, auch eine Art Unterhaltsleistung zu sehen, nachdem hiermit der Wohnbedarf der Restfamilie gedeckt wird. Zudem ist nicht ersichtlich, daß die Aufwendungen unverhältnismäßig sind. Beim Entfallen der Hausverbindlichkeiten müßte der Antra...